17.550 Minuten Spitzensport und nahezu niemand schaut zu

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Schlusspfiff in Österreich. Die erste Saison der Österreichischen Bundesliga ohne ein einziges Live-Spiel im ORF ist Geschichte. Die Verteilung der TV-Rechte mag fragwürdig erscheinen und noch lange sind nicht alle hitzigen Gemüter besänftigt.

Vorbericht – der Status quo

Der Anpfiff zum Saisonauftakt 2018/19 der österreichischen Bundesliga erfolgte beim Aufsteiger FC Wacker Innsbruck gegen die Wiener Austria in einem relativ gut besuchten Tivoli. Ein Kracher der kommerzialisierten Traditionsklubs. Ein 2:1-Sieg der Wiener in Tirol. Alles beim Alten, oder?

Falsch gedacht, denn die österreichische Bundesliga lies mit einer weiteren großen Veränderung neben der Aufstockung der Liga auf zwölf Teams aufhorchen. Nein, es wurden weder die Tore vergrößert noch das Spielfeld verändert und auch der Videobeweis lässt noch auf sich warten. Auf Wiedersehen ORF heißt es ab heuer. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bekommt von der Bundesliga die rote Lizenz-Karte.

Bis zum Ende der Saison 2021/22 bleibt der ORF von sämtlichen Live-Spielen der Bundesliga ausgeschlossen. Die alten und neuen Player im österreichischen Fußball sind Sky und deren Partner im Free-TV A1-TV. Dabei handelt es sich schon um eine länger andauernde Beziehung, die dank einer weiteren Kooperation gestärkt werden soll. 34 Millionen Euro pro Saison bezahlt Sky für das gesamte Paket der Österreichischen Bundesliga, das umfasst summa summarum 195 Spiele bestehend aus dem Grunddurchgang und  Pay-off Spielen. Geplant ist das Auftaktspiel, ein Wiener Derby und die Play-off Finalspiele an einen Free-TV Partner nach Zustimmung der Bundesliga zu vergeben. Der normale Ablauf sieht vor bis zur ersten Länderspielpause sowohl samstags als auch sonntags drei Livespiele um 17:00 zu zeigen. Nach der ersten Pause im September durch das Nationalteam werden sonntags zwei Spiele um 14:30 starten und eines um 17:00.

Große finanzielle Pluspunkte soll das für die Klubs bringen. Doch wer denkt hier an den Fan? Hat sich die Bundesliga ein Eigentor geschossen? Tatsache ist, dass das besagte Eröffnungsspiel auf Sky gerade einmal 30.000 Zuseherinnen und Zuseher hatte. Auf einer Quotentabelle würde damit wohl um den Abstieg gespielt werden.

Ganz anders hat die Sache noch beispielsweise in den Spielzeiten davor ausgesehen, als der ORF noch seine Füße im Spiel hatte. Das Auftaktspiel Wolfsberger AC gegen die Wiener Austria verzeichnete runde acht Mal so viele Zuseherinnen und Zuseher. Spitzenspiele, wie das traditionelle Wiener Derby erbrachte sogar eine fast 14 mal so hohe Quote im öffentlich-rechtlichen Rundfunkt. Es war also doch bis vor kurzem der Sport für alle, bis zu dem Zeitpunkt als Sky für besagte 34 Millionen Euro pro Saison die österreichische Bundesliga gefühlsmäßig am letzten Transfertag verpflichtete.

Halbzeit 1 – Reich oder Erfolgreich

Bundesliga Präsident Hans Rinner spricht von einer „deutlichen Erlössteigerung“ und einer. Natürlich erreicht Österreich nie und nimmer die Deutsche Bundesliga oder die englische Premier League mit diesen TV-Deals. Da bewegen wir uns zweifelsfrei in anderen Sphären. Dennoch gilt es ein Standpunkt in den nächsten Jahren genauestens zu verfolgen. Wie schneiden österreichische Teams international ab? Wenn man die Augen auf unsere Nachbarländer Schweiz, Ungarn oder Slowakei richtet gilt es nämlich eines positiv herauszustreichen. In der UEFA Fünfjahreswertung, die die Leistungen der einzelnen Klubs auf internationaler Ebene in einem Ranking darstellt, liegen selbstverständlich die Länder mit riesigen TV-Deals ganz weit vorne, doch Österreich sticht die Schweizer, Ungarischen und Slowakischen Teams aus. Denn besonders in der Schweiz sind aufgrund neuer TV-Verträge zwischen der Schweizer Super League und den Klubs ähnliche Summen wie in Österreich im Spiel. 40 Millionen Franken (36,838 Mio Euro) stehen den Klubs dank des neuen Abkommens zwischen Teleclub/Cinetrade und der Liga seit 2017 zu Verfügung.

Neue TV-Deals der Bundesliga können jedoch vor allem für den internationalen Erfolg der österreichischen Teams von großer Bedeutung sein. Selbstverständlich gilt es für eine positive Entwicklung des österreichischen Fußballs die Platzierung in der Fünfjahreswertung zu halten oder im Idealfall zu verbessern. Dafür benötigt es neben akribischer Arbeit in den Vereinen auch das nötige Geld, um infrastrukturelle Anpassungen zu treffen und langfristigen Erfolg zu schaffen. Geld, das dank Quoten die Zuseherinnen und Zuseher beispielsweise mit ihren Abonnements bei Sky einbringen, um die heimische Bundesliga sehen zu können, kann einen kleinen, aber feinen Teil zur Entwicklung der Liga beisteuern. Als Folge darf der Fußballfan vielleicht den einen oder anderen Teilerfolg seines Teams in Zukunft sogar in der Königsklasse feiern.

 

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Geträumt wird in Österreich oftmals noch von den erfolgreichen internationalen 70er und 80er Jahren, in denen der heimische Fußball am internationalen Bankett stark vertreten war. Europapokalfinale 1978 mit der Wiener Austria. Siege in den Folgejahren gegen den FC Barcelona, Tottenham Hotspur oder Spartak Moskau bleiben wohl genauso in Erinnerung wie Rapids Finalteilnahme 1985 und viele weitere gute Platzierungen der Wiener Klubs, der Admira oder dem FC Tirol.

Argumentieren lässt sich natürlich in beide Richtungen, denn Fußball war immer schon ein Breitensport und sollte es auch bleiben. Trotz all dem wird es für österreichische Klubs immer schwerer bei großen internationalen Turnieren eine größere Rolle als ein Einwechselspieler zu sein, sofern die Sparte der Einnahmen für Klubs durch TV-Gelder zu Team aus Deutschland, Spanien, England oder Italien immer größer wird. Wer jetzt also auf die Barrikaden geht, sollte vielleicht eines im Hinterkopf behalten: wie wichtig ist mir auch der internationale Erfolg meines Klubs und die internationale Reputation? Bin ich nur geizig oder ist Fußball im TV wirklich nicht mehr leistbar für mich?

Halbzeit 2 – Die Deutsche Bundesliga und die Premier League als Exempel

Wer in Österreich klagt, sollte seinen Blick nach Deutschland richten, denn auch hier sind in den letzten Jahren große Diskussionen, um die Vergabe der Bundesliga Rechte entstanden. Diskussionen, die vor allem mit Kosten für den einzelnen Fan verbunden sind. Neben dem omnipräsenten Sky besitzen auch DAZN und die öffentlich-rechtlichen Sender Bundesliga-Lizenzen. Besonders DAZN hat sich für die laufende Saison 2019/20 der Deutschen Bundesliga verstärkt und sämtlich Lizenzen, die Eurosport im Vorjahr besaß erworben. Für den Fan nicht unbedingt billig, wenn der Wunsch nach allen Spielen vorhanden ist. Ein Sky Bundesliga Abonnement ohne HD und ohne Sky Sport, ein DAZN Abonnement, und selbstverständlich der Rundfunkbeitrag für ARD und ZDF Stand September 2019, kosten einem Fußballfan im Jahr rund 810 EUR vorausgesetzt er oder sie möchte jedes Spiel der Deutschen Bundesliga live sehen.

Als Folge kann man jedoch gerade in unserem Nachbarland einen infrastrukturellen Boom der letzten Jahre feststellen. Stadien und Nachwuchszentren gibt es bis in die 3.Liga gefüllt mit Fans und erschwinglichen Ticketpreisen. International gibt es neben dem großen FC Bayern München auch viele weitere Klubs wie Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund oder RB Leipzig. Das Highlight für Fußball-Deutschland war ohne Zweifel das Champions League Finale Bayern gegen Dortmund im Jahr 2013. Eine Überraschung? Nein, gute Arbeit im gesamten DFB und auch in der DFL, natürlich ebenso Konzepte in den Klubs und tausende Fans, die die Euphorie in guten, aber auch schlechten Zeiten aufrechterhalten und ganz besonders lukrative TV-Deals mit Interessenten auf nationaler und internationale Ebene.

 

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Überstrahlt wurde das rein deutsche Finale wohl gerade heuer vom Mutterland des Fußballs. Liverpool gegen Tottenham und Arsenal gegen Chelsea, lauteten die Spiele im diesjährigen Finale der UEFA Champions League beziehungsweise der UEFA Europa League. Für den österreichischen Fußball wohl Stand heute unmöglich, geträumt darf natürlich immer werden, doch bei 2,1 Milliarden Euro an TV-Geldern im Jahr 2015 schüttet die Premier League damals schon mehr Geld an einen Absteiger aus, als der FC Bayern als Spitzenverdiener in Deutschland kassiert. Somit war es wohl nur mehr eine Frage der Zeit bis sich England den Status als Fußball-Land Nummer eins von Deutschland und Spanien zurückholt. Macht und Stärke für diese Klubs resultieren auf der Insel also nur zum Teil dank Trainerkoryphäen wie Pep Guardiola oder Jürgen Klopp. Viel mehr darf man sich bei der Performance Group, einem Medienunternehmen das Sportinhalte via Streaming an das Publikum distribuiert und am Sport-TV Markt besser bekannt unter dem Namen DAZN ist, bedanken. Denn durch den Einstieg hat Sky UK einen neuen Konkurrenten am britischen TV-Markt bekommen. Das Wettbieten um die Premier League ist also gerade voll im Gange und auch hier steht Free-TV klar im Abseits.

Über den Autor

Fabian Lenz schloss ein Gymnasium in Niederösterreich ab und studiert Medienmanagement an der Fachhochschule Sankt Pölten. Neben seinem Studium begeistert er sich von klein auf besonders für den Fußball und seine Facetten. Er arbeitet nebenbei als Spieler, Trainer und Videoanalyst für einen österreichischen Regionalligaklub. Er ist unter mm171039@fhstp.ac.atkontaktierbar.