Gedruckt, geladen und entsichert

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Das Potential des 3D-Drucks ist enorm. SUMO sprach mit Daniel Handle-Pfeiffer, dem Geschäftsführer der Österreichischen Gesellschaft für 3DDruck (OEG3D), über die Bedrohungslage, sowie mit Robert Gartner, Spezialist auf dem Gebiet der Waffenrechtskunde aus dem Innenministerium.  

Der 3D-Druck ist ein Verfahren, dessen Prinzip schon vor tausenden Jahren von den Ägyptern angewandt wurde. Die Pyramiden wurden vom Fundament bis zur Spitze gebaut, Stein für Stein, und genau nach diesem Prinzip funktionieren moderne 3D-Druckgeräte. Ein Objekt wird durch ein Programm in Layer aufgeteilt, diese Layer stehen für eine Schicht Kunststoff und der Drucker setzt eine Schicht nach der anderen aufeinander, bis das Objekt fertig ist. Abhängig von Größe und Qualität dauert dies mehrere Stunden. Die Technologie wird kontinuierlich verbessert, damit komplexere Formen erzeugt werden können und 3D-Druck auch im Privathaushalt möglich bis normal wird. Eine Studie von der Firma statista zeigt das Interesse innerhalb Deutschlands: Im Jahr 2016 sagten 1.000 Befragte aus, dass 3% selbst einen Drucker besitzen und 17% schon einmal etwas gedruckt haben, aber 61% würden diese Technologie gerne nutzen. Vor allem Ersatzteile, Spielfiguren und individuelle Objekte werden bevorzugt von Privatpersonen gedruckt.

 

Codie Wilson – der Mann, der eine neue Waffenära eingeleitet hat  

Bereits 2013 trat der damals 25-jährige Texaner mit seinem ersten Bauplan für eine funktionierende Schusswaffe, dem „Liberator“, in den USA an die Öffentlichkeit. Gleichzeitig gründete er seine Organisation „Defense Distributed“, die sich das Ziel gesetzt hat, allen Menschen mit 3D-Drucker oder CNC-Fräse die Herstellung von Waffen zu ermöglichen. Die damalige Regierung von Barack Obama hat die Veröffentlichung verboten, da sie die Innovation als illegalen Export von Waffen einstufte. Jeder Mensch hätte die Möglichkeit, eine lebensbedrohliche Waffe ohne Seriennummer herzustellen, die durch einen Metalldetektor nur schwerlich entdeckt werden könnte. Diese werden auch Geisterwaffen genannt, da sie sehr viele Eigenschaften besitzen, welche heutige Sicherheitssysteme umgehen können. Mithilfe der Waffenlobby hatte Wilson mehrere Male geklagt, jedoch jedes Mal verloren, da es viel zu gefährlich für die Allgemeinheit wäre. Eine Wendung kam in den Prozess, als Donald Trump Präsident wurde und Wilson ein außergerichtlicher Vergleich zugesprochen wurde. Abgesehen von 40.000,- US-Dollar als Entschädigung, erhielt er die Erlaubnis, seine Pläne zu veröffentlichen und somit den (buchstäblichen) Startschuss für eine neue Waffenära. Die Bundesstaaten jedoch nahmen dies nicht einfach so hin und klagen Codie Wilson genauso wie Trumps Politik, welche dies ermöglicht hat. Bis heute wurde kein Verbot gegen die Pläne erwirkt, die Community der 3D-Druck-Waffen nimmt stetig zu, genauso wie die unterschiedlichen Pläne.  

 

Wie gefährlich ist die selbstgedruckte Waffe?  

Heutzutage gibt es schon mehr als hundert verschiedene Waffenpläne zum Ausdrucken: für kleine Handfeuerwaffen wie einem Revolver, aber auch große Vollautomatische wie eine AR-15. Die meisten benötigen Metallteile, um reibungslos zu funktionieren und mehrere Schüsse abgeben zu können, ohne auseinander zu brechen. Sie sind aufwendig in der Herstellung, aber von diesen Waffen geht weniger Gefahr aus als von jenen, die fast ausschließlich aus Kunststoff bestehen. Die erste Waffe, die von Wilson veröffentlicht wurde und als Musterbeispiel dient, ist der „Liberator“. Das Gehäuse lässt sich in wenigen Stunden drucken, die Teile sind nicht komplex und als einzige Ergänzung benötigt man einen Nagel. In Online-Berichten lässt sich nachlesen, wie einfach die Produktion ist, unzählige Videos verifizieren, dass sie tatsächlich funktioniert. Obwohl die Waffe immer nur mit einer Schnur aus sicherer Distanz abgefeuert wird, da jeder Schuss zum Zerbersten der Waffe führen kann, sind die Schüsse tödlich.  

Die Fakten klingen bedrohlich, 3D Druck Experte Daniel Handle-Pfeiffer entschärft diese im SUMO-Interview – angefangen bei den verwendeten Materialien. Im Hobbybereich sei vor allem Polylactide(PLA) verbreitet, da es sehr einfach zu drucken sei und für herkömmliche Objekte ausreiche. Aus diesem Material sei es unmöglich, einen Schuss abzugeben, da es sich schon ab 60°C zu verformen beginne. Laut Handle-Pfeiffer würde die Waffe niemand verletzten – außer den Schützen bzw. die Schützin selbst. Ein anderes verbreitetes Material im 3D-Druck ist ABS, das derselbe Kunststoff ist, aus dem auch Legosteine produziert werden. Er sei robuster und hitzebeständiger, jedoch auch schwieriger zu handhaben und deswegen nicht einfach für AnfängerInnen. Nicht nur Erfahrung im 3D-Druck ist Voraussetzung, sondern auch ein Drucker, der sich auf ähnliche Kosten beläuft  wie eine Glock-Pistole.  

Der Experte resümiert, dass der Druck einer schussfähigen Waffe möglich sei, jedoch benötige man Wissen, Geduld und Geld. Es wäre wahrscheinlich einfacher und billiger, eine illegale Schusswaffe auf den Schwarzmarkt zu besorgen, besonders in den USA. Er selbst und seine KollegInnen haben noch nie und werden nie eine Waffe 3D drucken, da dies den EthikGuidelines der OEG3D widerspricht. Ziel der Organisation ist es, Menschen zu zeigen, welche positiven Effekte der 3D-Druck für Menschen schafft 

 

Das Internet vergisst nicht 

Die Pläne des „Liberator“ waren nur wenige Tage online und wurden hundertfach heruntergeladen. Dass sie der Erzeuger zu Beginn wieder entfernen musste, macht kaum Unterschied, da diese trotzdem im Netz existieren und geteilt werden können. Durch die Legalisierung in den USA lässt sich nun auch auf legalen Wegen viel Informationsmaterial über verschiedene Waffen zu finden, genauso aber auch auf illegalen, auf welchen man die Druckpläne finden kann. Etwa über Videos, die erschreckend genaue Beschreibungen von Einzelteilen bzw. Anleitungen zum Druck und Benutzung der Waffe liefern. Weiters gibt es im Internet unzählige Foren, in denen über dieses Thema geschrieben, diskutiert und Links zu dubiosen Websites geteilt werden, wo die Pläne zum Downloaden sind. In den meisten Fällen sind es Virusfallen, aber nicht immer. Nach verblüffend kurzer Zeit fand der Autor einige Dateien, die angeblich alle Einzelteile eines „Liberator“ enthalten. Da ein Selbstversuch illegal ist, lässt es sich nicht mit Sicherheit konstatieren, ob es sich um Fake handelt oder nicht. Jedoch gibt es als Alternative das Dark Net, in dem man alles findet, was das Verbrecherherz begehrt. Mithilfe einer Online-Anleitung ist der Weg in die dunkle Ecke des Internet schnell hinter sich gebracht und spätestens dort lassen sich massenhaft Anleitungen und Baupläne finden und erwerben. Somit ist jeder Mensch mit Zugang zum Internet, einem internetfähigen Gerät und ein bisschen Recherche fähig, die Pläne für die schussfähige Waffe runterzuladen. Aber halt: neben moralisch-ethischer Verwerflichkeit reden wir hier von Illegalität. 

 

Gesetzliche Lage  

Robert Gartner erklärt, dass im österreichischen Waffengesetz die selbstgedruckte Waffe, an sich, nicht explizit geregelt ist. Jedoch fällt diese unter das Waffengesetz 1996, wie normale Schusswaffen, in dem Vorrausetzungen für den legalen Besitz niedergeschrieben sind.
Waffen werden nach Kategorien von A bis D eingestuft, abhängig von verschiedenen Faktoren wie, ob sie nach jedem Schuss nachgeladen werden müssen, ob sie einen glatten oder gezogenen Lauf besitzen und einige Weitere. Falls die selbstgedruckte Waffe in die Kategorie A oder B eingestuft wird, benötigt man eine Waffenbesitzkarte oder einen Waffenpass. Falls es sich um Kriegsmaterial handelt, muss eine Bewilligung gemäß § 18 des Waffengesetzes vorhanden sein. Wenn diese Vorrausetzungen nicht erfüllt werden, ist der Besitz der Waffe illegal und gerichtlich strafbar.
Falls die Waffe in die Kategorien C oder D fällt, dann gelten andere Bestimmungen. Man muss 18 Jahre alt sein, darf kein Waffenverbot auferlegt haben und die Waffe muss im Zentralen Waffenregister registriert werden. Bei Verstoßen gegen diese Vorrausetzungen handelt es sich um eine Verwaltungsübertretung,  

Zusammengefasst, gelten für selbstgedruckte Waffen genau dieselben Gesetze wie für übliche Schusswaffen, da das Waffengesetz so formuliert ist, dass es auch diese neue Art der Waffe abdeckt 

 

Von Thomas Picher