Let’s Plays – Ein Fluch und Segen für Videospiele-EntwicklerInnen

Copyright: Melanie Spreitzer

Let’s Plays sind auf Videoplattformen wie YouTube und Twitch beliebt. Für Spiele-EntwicklerInnen stellt sich die Frage: Sind Let’s Plays eine willkommene, kostenfreie Marketingmaßnahme oder halten sie SpielerInnen davon ab, sich die Spiele selbst zu kaufen?

PewDiePie  ist mit 96 Millionen Abonnenten einer der größten YouTube Kanäle. Bekannt wurde er mit Let’s Plays von dem Horrorspiel Amnesia: The Dark Descent. Mit PewDiePies wachsender AbonnentInnenanzahl, stiegen auch die Verkaufszahlen von Amnesia. Etwa 1 Millionen Kopien des Spiels wurden innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Veröffentlichung verkauft. Damit nahm Amnesia schon damals mehr als das zehnfache der Produktionskosten ein. Ein Sprecher des Entwicklerstudios Frictional Games erklärte, dass unter anderem YouTube-Videos für ihren Erfolg essenziell waren. Dabei war PewDiePie nur der Anfang. Der Let’s Play Trend wuchs auf YouTube schnell, inzwischen gibt es tausende Let’s Player und viele davon sind auch erfolgreich.

Gratis Marketing?

Der Erfolg von Amnesia durch Let’s Plays ist kein Einzelfall. Gerade Indie-Spiele können durch Präsenz auf Videoplattformen wie YouTube oder Twitch schnell eine treue Fangemeinde aufbauen, und dabei an Marketingkosten sparen. Die ZuschauerInnen profitieren von dem unverfälschten Einblick ins Spiel und können es sich bei Interesse selbst kaufen. Im Idealfall entdeckt ein berühmter Let’s Player das Spiel selbst und empfiehlt es seinem Publikum. Mittlerweile ist es zudem üblich, dass SpieleentwicklerInnen InfluencerInnen Gratisversionen von ihrem Spiel schicken oder sie für Play-Videos bezahlen. Oft gehört es hier zu den Konditionen, dass das Spiel im Video gelobt wird oder es zumindest nicht kritisiert wird. Das kann jedoch sowohl dem Let’s Player als auch den EntwicklerInnen zum Nachteil gelangen. Wenn die ZuschauerInnen nicht darüber aufgeklärt werden, dass der Let’s Player für das Video bezahlt wurde, sie es aber im Nachhinein herausfinden, können sie sich betrogen fühlen. Das war unter anderem der Fall, als Warner Brothers YouTuber für positive Videos zu ihrem Spiel Middle-Earth: Shadow of Mordor bezahlte. Beliebte YouTuber wie PewDiePie gerieten in Kritik, weil sie die Partnerschaft mit Warner Brothers nicht bekannt gaben oder eine Erklärung lediglich in der Videobeschreibung stand. Wird das Publikum über die Bezahlung des Videos informiert, können die ZuschauerInnen zwischen tatsächlichem Lob und gefälschten Aussagen nicht mehr unterscheiden. In beiden Fällen verliert das Video die Funktion dem Publikum einen Einblick in das Spiel zu ermöglichen.

ZuschauerInnen statt SpielerInnen

Story-Spiele, wie Detroid: Become Human oder Life is Strange,  bieten keine weiteren spielerischen Inhalte außer einer mitreißenden Geschichte. Bei diesem Spielgenre führen Let’s Plays oft zu Bedenken. Hier ist es fraglich ob die Videos zu einer Förderung des Verkaufs führen, oder ob sie den Verkaufszahlen nicht eher schaden. Wenn die Geschichte kostenfrei bei einem Let’s Play gesehen werden kann, besteht für viele SpielerInnen kein Grund das Spiel selbst zu kaufen.  Until Dawn oder Heavy Rain zählen zu einer Art von Story-Spiel, in welcher die SpielerInnen Entscheidungen treffen, die die Handlung beeinflussen. Hier besteht die Möglichkeit eine andere Geschichte als im Video zu erleben. Anders ist das bei so genannten Walking Simulatoren. Hier wird eine lineare Geschichte erzählt und die SpielerInnen müssen nichts weiter tun als sich durch die Spielwelt zu bewegen. That Dragon, Cancer ist so ein Walking Simulator und erzählt die traurige, wahre Geschichte über den Entwickler und seinen krebskranken Sohn. Das Spiel war unter Let’s Playern beliebt, Geld verdiente der Entwickler allerdings kaum. Es war für das Publikum schlicht kostengünstiger, das Spiel auf YouTube zu sehen. Let’s Plays könnten gegenüber dem eigenen Spielen für manche ZuschauerInnen sogar einen gewissen Mehrwert bieten. Schließlich kommentieren die Let’s Player ihre Videos auf unterhaltsame Weise und emotionale Ereignisse können in der parasozialen Beziehung gemeinsam erlebt werden.
Es stellt sich auch die Frage, welche Rolle Let’s Plays in der Schließung des bekannten Entwicklerstudios Telltale Games spielten. Das Unternehmen produzierte Story-Spiele, in denen geringfügige Entscheidungen getroffen werden konnten, die sich allerdings nicht auf die Geschichte auswirken und nur minimale Änderungen in Dialogen bewirkten. Telltale erlangte viel Aufmerksamkeit durch ihr Spiel Telltale‘s The Walking Dead,das von vielen Let`s Playern, unter anderem PewDiePie, gespielt wurde. Die darauffolgenden Spiele des Unternehmens boten neue Geschichten aber keine spielerischen Änderungen und waren ebenfalls auf YouTube weit verbreitet. Wenn man sich auf den Videoplattformen umsah, hätte man davon ausgehen können das Telltale ein erfolgreiches Unternehmen ist. Deswegen war es für viele überraschend als das Unternehmen Ende 2018 seine Insolvenz bekanntgab.

Copyright Strikes sind nicht die Antwort

Es gab bereits Versuche von SpieleentwicklerInnen ihre Spiele von Videoplattformen fernzuhalten. Das Unternehmen Atlus erregte 2017 viel Aufmerksamkeit in der Let’s Play Szene, weil sie für Aufnahmen von ihrem Spiel Persona 5  strenge Regeln aufstellten.  Damit sollten SpielerInnen vor Spoilern geschützt werden, das Finale des Spiels sollte zum Beispiel nicht gezeigt werden. Bei Regelverstößen drohte das Unternehmen mit Urheberrechtsverwahrungen, mit welchen Videos oder gar der ganze Account gesperrt werden Damit sorgte Atlus für Unbehagen unter SpielerInnen und es erweckte den Eindruck, dass sie enttäuschende Spielinhalte verbergen wollten.

Let’s Plays können Spielen die notwendige Aufmerksamkeit verschaffen, um Bestseller zu werden. Sie sind allerdings auch in der Lage SpielerInnen einen eigenen Spieldurchlauf zu verderben. Vor allem Walking Simulator bieten nicht viel mehr als eine spannende Geschichte, welche auch gratis in einem Let’s Play gesehen werden kann. Letztendlich wird sich das Genre der Walking Simulator an Let’s Plays anpassen müssen. Dafür müssen Wege gefunden werden, mit welchen das Spielen mehr Spaß macht als das Zuschauen.

 

 

 

Über die Autorin
Melanie Spreitzer studiert seit Herbst 2017 Medienmanagement an der Fachhochschule St. Pölten. Vor allem ihre Affinität zu Videospielen und der Internetkultur trugen zu der Wahl ihres Studiums bei.

 

 

Quellen:

https://www.maximumgames.com/press/rise-lets-play-watching-others-play-video-games-changing-advertising/

https://www.techdirt.com/articles/20120911/20482020352/amnesia-is-selling-so-well-developers-have-forgotten-all-about-piracy.shtml

https://phillippassmore.wordpress.com/2015/07/05/lets-plays-and-viral-marketing-five-nights-at-freddys/