Polizei auf „Facebook“ und „Twitter“ – Herausforderungen und Chancen

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Durch die stetig steigende Beliebtheit von Social Media entstehen vor allem Chancen, aber auch zahlreiche Herausforderungen für die Polizei. Darüber sprach SUMO mit Social Media-Verantwortlichen der Landespolizeidirektion (LPD) Niederösterreich, sowie von der LPD Wien.

Das Betreiben eigener Profile auf „Facebook“ und „Twitter“ stellt heute zwar noch Herausforderungen für die Polizei dar, jedoch wird daraus eine Vielzahl von Vorteilen generiert. Das europäische Forschungsprojekt COMPISTE (Comparative Police Studies in the European Union) zeigt einige Möglichkeiten auf, wie man von einer Online-Präsenz profitiert. Dafür wurden im Zeitraum von 2010 bis 2014 Workshops mit zahlreichen VertreterInnen der Polizei in verschiedenen Ländern der EU durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt nutzte die Exekutive in einigen Ländern bereits Plattformen wie „Facebook“ und „Twitter“, während andere erst darüber nachdachten, wie sie diese Herausforderung umsetzen könnten. Seit Oktober 2016 ist auch die Landespolizeidirektion Niederösterreich auf „Facebook“ vertreten, erzählt Bernadette Neumeyr im SUMO-Interview.

Ansprache der RezipientInnen

COMPOSITE hat ebenfalls herausgefunden, dass die Polizei über traditionelle Medien nicht mehr dieselbe Anzahl an RezipientInnen erreicht, wie es früher der Fall war. Heute bietet Social Media mit der stetig steigenden Anzahl an NutzerInnen die Möglichkeit, eine sehr große Zielgruppe zu erreichen. Auch wenn sich freilich nicht alle ÖsterreicherInnen auf „Facebook“ oder „Twitter“ immer darüber informieren, was die Polizei veröffentlicht, landen ihre Posts oftmals trotzdem im Newsfeed, da es andere Menschen teilen oder den „Gefällt mir“-Button drücken. Die LPD Niederösterreich versuche sogar jene Menschen zu erreichen, die selbst gar nicht auf Social Media-Plattformen aktiv sind, indem Menschen dazu animiert werden, sich mit anderen über bestimmte Themen auszutauschen. Dafür gibt Neumeyr den sogenannten „Neffen- oder Enkeltrick“ als Beispiel an, wo Familienmitglieder über Soziale Medien über diese Form des Betruges aufgeklärt und animiert werden, andere Familienmitglieder zu warnen, die selbst nicht auf den Plattformen sind.

Neue Arten der Kommunikation

Auch wenn das Betreiben eigener Profile auf Sozialen Medien keine fundamentalen Veränderungen in der Organisation der Exekutive mit sich bringe, bedeute es trotzdem eine Erweiterung der Polizei-Arbeit auf ein bisher neues Feld. Auch Rudolf Haas bestätigt, dass diese eine neue Möglichkeit bieten, direkt mit der Bevölkerung zu kommunizieren. „Facebook“, „Twitter“ und Co. eröffnen der Polizei Chancen auch ohne den Zwischenschritt „Medium“ nach außen hin präsent zu sein und mit den Menschen in Kontakt zu treten, diesen Vorteil betont auch Neumeyr. Diese direkte Art der Kommunikation zwischen Polizei und Bevölkerung hat auch das Forschungsprojekt COMPOSITE als wichtig für die Exekutive befunden und leitet daraus zahlreiche Vorteile ab. Denn durch Soziale Medien verändert sich eine Konversation von privatem E-Mail-Verkehr hin zu öffentlichen Konversationen auf „Facebook“ und „Twitter“, die von allen anderen UserInnen einsehbar und ebenfalls mitgestaltbar sind. Dieser direkte Kontakt bietet der Bevölkerung die Möglichkeit mit der Exekutive zu interagieren, ihren Arbeitsalltag näher kennenzulernen und ihre Handlungen besser zu verstehen. Wie auch COMPOSITE hält Barbara Zöchbauer es für große Vorteile, dass direkter Kontakt mit der Bevölkerung aufgenommen werden kann, Fragen beantwortet werden können und direkt miteinander interagiert werden kann. Das Forschungsprojekt COMPOSITE hat ebenfalls ergeben, dass die Menschen großes Interesse dafür zeigen, mit der Polizei direkt zu interagieren und diese auch über Soziale Medien zu unterstützen.

Eine andere Chance für die Kommunikation mit der Bevölkerung bieten sie, indem sie es der Polizei ermöglichen, einen direkten Standpunkt zu diskutierten Themen einzunehmen. Denn auch wenn die Exekutive selbst nicht aktiv auf Social Media ist, werden Themen rund um Polizei, Verbrechen und Kriminalität dort besprochen. So wird es für NutzerInnen immer schwieriger, zwischen nicht- und vertrauenswürdigen Quellen zu unterscheiden. Auch das bestätigen die Ergebnisse des Forschungsprojekts COMPOSITE. Maria Pichler konstatiert, dass andere Medien Geschehnisse teilweise übertreiben, wohingegen Informationen durch die Landespolizeidirektion Wien immer neutral herausgegeben würden, ohne etwas zu verschönern oder zu verschlimmern. Auch Zöchbauer beteuert, dass sie in ihrer Arbeit nicht auf Sensationen aus ist.

Schnellere Ergebnisse

Ein weiterer Vorteil für die Polizei durch die Nutzung von „Facebook“, „Twitter“ und Co. wird dadurch generiert, dass sie die Bevölkerung direkt um Mithilfe bitten kann. Die Polizei Hannover berichtete, dass während des Untersuchungszeitraums von COMPOSITE acht nützliche Informationen zu Fällen über Social Media gesammelt werden konnten, in welchem durch traditionelle Presseaussendungen keine wichtigen Informationen generiert werden konnten. Das große Interesse und die Motivation zur Unterstützung der Polizei, welches durch COMPOSITE herausgefunden wurde, trifft laut Neumeyr ganz besonders im Bereich der Fahndung zu.

Der Fokus

Die Landespolizeidirektion Niederösterreich, erzählt Neumeyr, legt in ihren Beiträgen sehr großen Wert auf Aktualität, weil genau das die Bevölkerung auch wirklich erwartet. Auch Zöchbauer betont die Relevanz der Inhalte für die NutzerInnen. Beide halten deshalb auch eine bestimmte Post-Anzahl in einem konkreten Zeitraum nicht für sinnvoll, sie produzierten nur Content mit polizeilichem Bezug, und freuten sich auch über ruhige Tage, wo nichts gepostet werde. Denn das wiederum zeige nur, wie gut ihre KollegInnen in den Dienststellen ihre Arbeit erledigen. Oder auch, dass die Bevölkerung bereits so gut informiert ist, dass es nicht mehr so häufig zu Delikten kommen könne, denn das oberste Ziel der Social Media-Präsenz der Polizei liege immer in der Prävention. Darum orientieren sie sich in ihrer Arbeit auch nicht nach einer bestimmten Menge an Followern, sondern die Interaktion der NutzerInnen stelle das Hauptaugenmerk in ihrer Arbeit dar. Den beiden Social Media-Verantwortlichen Neumeyr und Zöchbauer ist bewusst, dass ihre LPD auf Social Media noch eher unbekannt  ist, jedoch arbeiten sie daran ihre Bekanntheit zu steigern. Statt Geld dafür aufzuwenden, die Reichweite zu steigern, nutzen sie andere Mittel und Wege um mehr Menschen zu erreichen, wie zum Beispiel an die Zielgruppe angepasstes Wording. Bilder sowie Informationen zu Beiträgen lassen teilweise andere Kollegen den beiden Social Media-Verantwortlichen zukommen, jedoch erarbeiten sie derzeit den meisten Content noch selbst. Die größte Herausforderung dabei sei es, dass es für viele PolizistInnen noch neu sei, in Sozialen Medien als Polizei vertreten zu sein. Daher geben Neumeyr und Zöchbauer Schulungen als Teil der Grundausbildung in der Polizeischule. Dadurch können sie den kommenden Generationen die große Relevanz von Social Media für die Polizei erklären und sie mit diesem Thema vertraut machen. Auch die Landespolizeidirektion Wien, so Haas und Pichler, lege großen Wert darauf, dass jeder veröffentlichte Beitrag einen Mehrwert für den Nutzer oder die Nutzerin hat. Zwar sei auch die Vielfalt in Bezug auf den geposteten Content ein großes Thema, trotzdem liege auch bei ihnen das Hauptaugenmerk auf Präventionsbeiträgen. Informationen sollen über Social Media aus erster Hand an die Bevölkerung weitergegeben werden. Darüber hinaus nutzen sie diese auch vermehrt dafür, den Recruiting-Prozess zu bewerben. Auch für sie steht nicht die Anzahl der Klicks im Vordergrund ihrer Arbeit, sondern der Mehrwert für den User bzw. die Userin.

Von Katja Müller