Spotify: im Lebensgefühl des Musikers

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Spotify, die eine Plattform, die medial oft unter Beschuss steht aber dennoch attraktiv für die jungen Musiker unter uns bleibt. Manchmal ist das Lebensgefühl ausschlaggebender als die Profitabilität einer Unternehmung.

Spotify dient als intermediäre Instanz[1] zwischen jungen Musikern und dem Publikum. Die Berichterstattung über den schwedischen Musikstreaming-Dienst scheint sich vermehrt um den Gedanken der Ausbeuterei zu drehen. Richtet man jedoch den Blick von einer anderen Position aus auf das Unternehmen, kann das Sprungbrett für junge Künstler erkannt werden.

Veränderung des Lebensstils

Wie Rock’n’Roll ist der heutige Lebensstil eines Musikers noch? Auch die altbekannten Scouts[2]- Personen, die neue Talente suchen um sie dann zu promoten – ändern ihr Revier und durchforsten das Internet nach neuen Künstlern, die Potenzial aufzeigen.

Ein paar Wenige setzen sich dennoch in das Auto und fahren in fremde Länder um ihrer Musik ein Publikum zu geben. Man stellt sich in eine Bar, spielt vier Lieder und lässt dann den altbewährten Hut umgehen. Falls man dann auch schon so weit ist ein Album aufgenommen zu haben, wird es gleich zum Verkauf angeboten. Ein einzigartiges Lebensgefühl, ein Abenteuer, das mit keinem Geld der Welt kaufbar und auch mit keinem Bekanntheitsgrad so erfahrbar ist. Ein Gefühl der Freiheit, dass man genau das tun kann was man sich immer gewünscht hat. So etwas erfordert Mut und einen eisernen Willen, seine Musik zu seinem Lebensinhalt zu machen.

Heutzutage fällt es leichter sich hinter einen Bildschirm zu setzen, ein Lied zu produzieren, es auf Youtube zu laden und dann bei Misserfolg den ‚Account‘ einfach wieder zu löschen. Es muss ein Zusammenspiel zwischen der digitalen Welt und der Bühne passieren, damit man weiter kommt als es der Verstand für möglich gehalten hätte aber immer gehofft hat.

Reichweite in den „guten alten Zeiten“

Ungefähr ab 2007[3] erschienen die unterschiedlichsten Musikstreaming-Dienste auf den Bildschirmen der musikbegeisterten Leute. Man wollte es so einfach wie möglich machen, an gute Musik zu kommen und junge Künstler wollten so schnell wie möglich gehört werden.

MySpace[4] schaffte eine Brücke zwischen Bands und ihren Fans. Es ist Künstlern sowie Musikliebhabern möglich ein persönliches Profil mit Fotos, Videos und Musikstücken zu erstellen. Zudem konnten so Kontakte zwischen Musikern aus aller Welt geknüpft werden und eine große, länderübergreifende Szene wurde in bestimmten Musikrichtungen gebildet. Das machte es einfacher Plattenlabel auf sich aufmerksam zu machen, um dann in weiteren Schritten unter Vertrag genommen zu werden. MySpace-Seiten von bekannten Musikern werden vermehrt nur noch von Fans weitergeführt. Jedoch junge, noch unbekannte Musiker füllen ihre Seiten noch selber mit Content und geben dort die neuesten CD-Release Daten oder nächste Auftritte bekannt.

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Quelle: Screenshot Myspace

Blickt man tiefer in die Vergangenheit, dann erscheinen Demotapes, die an alle möglichen Radiosender ausgeschickt wurden in der Hoffnung, eines der Lieder durch einen Radio erklingen zu hören. So konnte damals eine Vielzahl an Menschen erreicht werden und die Hoffnung auf einen Plattenvertrag schüren. Oder Musikschaffende spielten sich die Finger in allen möglichen Bars und Clubs der Stadt wund, um vielleicht doch einem Scout eines Major Labels ins Auge zu springen. Denn Ende der 1990er Jahre nahmen große Plattenfirmen bis zu 20 Künstler in einem Monat unter Vertrag, um dann schlussendlich aus zweien „Stars“ zu machen, wie es John Niven in „Kill your friends“[5] beschreibt.

Es war noch nie so einfach wie heute schnell eine breite Masse für sich gewinnen zu können, wenn man einen dafür passenden Social Media Auftritt erdenkt und auf vielen Streaming Plattformen vertreten ist. Jeder, der im richtigen Moment ein Video hochlädt, kann zum „Star“ werden. Darum ist es wichtig sich eine konstante Fanbase aufzubauen, da nach einem Hoch, auch bald einmal ein Tief kommen kann.

Auch der Frontman von Fran San Disco [6]ist der Meinung, dass es in der heutigen Zeit viel einfacher ist, schneller an eine große Masse zu kommen. Plattformen wie Facebook spielten da eine sehr wichtige Rolle. Alleine schon wenn der Aufwand zwischen dem Erstellen einer Facebook-Veranstaltung und dem Verteilen von Flyern verglichen wird, wie es damals noch Gang und Gebe war.

Prinzip einer verkürzten Wertschöpfungskette – weniger ist manchmal mehr

Beim Zusammenspiel zwischen Spotify und jungen Künstlern, wenn nur die Reichweite in Betracht gezogen wird, kann von dem Prinzip einer verkürzten Wertschöpfungskette geredet werden. Hierbei werden die anderen wertbringenden Schritte außer Acht gelassen und der Fokus legt sich nun nur auf den Horizont der Hörerschaft.

Dies ist es auch, was Spotify so interessant für die jungen Bands macht, da sie so schnell ein großes Publikum erreichen können. Man muss aus diesem Grund von den negativen und weniger lukrativen Aspekten dieser Streaming-Plattform absehen.

Der junge Musiker Onk Lou[7] sieht das Musikgeschäft als eine längerfristige Investition. Eine Theorie, die von Künstlern an einem Tisch aufgestellt wurde, als diese an die Zukunft dachten, war, dass ein Lied auf einer Streaming-Plattform längerfristiger Geld bringt als der physische Verkauf. Denn bietet man ein Album in Form einer CD zum Verkauf an, dann profitiert der Künstler in der Regel durchschnittlich zwei Jahre davon. Jedoch, wenn diese CD auf einer Streaming-Plattform angeboten wird, so kann man auch noch über den kürzeren CD-Lebenszyklus in den Geschäften Erlöse aus seiner Arbeit durch Klicks schöpfen. Die Verfügbarkeit via Streaming-Plattformen ist höher, der Zugang via Mobile-App mittlerweile einfacher als die Bestellung einer CD.

Mit den Augen junger Künstler

Es wurden Fragen nach dem Antrieb und der Motivation des Musikmachens gestellt. Spotify dient oft als Sprungbrett zur großen Menge.

Onk Lou lebe für seine Musik. Er sieht in der Musik etwas Befreiendes aber zugleich Frustrierendes. „Wenn man an etwas arbeitet und vertieft in das Schreiben eines neuen Stückes ist, dann braucht man in diesem Moment nichts anderes als die ‚Tonwelt‘“ so Onk Lou in einem Gespräch. Im nächsten Augenblick aber könne es einen wieder hinunterziehen, wenn etwas nicht so funktioniere wie es im Kopf geplant war. Jedoch ziehe man aus genau solchen Momenten die Kraft, immer weiter zu machen und Streaming-Dienste wie Spotify geben diesem Prozess eine Plattform und schaffen es, dass es mehrere tausend Menschen hören. Man dürfe hierbei aber nie außer Acht lassen, das Menschen immer noch was erleben wollen wenn sie sich Musik hingeben. Live-Konzerte, die die Leute mitreißen und sie fesseln seien immer noch das schönste und wichtigste an so einem harten Beruf, so Onk Lou weiter.

Auch für Fran San Disco Frontman Constantin bedeute Musik machen, es zu dem wichtigsten Teil in seinem Leben zu machen, geht aus Nachfragen hervor. Wenn das passiert ist, dann denke man irgendwann an nichts anderes mehr und hätte nur noch die neuesten Lieder oder Equipments in seinem Kopf. Seinen Ideen ein Publikum geben zu können sei eines der schönsten Dinge und wenn diese Ideen dann auch noch Zuspruch finden, dann sei das eines der besten Gefühle auf der Welt.

Am Ende ist immer der Sprung auf die Bühne

Offenbar wird in diesem Zusammenhang, dass es im digitalen Zeitalter immer noch wichtig ist, trotz der reichweitenstarken Streaming-Diensten, persönlich an die Menschen zu treten. Spotify beispielsweise schafft es also, die Musik, in dieser schnelllebigen Zeit, an so viele Leute wie möglich zu bringen. Der erste Schritt ist das Hochladen. Alle weiteren Schritte müssen von den jungen Künstlern selber gesetzt werden.

Abbinder

Onk Lou[1] – junger Künstler, der sowohl Solo als auch mit Band auftritt. Befindet sich momentan an dem Punkt bei dem verstärkt Reichweite benötigt wird, damit das neue Album Anklang findet.

Fran San Disco[2] – junge Band, die durch einen Sieg bei einem Contest Aufmerksamkeit bekommen hat und nun Spotify benötigt, um ihre Reichweite und Bekanntheit aufrecht zu erhalten.

 

 

Autorin

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Marie-Theres Weiser studiert im vierten Semester Medienmanagement an der Fachhochschule St.Pölten. Zudem ist sie für die Pflege des Dämmblogs faszinosumblog der Firma sf-architektur zuständig.

 

Bildquelle: Larissa Tretter 

Titelbild Quelle: Constantin Weiser