Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurden diverse Programmaufträge eingeschrieben, die eine besondere Finanzierung ermöglichen. Die europäischen Staaten entwickelten hierfür unterschiedlichste Formen. SUMO hat im Zuge dieses Artikels mit Leonhard Dobusch, Professor an der Universität Innsbruck und Mitglied des ZDF-Fernsehrats gesprochen.   

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten haben jeweils einen Publikumsauftrag zu erfüllen. Der ORF muss sich beispielsweise an den im ORF-Gesetz definierten Auftrag halten: „Der Österreichische Rundfunk hat durch die […] verbreiteten Programme und Angebote zu sorgen für: die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politische, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen“. Dafür erfolgt die ORF-Finanzierung zu einem Großteil durch Gebühren. 

Zusammensetzung der Gebühren in Österreich 

Der Programmauftrag des ORF kann nur erfüllt werden, wenn ausreichend finanzielle Mittel vorhanden sind. Die „GIS Gebühren Info Service GmbH“ gehört laut der Website der GIS seit 2001 zu 100% dem ORF und ist dafür zuständig, die Gebühren einzuheben.  Laut der von der GIS im April 2018 veröffentlichten Zahlen sind in Österreich 3,6 Millionen Haushalte gemeldet300.000 Haushalte sind von den Gebühren befreit. Jährlich werden rund 992 Mio. Euro an Gebühren eingenommen. Der ORF kann jedoch nicht frei über diese Gesamtsumme verfügen. Laut ORF Ertragsstruktur 2018 waren das 637 Mio. Euro, rund zwei Drittel der GIS-Gesamtbeträge. Das übrige Drittel setzt sich laut Aufschlüsselung der GIS aus Abgaben zusammen. Der Bund hebt 56,2 Millionen Euro an Rundfunkgebühren ein. Zusätzlich werden die GIS-Gebühren besteuert, dies bringt dem Bund weitere 63,7 Millionen Euro ein. Eine weitere Abgabe ist der Kunstförderungsbeitrag. Dieser Beitrag macht jährlich 18,6 Millionen Euro aus. Die Bundesländer können individuell entschieden, ob sie zusätzlich eine Landesabgabe einfordern. Dies erklärt, dass die GIS-Gebühren unterschiedlich hoch sind. Vorarlberg und Oberösterreich sind die einzigen zwei Bundesländer, die keine Landesabgabe einfordern. Aus diesem Grund sind die Gebühren mit 20,9 Euro pro Monat am niedrigsten. Die höchste monatliche Abgabe hebt das Land Steiermark ein. Dort müssen die gebührenpflichtigen Haushalte 26,7 Euro pro Monat bezahlen. Sowohl in Mitglieds- als auch in nicht Mitgliedsstaaten der EU, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ebenfalls durch Gebühren finanzieren, sind die Abgaben an den Bund meist geringer. So werden laut des im September 2016 von der European Broadcast Union (EBU) veröffentlichten „Annual Report“ in Europa durchschnittlich 90% der eingehobenen Gebühren direkt den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Anstalten zugeführt.  

Rundfunkfinanzierung in Deutschland 

Im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist die Haushaltsabgabe verankert. Dort werden die genauen Bedingungen zu den Rundfunkgebühren in Deutschland festgelegt. Laut dem „ARD-ZDF-Deutschlandradio-Beitragsservice“ wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk seit sieben Jahren durch eine Haushaltsabgabe finanziert. Zuvor mussten lediglich Haushalte, in denen Fernseh-, Radio- oder andere Geräte, die zum Empfang der öffentlich-rechtlichen Programme fähig waren, bezahlen. Von 1976 bis 2012 wurden diese Gebühren von der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) eingehoben. Mit Einführung der Haushaltsabgabe wurde diese ab 2013 in ARDZDFDeutschlandradioBeitragsservice umbenannt. Die Umstellung auf die Haushaltsabgabe stieß jedoch auch auf Widerstand. Es wurden Klagen eingereicht, über die das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am 18. Juli 2018 entscheiden musste. Aus dem Urteil ging hervor, dass die Haushaltsabgabe generell als gesetzeskonform gilt. Da in Deutschland theoretisch jeder Haushalt die öffentlich-rechtlichen Programme empfangen könne, sei es gerechtfertigt, dass alle Haushalte, unabhängig von ihrer Nutzung, einen Beitrag bezahlen müssen. Eine Regelung wurde jedoch als verfassungswidrig erklärt: Personen, die eine Zweitwohnung besitzen, mussten doppelt bezahlen. Dies ist laut Bundesverfassungsgericht nicht erlaubt und wurde somit abgeschafft. Derzeit beträgt die Abgabe 17,5 Euro pro Wohnungsinhaber/in. 

Rundfunkfinanzierung in der Schweiz  

In der Schweiz wurde am 4. März 2018 per Volksentscheid über die Abschaffung der Rundfunkgebühren entschieden. Laut des vom SRF am 04.03.2018 veröffentlichten Endergebnisses sprachen sich rund 72% der TeilnehmerInnen gegen die Abschaffung und somit für einen Weiterbestand der Rundfunkgebühren aus. Die Wahlbeteiligung lag bei circa 54%. Die damalige Medienministerin Doris Leuthard erklärte nach der Verkündung der Ergebnisse in einem Interview mit dem SRF, dass sie eine Verbundenheit zwischen der Schweizer Bevölkerung und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk erkennen könne. Die Gebühren wurden mit Anfang des Jahres 2019 laut Informationen der Serafe AG gesenkt: Nun müssen pro Haushalt jährlich rund 345 Euro bezahlt werden. Somit wurde die Abgabe um circa 81 Euro pro Haushalt gesenkt. Bezahlen müssen grundsätzlich alle Haushalte, jedoch gibt es auch Ausnahmen. Dies wird ebenfalls auf der Website der Serafe AG näher erläutert. Haushalte, die nachweisen können, dass sie keine Geräte zum Empfang des Rundfunks besitzen, können einen Antrag auf Gebührenbefreiung stellen. Dies wird als „Opting-out“ bezeichnet. Der Antrag kann maximal für fünf Jahre genehmigt werden, danach müssen die betroffenen Haushalte die Rundfunkgebühren wieder entrichten.   

Akzeptanz in der Bevölkerung 

Leonhard DobuschBetriebswirtschaftslehre-Professor an der Universität Innsbruck und Mitglied des ZDF-Fernsehrats, erklärt im SUMO-Interview, dass die Zustimmung in der Bevölkerung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk groß sei, dennoch dürfe man sich nicht darauf ausruhen. Diese Zustimmung spiegelt sich auch in der 2018 veröffentlichten „Akzeptanz-Studie“ der ARD wider. Anfang 2018 wurden 1.502 Personen ab 14 Jahren in Deutschland telefonisch befragt. 84% gaben an, dass ihnen der ARD-Medienverbund sehr gut oder gut gefällt. 78% sahen die ARD als sehr wichtig für die Allgemeinheit an und für 66ist die ARD persönlich wichtig. Aus der Studie geht hervor, dass ein großer Teil der Befragten mit dem Angebot des ARD zufrieden ist. Es können jedoch keine Aussagen darüber getroffen werden, welche Angebote zu dieser Zufriedenheit führen, so gibt es beispielsweise einen Trend, der zeigt, dass junge Menschen die linearen Angebote nicht mehr so stark nutzen. Univ.-Prof. Dobusch erläutert: „Wenn man sich anschaut, wie der Altersschnitt bei den ZuschauerInnen der linearen Programme ist, dann sieht man, dass die Reichweite, wenn man das als eine Rückmeldung über Akzeptanz ansieht, bei den Jüngeren im linearen Bereich stark zurückgeht.“ Das ZDF hat ein neues Konzept erarbeitet, das den Online-Auftritt des Senders verbessern soll. Auf lange Sicht könne ein solches Konzept die Akzeptanz der Bevölkerung in Bezug auf die Rundfunkgebühren noch steigern. Dobusch unterstreicht im Interview die Wichtigkeit des öffentlichrechtlichen Rundfunks: „Wir alle profitieren davon, dass ein öffentliches Medienangebot für eine vielfältigere und demokratischere Öffentlichkeit sorgt.“ 

Positionen der Politik 

Die österreichischen Parteien unterscheiden sich in ihren Meinungen zu den Rundfunkgebühren teilweise stark. Im Regierungsprogramm der ÖVP und der Grünen wird der ORF als wichtiger Teil der österreichischen Medienlandschaft bezeichnet. Die beiden Parteien wollen sich für einen unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk einsetzen. Mit welcher Art der Finanzierung dies verbunden sei, wird aber nicht näher erläutert. Eva Blimlinger, Nationalratsabgeordnete der „Grünen“, erachtet eine Haushaltsabgabe anstelle der GIS-Gebühren als sinnvoller. Dies erläuterte sie in einem am 10.01.2020 veröffentlichten Interview mit dem Standard. Wie sich der Koalitionspartner ÖVP die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorstellt, geht aus ihrem 2015 veröffentlichten Grundsatzprogramm nicht klar hervor – sich zur „Idee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ bekennend. Eine klare Position zu diesem Thema nimmt die FPÖ ein. Diese wurde in einer am 24.02.2020 stattfindenden Pressekonferenz der FPÖ näher erklärt. Laut Norbert Hofer sei das Ende der GIS-Finanzierung mit dem ehemaligen Koalitionspartner ÖVP vereinbart gewesen. Durch die Ibiza-Affäre und der darauffolgenden Auflösung der Regierung sei keine Zeit geblieben, dieseumzusetzen. Im Parteiprogramm äußert sich die FPÖ nicht über den ORF oder seine Finanzierung, dennoch hat sie im Februar 2020 bei der oben genannten Pressekonferenz eine Petition für die Abschaffung der GIS-Gebühren vorgestellt. Dort wurde auch erklärt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in dieser Form nicht mehr zeitgemäß sei, und ein Abo-Modell die bessere Lösung für den ORF darstelle. Leonhard Dobusch erläutert, weshalb die rechten Parteien gegen die jetzige Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien seien: Sowohl die AFD als auch die FPÖ nehme die Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien als ungerecht war. Sie hätten das Gefühl, gar nicht oder negativ dargestellt zu werden. Insbesondere rechtspopulistische und radikale Parteien befänden sich außerhalb eines gesellschaftlichen medialen Konsenses, sodass sie von der Schwächung der öffentlich-rechtlichen Anstalten etwas zu gewinnen hätten. Ohne die öffentlich-rechtlichen Angebote wären die Menschen auf andere Informationsquellen angewiesen. Dies würde solchen Parteien einen größeren Einfluss bringen. 

Ausblick 

Es sei wichtig, so Univ.-Prof. Dobusch, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Zukunft die Möglichkeit hätten, vermehrt auf den digitalen Plattformen zu agieren. Der neue Telemedienauftrag in Deutschland erlaube es bereits, neue „Online-Only-Angebote“ anzubieten. Um diese Angebote auch weiter vorantreiben zu können brauche es jedoch eine Investitionsmilliarde. In Österreich habe der ORF rechtlich noch keine Möglichkeit, neue digitale Angebote zu entwickeln. In Zukunft könne es in Deutschland unter gewissen Voraussetzungen zu Problemen mit der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kommen. Im Falle, dass die AFD in einem Bundesland in die Regierung käme, reiche dieses eine Land, um jede Beitragserhöhung zu blockieren. Dies zeige die Schwäche einen solchen Systems auf, da radikale RundfunkgegnerInnen dieses schwächen könnten. 

von Viktoria Strobl