Alles nur negativ? Wie Medien und Menschen mit der Klimakrise umgehen

Klimajournalismus spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung über die Klimakrise. Doch oft dominieren düstere Schlagzeilen und negative Berichte in der Medienlandschaft. Das stellt Journalist:innen vor die Herausforderung, die Balance zu finden zwischen der Darstellung der Wahrheit über die Klimakrise, die oftmals negativ wirken kann, und einer positiven, handlungsorientierten Berichterstattung. SUMO fragte bei den Journalistinnen Lisa Wohlgenannt und Carina Jagersberger nach, wie dieser Zwiespalt zu lösen ist.

von NICOLE BOGACZ

„Erstens, es ist nicht einfach zu verstehen, es ist nicht so einfach wahrzunehmen. Was dazukommt, die Entscheidungen, die wir heute treffen, das kommt ja alles zeitverzögert. Sowohl Entscheidungen, die die Klimakrise eindämmen, als auch Entscheidungen, die die Klimakrise befeuern,“ sagt Klimajournalistin Lisa Wohlgenannt, Mitglied des „Netzwerks Klimajournalismus Österreich“ und beim Momentum-Institut aktiv. Das Gefühl der Ohnmacht entstehe, weil viele Menschen demotiviert werden, wenn sie sich für Maßnahmen gegen die Klimakrise einsetzen, aber nicht sofort oder aktiv Ergebnisse sehen können. Das könne einem das Gefühl geben, dass die Bemühungen nicht ausreichend sind, weil sie keine unmittelbare Wirkung zeigen. Wenn man sich als einzelne Person für ein wichtiges Thema einsetzt, kann man nur begrenzt viel bewirken, besonders, wenn andere Menschen dem Thema und seinen Konsequenzen komplett ausweichen.

Das Bestreben, einen nachhaltigen Lebensstil zu führen, birgt zahlreiche Herausforderungen, die oft unterschätzt werden. Die Realität ist, dass es unglaublich anstrengend sein kann, die nachhaltigere Option zu wählen. Es erfordert Zeit, sich über die ökologischen Auswirkungen verschiedener Entscheidungen zu informieren, und es beansprucht emotionale Kapazitäten, diese Entscheidungen zu treffen. Allzu oft führt der Weg einer nachhaltigeren Wahl zu einem Kompromiss, da diese Optionen oft auch die kostspieligeren sind. „Das ist eine globale Krise und die lösen keine Individuen. Die muss man einfach auf gesamtgesellschaftlicher Ebene und struktureller Ebene angehen und lösen,“ meint Wohlgenannt. Es sei wichtig, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit nachhaltigere Entscheidungen zugänglicher werden. Es sollte nicht davon ausgegangen werden, dass jedes Individuum in der Lage sein muss, konsequent teurere und nachhaltige Alternativen zu wählen. Viele Menschen können sich nicht leisten, immer die umweltfreundlichere, aber kostspieligere Option zu wählen.

„… dieser Negativity Bias“

„Es ist ein Fakt, dass wir den Trend zur Negativität haben … diesen Negativity Bias“, stellt Wohlgenannt fest. Medien tendieren dazu, über die Klimakrise überwiegend negativ zu berichten. Die negative Berichterstattung kann ein breites Spektrum an Emotionen hervorrufen, die von Angst, Frustration bishin zu Hilflosigkeit reichen können. Das Gefühl, dass die Probleme zu groß und zu komplex sind, um von Einzelpersonen gelöst zu werden, kann zu Resignation oder Handlungsunfähigkeit führen. Bei einigen Menschen kann eine konstante Flut von negativen Nachrichten sogar zu Gefühlen der Überforderung und Überwältigung führen. Dies kann weiter dazu führen, dass sie sich von der Berichterstattung zurückziehen, um ihre mentale Gesundheit zu schützen.

Die ständige negative Berichterstattung zur Klimakrise kann die Handlungsbereitschaft der Menschen beeinträchtigen. Die Journalistin meint, es sei wichtig beim Berichten über die Klimakrise den Leuten nicht das Gefühl zu geben „es ist eh schon egal, ist eh verloren“. Wenn den Menschen ein Weg gezeigt werde mit Lösungsvorschlägen, wie gehandelt werden kann, fördere das auch die Handlungsbereitschaft. Dieser Aussage stimmt die Klimajournalistin Carina Jagersberger, sie leitet auch das Projekt „Klimareporter.in“, „nicht unbedingt“ zu. „Was vor der Handlungsbereitschaft kommt, ist das Wissen und das Bewusstsein“, meint sie. Die Leser:innen wenden sich bei überwiegend negativer Berichterstattung ab und so kann es nicht einmal zu einer Handlungsbereitschaft kommen.

Die Medien sollten ihre Rolle als Aufklärer und Vermittler übernehmen, um das Bewusstsein für die Komplexität und die weitreichenden Auswirkungen des Klimawandels zu schärfen. „Und da ist es eben nicht die Verantwortung jedes Einzelnen oder jeder Einzelnen, sich die Informationen zu beschaffen, sondern eben sowohl Medien, aber natürlich auch Politik und Industrie sind da in der Verantwortung, das so zu kommunizieren, wie es eben ist.“, sagt Lisa Wohlgenannt. Es soll so objektiv wie möglich berichtet werden, damit die Rezipient:innen sich eine Meinung anhand von Fakten und wissenschaftlich bestätigten Informationen bilden können. „Der Negativity Bias ist zwar ein Fakt. Aber ich glaube, dass sowohl in der Forschung als auch in der Medienlandschaft der Ansatz der „Constructive News“ sehr populär geworden ist.“

„Constructive News“ oder konstruktive Nachrichten sind ein Ansatz im Journalismus, der darauf abzielt, nicht nur Probleme aufzuzeigen, sondern auch Lösungen und positive Entwicklungen zu präsentieren. Insbesondere im Kontext der Klimakrise kann dieser Ansatz eine Alternative zur überwiegend negativen Berichterstattung bieten und die Auswirkungen von Nachrichtenmedien positiv beeinflussen. Diese Art des Journalismus konzentriert sich nicht nur auf die Darstellung von Problemen, sondern hebt auch Lösungen und Handlungsmöglichkeiten hervor.

Nicole Bogacz | Copyright: Julius Nagel