Das Geschäft mit Fake News

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Schon lange vor dem Internet wurden mit Falschnachrichten Geschäftsmodelle aufgebaut. Allein die Quantität, Simplizität und die Auswirkungen haben beispiellose Dimensionen angenommen.

In 15 Minuten mehrere tausend Dollar verdienen. Ein Traum für viele. Cameron Harris hat dies geschafft und alles was er dafür benötigte, war etwas Fantasie, Kalkül und ein Gerät mit Internetzugang. In seiner Nachricht mit der Schlagzeile “BREAKING: ‘Tens of thousands’ of fraudulent Clinton votes found in Ohio warehouse”, beschrieb der US-amerikanische College-Absolvent einen Elektriker, der angeblich mehrere Kisten voll mit bereits ausgefüllten Wahlzetteln – allesamt für Clinton – in einem Lagerhaus in Franklin County, Ohio gefunden hat. In wenigen Tagen verdiente er damit über Google Ads rund 5.000 US-Dollars, wie die Welt berichtete.

Das ist nur ein Beispiel von vielen. Auch zwei kanadische Teenager verdienten mit dieser Methode viel Geld. Diese hatten im Bereich der Promi-Geschichten angefangen, dann aber das Potential von politischen Fake News erkannt und genützt. Neben Nordamerika wird besonders in Osteuropa vor allem von Jugendlichen damit das Einkommen aufgebessert oder es sogar als Haupteinkommensquelle genutzt. Ökonomisch betrachtet ist das durchaus effektiv, da es wenige Ressourcen benötigt, da bewusst keine gründlichen Recherchen und redaktionelle Prüfungen gemacht werden, sondern explizit fantasiert wird. Andere Ressourcen wie Personal oder technische Infrastruktur wird auch nur im geringsten Ausmaß gebraucht und bezogen auf den Ressourceneinsatz erhält man einen relativ hohen Ertrag. Der Grund für diesen hohen Grad an Wirtschaftlichkeit beruht auch darauf, dass andere Menschen und Unternehmen wie Google und Facebook freiwillig oder unfreiwillig dabei helfen, die Inhalte weiter zu verbreiten.

Fake News gibt es schon lange
Das Phänomen Fake News ist nicht neu. Nur die Dimension, die Einfachheit und der potentiell große Einfluss auf Politik und Gesellschaft ist so noch nie dagewesen. Schon als Kinder wird man mit Märchen und damit erfundenen Geschichten konfrontiert. Auch die Geschichten über den Weihnachtsmann bzw. das Christkind oder den Osterhasen sind gänzlich erfunden, also Fake News. Auch in der Medienbranche gibt es Unternehmen, die regelmäßig mit Fake News arbeiten: die sogenannte Yellow Press. Ein Paradebeispiel dafür ist die Bauer Media Group, die mit diesem Format seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich ist. Mit so bezeichneten „Frauenzeitschriften“, die man verbreitet in Wartesälen findet, werden immer wieder falsche Nachrichten produziert und publiziert. Mit Milliarden-Umsätzen (allerdings nur rund 40% in Deutschland) ist die Bauer Media Group der fünftgrößte Medienkonzern Deutschlands und ist damit größer als beispielsweise die Funke Mediengruppe.

Nachweislich falsche Schlagzeilen von Zeitschriften der Bauer Media Group. (Copyright: Patrick Brugger)

Das Prinzip ist heute wie früher dasselbe. Ob über Suchmaschinen, Social Media oder im Verlagssektor, es wird mit falschen Nachrichten Aufmerksamkeit und Reichweite erzeugt und diese wird dann mittels Werbung monetarisiert. Nun ist allerdings der Unterschied, dass die meisten Verlagsprodukte auch noch über den Verkauf Erlöse generieren und sie Werbeanzeigen wesentlich teurer verkaufen können als es über das Internet möglich ist. Dort beruht heute ein signifikanter Teil des Publikationssektors auf der Werbungvermarktung und obwohl weniger Geld pro Leser eingenommen werden kann aufgrund eines niedrigeren Tausender-Kontakt-Preises (TKP), kann man im Internet eine deutlich höhere Reichweite erzeugen. Zusätzlich dazu kommt noch, dass im Web sich Nachrichten wesentlich rasanter verbreiten können und somit besteht die Möglichkeit der Potenzierung der Reichweite und damit der Erlöse.

Falschnachrichten sind attraktiver
Im März 2018 veröffentlichte das US-amerikanische Magazin „Science“ eine Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) über die Verbreitung von Fake News. Zirka 126.000 getwitterte Geschichten von 2006 bis 2017 wurden analysiert und es stellte sich heraus, dass sich falsche Informationen wesentlich schneller, weiter und tiefer verbreiten wie verifizierte Informationen. Die Verbreitung wird durch Algorithmen oder Bots beschleunigt, jedoch werden hierbei wahre und falsche Nachrichten im selben Ausmaß beschleunigt. Daraus resultiert, dass diese massiv schnellere und tiefere Verbreitung durch menschliche Wesen verursacht wird. Gründe dafür sind laut der Studie, dass Menschen eher neuartige und originelle Nachrichten teilen. Das wiederum resultiert aus den Emotionen, die dadurch ausgelöst werden. Falschnachrichten lösen zumeist Angst, Abscheu, Empörung und Überraschung aus, während wahre Nachrichten vor allem auf Antizipation, Traurigkeit, Freude und Vertrauen beruhen.

„Falsehood diffused significantly farther, faster, deeper, and more broadly than the truth in all categories of information, and the effects were more pronounced for false political news than for false news about terrorism, natural disasters, science, urban legends, or financial information”

Zitat aus der MIT-Studie „The sprad of true and false news online“

Gesellschaftliche Relevanz von Fake News
Zurückkommend auf die Yellow Press, die ja auch im Internet agiert, ist zu erkennen, dass Falschnachrichten schon lange in der Medienlandschaft und damit auch in der Gesellschaft etabliert sind. Im Gegensatz zu verifizierten und redaktionell aufgearbeiteten Nachrichten, die vor allem gesellschaftlich relevante Themen zur Bedürfnisbefriedigung nach Information dient, fokussieren sich Yellow Press-Medien auf den unterhaltenden Faktor. Dazu werden zumeist bekannte Persönlichkeiten herangezogen um einerseits das Interesse zu wecken bzw. zu steigern und andererseits auch weg von der Identifikation in Richtung Realitätsflucht zu gelangen und damit sich auf der Bedürfnisebene nochmals zu differenzieren.

Einfach Gedanken schweifen lassen und sich in eine andere Welt bewegen. Diese Bedürfnisse befriedigen die Medien der Yellow Press und machen sie erfolgreich. (Copyrigt: Patrick Brugger)

Was sind nun Falschnachrichten: Falschnachrichten über eine Ehekrise bei einem Königspaar sind gesellschaftlich akzeptiert und sogar auch gewünscht um sich unterhalten zu lassen und dadurch aus der alltäglichen Routine und der Realität zu entfliehen (= Eskapismus). Selbst den Königshäusern scheinen solche Nachrichten nicht zu stören und sind auch durchaus Normalität. Anders allerdings bei unwahren Informationen, die politischen Einfluss nehmen können. Da Letzteres erst seit kurzem aufgetreten ist, ist der Umgang damit noch nicht perfektioniert.

Ob nun Fake News generell moralisch in Ordnung sind, steht auf einem anderen Zettel. Fest steht: Falschnachrichten sind ein Teil einer demokratischen Gesellschaft und werden es auch immer bleiben. Allein die Erkennung, Interpretation und der Umgang mit Fake News kann sie gefährlich werden lassen und stellen somit zurzeit eine gesellschaftliche Herausforderung dar.

Über den Autor

Patrick Brugger ist ein 1996 geborener Italiener. Er studiert Medienmanagement an der FH St. Pölten. Privat beschäftigt er sich mit Sport und elektronischer Musik. Sein großes Ziel ist es, ein eigenes Unternehmen zu gründen und es erfolgreich und international bekannt zu machen.

Artikel verfasst im Sommersemester 2018.