Hackathons – die Zukunft zum Thema

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SUMO sprach mit dem Organisator der heuer erstmals stattgefundenen „Infineon Hackathons“, Rafael Gattringer, sowie mit der Initiatorin und Managerin des Open Innovation Community Building-Formats „Industry Meets Makers“, Sandra Stromberger.  Dabei wurde einem Innovations-Event auf den Grund gegangen, dass in einem unkonventionellen Rahmen unkonventionellen Ideen Platz gibt.  

Steht der Ursprung auch nicht eindeutig fest, so gilt trotzdem gemeinhin die „JavaOne conference“ von 15. bis 19. Juni 1999 unter der Leitung von John Gage als der erste offizielle Hackathon. Die Bezeichnung selbst ist ein Kofferwort, welches sich aus Hack und Marathon zusammensetzt, wobei Hack jedoch hier nicht mit illegalen Cyber-Aktivitäten in Verbindung gebracht werden sollte. Gerard Briscoe und Catherine Mulligan beschreiben Hackathons in ihrer Fachpublikation „Digital Innovation: The Hackathon Phenomenon“ (2014) als ein Event, bei dem Computer-ProgrammiererInnen und Software-EntwicklerInnen innerhalb eines kurzen Zeitraums gemeinsam und intensiv an Software-Projekten arbeiten. Hardware ist jedoch nicht ausgeschlossen, da die Themenstellungen der einzelnen Events stark variieren können. TeilnehmerInnen arbeiten, im Allgemeinen zwischen 24 und 48 Stunden, nämlich sowohl an Blockchain und Internet of Things, als auch an Ideen zu sauberer Luft und Tourismus. Somit hielten in der Folge auch nicht technik-affine Leute Einzug.

Grundsätzlich, so berichtete Hackathon-Organisator Rafael Gattringer im SUMO-Gespräch, handle es sich bei den TeilnehmerInnen um „proaktive, engagierte Leute, die in ihrer Freizeit gerne an kniffligen Aufgaben arbeiten“. Die partizipierende Altersgruppe variiere. Nur beim Geschlecht bestehe, so Sandra Stromberger, im Allgemeinen ein sehr hoher Männerüberhang, auf Experten- wie Entwicklerseite. Die Organisatorin des „Future Tech Bootcamps“, ein Sonderevent, das heuer erstmalig neben dem Kernformat „Industry Meets Makers“ stattfand, sieht das Problem historisch bedingt und findet, es müsse noch sehr viel Bewusstseins- und Aufklärungsarbeit im Technik-Sektor geleistet werden. So überrascht es nicht, wenn Gattringer erwähnt, dass nur zehn Prozent der 44 TeilnehmerInnen beim „Infineon Hackathon“ im Rahmen des Innovationskongresses Villach weiblich gewesen wären.

Was man zu beachten hat

Innovation ist ein fester Bestandteil im Vokabular zukunftsorientierter Menschen. Steve Jobs bezeichnete sie einst als den Unterschied zwischen AnführerInnen und Followern. Ein Event, welches nun eben diese Erneuerung zum Thema hat, muss in der Lage sein, die passende Plattform bieten zu können. Eine Plattform, der ein großer organisatorischer Aufwand zu Grunde liegt. Für Rafael Gattringer ist hierbei einerseits das Bereitstellen der notwendigen Infrastruktur, unter anderem banal erscheinende Dinge wie Sesseln mit Armlehnen und eine ausreichende Stromverkabelung, andererseits der persönliche Kontakt mit den TeilnehmerInnen entscheidend. Diese hätten nämlich schon im Vorfeld einige Fragen hauptsächlich organisatorischer Natur, die somit einfach zu beantworten seien. Von diesem Mehraufwand im Vorfeld profitiere allerdings das Event, da so bereits im Zuge der Vorbereitung ein Gemeinschaftsgefühl entstehe. Je nach Themenstellung sei das Schaffen von Arbeitsplätzen, an denen Werkzeuge wie Löt- oder elektronische Messegeräte problemlos bedient werden können, zusätzlich zu beachten, wie auch unliebsame Interaktionen mit HauptveranstaltungsbesucherInnen, die den Hackathon-TeilnehmerInnen während ihrer Entwicklungsphasen das Essen wegessen. Diese Expertisen beruhen auf den Erfahrungen, die Gattringer aus mittlerweile zwei Hackathons ziehen konnte, die alleine im Namen des börsennotierten Halbleiterherstellers Infineon stattfanden. Allerdings ist Ko-Organisation, wie beim „Future Tech Bootcamp“, auch eine Möglichkeit. Sandra Stromberger berichtet, dass die Fachhochschule St. Pölten sich hier als Veranstaltungsort angeboten habe, und durch das Sponsoring der Industriellenvereinigung Niederösterreich sei es überhaupt erst möglich gewesen, den die EntwicklerInnen unterstützenden externen ExpertInnen ein Honorar zu zahlen. Es sei ein Experiment gewesen und erst vier Wochen vorher in Planung gegangen und daher überrascht die Aussage „Ich war mir gar nicht sicher, ob wir das überhaupt schaffen, so ein viertägiges Ding auf die Beine zu stellen“ nicht weiters. Es zeigt vielmehr, dass vor Technik und Innovation immer noch der Mensch steht. Außerdem, wie wichtig gute Vernetzung innerhalb der eigenen Branche ist.

Für Leute ohne ein Milliarden-Unternehmen im Hintergrund oder ein weitläufiges Netzwerk in der Branche stehen zahlreiche Ratgeber im Internet, wie etwa von Joshua Tauberer, zur Verfügung, die die Möglichkeit bieten, selbst erste Erfahrungen im Innovationsbereich zu machen. Hierbei stehen für den amerikanischen Software-Entwickler und mehrfachen Hackathon-Organisator aus Washington DC neben dem passenden Ort und Zeitpunkt aber auch Aspekte wie Neulinge willkommen heißen und eine positive Atmosphäre im Fokus. Letzteres ist auch für Sandra Stromberger von großer Relevanz: „Dieses Format lebt total von der Motivation, vom Spirit und auch von der Gruppendynamik“.

Das Warum

Worin liegt also der Sinn, zu entwickeln bis die Köpfe rauchen und worin, dem ganzen auch noch eine Bühne zu bieten? Nun, Rafael Gattringer erkennt hier aus Sicht der Wirtschaft einen Nutzen, der sich nicht in einem ökonomischen Return im Folgejahr äußert. Jedoch einerseits im Wissen, überhaupt im Stande zu sein, solch eine Veranstaltung auch ohne externe Partner organisieren zu können, andererseits in Early Product Feedback. Laut Gattringer bedeute das, im Zuge der Bereitstellung gewisser Produkte wichtige Rückmeldungen zu erhalten, durch die die Produkte optimiert werden können. Weiters seien eigene MitarbeiterInnen hier in der Lage, abseits des Büroalltags ungestört zu arbeiten. Ebenfalls steige der Wert der Marke, da man durch das Event ein gutes Branding erhalte. Rein aus Imagegründen mache das jedoch keinen Sinn, da TeilnehmerInnen sonst eventuell nie wieder partizipieren könnten.

Eben diese berichten auf Blogs über ihre Erfahrungen und finden im Versprechen der Weiterentwicklung ihrer Selbst und dem Aufeinandertreffen von Leuten mit verschiedenen Hintergründen und doch gleichen Leidenschaften das Warum, ein Wochenende gemeinsamen an den Ideen und Problemen von morgen  zu tüfteln. 

Von Paul Jelenik