Musik – ein gesellschaftliches Werkzeug

Nur wenige Dinge können Menschen auf so einfache Weise mit Glück erfüllen, wie Musik. Töne, die unter Berücksichtigung von Rhythmus und Harmonie aneinandergereiht werden, haben eine besondere Wirkung. Die Musik dient der Unterhaltung, ist ein Hobby oder eine nebensächliche Beschäftigung. Dabei sind die Möglichkeiten, die sich aus der Musik ergeben damit bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Musik ist viel mehr als ein Zeitvertreib. Dies und vieles mehr geht aus den Interviews hervor, die SUMO mit dem Leiter der Musikschule “DoReMi“ und dem Team-Mitglied von “Open Piano For Refugees“, Omar Altayi, dem Künstler, Aktivisten und Gründer der “SOS-Balkanroute Petar Rosandić“ und dem Pianisten Saeid Borna, geführt hat.  

Von Yanick Hoberstorfer

Die Wirkung von Musik 

Kaum eine andere Kunstform ist so präsent im Alltag wie die Musik. Im Radio, auf einer eigenen Playlist, in Filmen und Serien oder als Geräuschkulisse in diversen Geschäften. Doch welche Macht die Musik eigentlich hat, wird jemandem erst unter der Berücksichtigung der vielen Anwendungsmöglichkeiten bewusst. „Musik ist für mich an zentralster Stelle. Es ist für mich nicht nur eine Begleitung. Es ist Eins und Alles“, sagt Saeid Borna. Zudem ist Musik eine sehr persönliche, individuelle Angelegenheit. Beinahe jeder Mensch hat ein Lieblingsstück oder ein Lied, das ihn an einen gewissen Lebensabschnitt oder eine Situation erinnert. „Die Musik ist das beste Vehikel, um die Person zurück in diese Zeit zu transportieren“, so Omar Altayi. So ist die positive Auswirkung von Musik auf das menschliche Wohlbefinden schon lange bekannt und wird sogar in diversen Therapien, wie der rezeptiven oder aktiven Musiktherapie angewandt. Doch Musik nimmt auch eine wichtige gesellschaftliche Rolle ein. Sie dient als elementarer Bestandteil der kulturellen Identität verschiedenster Bevölkerungsgruppen. Es sind Bevölkerungsgruppen, denen die Musik, gerade im Umfeld anderer Kulturen, eine Stimme gibt. Eine Stimme, mit der sie wichtige Themen wie Politik und die Gesellschaft ansprechen können. Laut Rosandić stellt die Musik eine Art Ventil dar, das sowohl zur Verarbeitung von Vergangenheit als auch zur Beteiligung an gesellschaftlich relevanten Themen instrumentalisiert wird. „In den 90ern wurde der Rap von Menschen aus der Mehrheitsgesellschaft dominiert. Der Rap ist dort angekommen, wo Leute Englisch gesprochen haben. Das hat sich gewandelt. Menschen aus mit Migrationshintergrund haben sich musikalisch artikuliert.“, so Rosandić. 

Musik in der Integration. Wie funktioniert das? 

Ein Zusammenkommen von diversen Kulturen stellt eine Gesellschaft vor gewisse Herausforderungen. Verschiedene kulturelle Identitäten und unterschiedliche Ansichten, Werte und Normen wie beispielsweise verschiedene politische Einstellungen, können das gemeinsame Zusammenleben erschweren. Diese Erschwernis kann durch die Musik ein Stück weit reduziert werden. Saeid Borna sagt dazu: „Wenn die Wörter fehlen, beginnt die Musik. Wir können verschiedene Meinungen haben, aber sobald Musik beginnt, bringt sie Einigkeit. Wir erleben eine andere Dimension zusammen. Es ist ein Instrument, um sich näher zu kommen.“. Doch wie kann die Musik einen interkulturellen Austausch fördern, oder überhaupt zustande kommen lassen? Wie kann die Musik dazu führen, dass man sich mit anderen Kulturen befasst? Eine interessante Antwort auf diese Fragen bieten beispielsweise Musikschulen mit vielfältigen Unterrichtskonzepten oder auch Auftritten in der Öffentlichkeit. „Eine geflüchteter Mensch erhält mit einem hier aufgewachsenen Menschen Duo-Unterricht. So findet spielerisch Integration statt.“ -Omar Altayi. Die Unterrichtssprache von DoReMi ist Deutsch. Dies ist laut Altayi eine gute Art, Menschen die Sprache im Rahmen des Unterrichts zu vermitteln. Es ist ebenso möglich, die Musik als eine Art Sprungbrett zu verwenden. “Mit jeder Buchung macht sich die Person einen Namen. Vielleicht auch von größeren Firmen und Events. So kann es schon passieren, dass andere Personen auf die geflüchteten Musikmachenden aufmerksam werden.”, so Altayi. Zudem helfen die Auftritte auch dabei, Vorurteile gegenüber Geflüchteten abzubauen. “Es gibt manchmal einen Mindswitch. Es gibt das Vorurteil, dass manche Geflüchteten nur zu Hause sitzen und nichts tun. Durch unsere Konzerte rufen wir bei manchen Menschen eine Art Mindswitch hervor.” Auf der anderen Seite steht aber auch die alleinige Befassung mit der Musik, das Anhören. “Ich glaube, wenn wir eine neue Kultur kennenlernen, gibt es drei Dinge: die Sprache, die Küche und Musik. Man muss Musik ohne Vorurteile erleben. Musik ist ein Weg seine eigenen Gefühle darzustellen.“ Saeid. „Dabei ist das Genre für die Wirkung der Musik von untergeordneter Relevanz. „Ich war oft in Jugendzentren und habe Workshops gemacht. Musik ist eine gute Brücke zu den Jugendlichen. Es gibt auch viele Österreicher, die den Streetrap von Menschen aus dem Ausland hören. Das verbindet ja auch. In der Hip-Hop Szene sind unterschiedliche Leute. Das geht vom Doktor bis zum Kellner.“, sagt Petar Rosandić. Die Wirkung von Musik im interkulturellen Prozess und die daraus resultierenden Effekte sind von Seite verschiedener Organisationen in Österreich aufgegriffen worden. Doch gerade in Bezug auf die Zukunft ist es umso wichtiger, solche Projekte weiterhin zu fördern und auszubauen. Musikschulen und Projekte wie DoReMi sind laut Altayi oft spendenfinanziert, was die Durchführung teils erschwert. „Ich glaube, dass das auf der impliziten Basis viel besser funktioniert, als wenn man Menschen aktiv in irgendeinen Integrationskurs steckt. Es gibt Förderklassen an Schulen, wo man Schüler*innen aus den Klassen nimmt und einzeln unterrichtet. Das ist meiner Meinung nach nicht der richtige Weg“, so Altayi Natürlich ist Musik allein nicht der Universalschlüssel für ein angenehmes gesellschaftliches Zusammenleben in einem, von vielfältigen Kulturen geprägten Raum. Allerdings stellt sie eine, vergleichsweise einfache Weise dar, einen Austausch durch das Zusammenkommen anzuregen.