Soziale Medien dominieren traditionelle Medien rücken in den Hintergrund – Bild: Lea Babinger
Nachrichtenüberflutung von morgens bis abends: Das Mediennutzungsverhalten der Generation Z hat sich verändert. Neue Informationen bekommen sie durchgehend, mehr verstanden haben sie dadurch nicht.
Medien werden rezipiert und das schon lange. Doch hat sich dabei in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel vollzogen. Wo früher unmittelbar geschautes Fernsehen und Radio, etwa der ORF, oder Zeitungen auf Papier, als wichtigste Informationsquellen galten, dominieren heute soziale Netzwerke und digitale Plattformen, besonders bei jungen Menschen. Instagram und TikTok – das sind heute die Apps, die viele Menschen klicken.
Auch der Digital News Report von 2025 zeigt dieses Phänomen deutlich auf. Die sozialen Netzwerke gewinnen an Relevanz. Der Studie zufolge nutzt nur noch knapp ein Drittel der 18- bis 24-jährigen Österreicher*innen TV-Nachrichtenprogramme als Informationsquelle. Das Radio und gedruckte Zeitungen schneiden in dieser Altersgruppe noch schlechter ab. Dagegen informiert sich mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen über soziale Medien.
Während lang etablierte Plattformen wie Instagram und Facebook in nahezu allen Altersgruppen für die Nachrichtenrezeption genutzt werden, sticht vor allem eine App bei den Jüngsten hervor: TikTok. TikTok ist längst nicht mehr nur für Tanzvideos und Lip-Syncs bekannt. Auch der österreichische Rundfunk bietet inzwischen Nachrichtenprogramme, wie die Zeit im Bild, auf der VR-chinesischen Video-Plattform an. Ein nachvollziehbarer Schritt des ORFs, denn die Nutzung der App hat sich in den letzten Jahren verdreifacht. Weltweit zählt TikTok inzwischen über eine Milliarde aktive Nutzer*innen.
Dass TikToks Wachstum kein Zufall ist, zeigt sich im übergreifenden Trend der sozialen Medien: Die Individualisierung und Fragmentierung der Informationswege haben sich, wie auch der Digital News Report bestätigt, längst verfestigt. Bei der Auswahl und Personalisierung der vorgeschlagenen Inhalte spielen vor allem Algorithmen eine zentrale Rolle.
Was der Algorithmus zeigt, wird zur Wahrheit
Ganz egal, ob Instagram, YouTube, Reddit, Pinterest oder eben TikTok – all diese Online-Medien werden durch Algorithmen gesteuert. Dabei werden personalisierte Inhalte, abgestimmt auf individuelle Vorlieben, geliefert. Das kann, je nach Individuum vor dem Smartphone, informativ, unterhaltend oder auch einseitig und verzerrt sein.
Blickt man nun beispielsweise auf das rasant wachsende TikTok, so stößt man auf die unterschiedlichsten Beiträge. Zu den verbreiteten Formaten zählen politische Reden, Comedy-Sketches, Meinungsbeiträge und Alltagsgeschichten. Hinzu kommen Falschinformationen, die auch in klassischen Medien auftreten, dort jedoch im Rahmen redaktioneller Arbeit überprüft und korrigiert werden. All diese Formate gesammelt auf einer Plattform, allerdings stark komprimiert. Kurzvideos treffen auf komplexe Themen. Letztlich wie bei den klassischen Medien, doch plötzlich ohne die Notwendigkeit langer Aufmerksamkeitsspannen bei den Nutzer*innen.

Doch genau darin liegt die Schattenseite: Viele Nutzer*innen wechseln kaum noch bewusst zwischen Unterhaltung und Information. Beides verschwimmt in einem endlos algorithmusgesteuerten Strom, der leicht rezipierbar ist, doch oft nur an der Oberfläche bleibt.
Der Medientheoretiker Hans Magnus Enzensberger sprach in diesem Zusammenhang vom „Prekariat der Masse“: einer Gesellschaft, die ständig mit Inhalten überflutet wird, ohne diese kritisch zu hinterfragen. In der TikTok-Logik bleiben diese Information fragmentarisch. Was bleibt, ist ein lauwarmer Nachrichtenkonsum, der sich in der eigenen Bubble selbst bestätigt. Der Schritt vom Scrollen zum Verstehen findet immer seltener statt. Dabei ist TikTok kein Einzelfall. Auch bei Instagram, YouTube oder Facebook werden Informationen mit Unterhaltung vermischt.
Zwar wäre es möglich zwischen Nachrichten und Unterhaltungsformen zu unterscheiden, doch dabei fehlt vielen jungen Erwachsenen die Bereitschaft zur Auseinandersetzung. Auch hier liefert der Digital News Report spannende Statistiken: Weniger als 30% der 18- bis 24-jährigen Österreicher*innen zeigen großes Interesse an Nachrichten, während rund 40% der Gesamtbevölkerung sie sogar regelmäßig gezielt vermeiden. Bei den jüngsten Befragten ist dieser Anteil besonders hoch.
Diese “News Avoidance” kommt nicht von ungefähr. Alles gesammelt auf einer Plattform klingt vorerst nach einem Vorteil, doch mit der wachsenden Vielfalt an Inhalten wächst auch die Belastung: Die ständige Informationsflut kann überfordern. Rund jede*r Zweite fühlt sich davon regelmäßig gestresst oder erschlagen. Viele reagieren mit selektiver Medienrezeption, andere stellen den Medienkonsum eben vollständig ein.
Neben dem Überforderungsgefühl zählt vor allem der empfundene Überfluss an negativen Nachrichten zu den Gründen für die Vermeidung von Nachrichten. Doch die Droge scheint zu wirken, denn nur den Wenigsten gelingt der Ausstieg. Wie bei allen schadhaften Drogen fällt das Loslassen schwer.
Die maßgeschneiderte Droge
Man würde meinen, alle Plattformen werden durch den altbekannten Algorithmus zum maßgeschneiderten Medienerlebnis, und dennoch schafft es TikTok gezielt, die junge Zielgruppe anzusprechen. Der Unterschied liegt vielmehr in der Art, wie TikTok diese Personalisierung umsetzt: Hat man die App erstmal gestartet, wird man bereits in einem endlosen Strom an Kurzvideos nahezu festgehalten.
Im Vergleich wirkt beispielswiese Facebook mit seinem textlastigen Aufbau und seinem eher sozialen Netzwerkcharakter nicht nur lasch, sondern auch sozial riskanter: Wer sich dort zeigt, läuft Gefahr, im digitalen Wohnzimmer der Eltern und Großeltern zu landen, ein Ort, den viele Jugendliche meiden.
Doch genau dort rezipierte man einst gemeinsam die Abendnachrichten. Alle sahen dieselben Berichte, zur selben Zeit, im selben Raum. Hochwertig produzierte und inhaltlich geprüfte Berichte, bereitgestellt von qualifizierten Medienunternehmen. Die damit verbundene Verantwortung steht dabei immer an oberster Stelle.

Stattdessen schenkt man dieses Vertrauen willkürlichen Social-Media-Nutzer*innen. In den sozialen Medien ist jede*r dazu in der Lage, binnen weniger Sekunden, einen Einblick in ein aktuelles Geschehen zu geben. Wer etwas erlebt, greift zum Smartphone und veröffentlicht selbst gefilmtes Videomaterial mit einer persönlichen Meinung. So entstehen täglich unzählige Beiträge.
Daraus entsteht eine unkontrollierbare Flut an Inhalten. Die Herausforderung liegt nicht nur darin, dass viele junge Menschen Nachrichten gezielt vermeiden – sondern auch darin, dass sie kaum noch zwischen Unterhaltung und Information unterscheiden wollen. Alles wirkt gleich wichtig, alles ist ständig verfügbar. Täglich prasseln unzählige Beiträge auf die Nutzer*innen ein. Die Fülle an Nachrichten führt nicht automatisch zu mehr Wissen – im Gegenteil, sie wird zur Last. Details gehen verloren und vieles bleibt oberflächlich. Letztlich ist und bleibt unsere Gesellschaft dadurch OVERNEWSED BUT UNDERINFORMED.
Über die Autor*innen


Lea Babinger ist 20 Jahre alt und studiert im fünften Fachsemester Medienmanagement an der Fachhochschule St. Pölten. In ihrer Freizeit beschäftigt sie sich gern mit digitalen Medien und spielt Klavier.
Bild: Manfred Babinger
Kontaktoption: lea.babinger@gmail.com
Daniel Eichinger ist 24 Jahre alt und studiert im fünften Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Er ist ein leidenschaftlicher Kinobesucher und liebt es neue Sportarten auszuprobieren.
Bild: Benjamin Steinmetz
Kontaktoption: mm231026@fhstp.ac.at
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