Alles Fake!? – Selbstdarstellung auf Online-Dating-Apps

Copyright: Verena Pölzl

Durch Vorurteile wie „für Online-Dating muss man richtig verzweifelt sein“ oder „Online-Dating-NutzerInnen kriegen anders keine/n ab“ gilt Online-Dating noch immer als Tabuthema. Eines der umstrittensten Vorurteile dreht sich rund um die Selbstdarstellung der NutzerInnen.

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Das Tabuthema Online-Dating hangelt sich rund um viele Vorurteile, was auch der Grund für das gesellschaftliche Tabu sein kann. Aussagen wie „Kriegst du anders keinen ab?“ oder „So verzweifelt bist du schon?“ können sich NutzerInnen von Apps wie Tinder und Co. anhören. Weshalb sich auch kaum ein/e NutzerIn gerne outet zu „tindern“.

Das fiel mir beim Nutzen der Dating-App Tinder selbst auf. Ich „swipte“ mich einige Stunden durch die Datingwelt bis ich beim Ziel anlangte und einige KommilitonInnen der FH St. Pölten auf ihren Profilen erkannte. In Zahlen ausgedrückt, beläuft sich diese Untersuchung auf zirka 30% der Grundgesamtheit aller Studierenden des Bachelorstudienganges Medienmanagement des Jahrganges 2017. Einem persönlichen Interview stimmten zwar knapp die Hälfte zu, jedoch nur unter der Bedingung der Anonymisierung. Tabu halt…

Gespaltene Meinungen gibt es viele. Beim Thema Selbstdarstellung und Online-Dating treten Für und Wider auf. Eine Umfrage, bei der 2.000 Online-Dating-App-NutzerInnen befragt wurden ergab, dass nur zirka 18% der Befragten Kleinigkeiten fehlerhaft darstellen und nur knapp 0,1% gaben an, stärker bis komplett zu tricksen. Eine andere Untersuchung zeigte, dass sich 27% der Befragten, beim Online-Dating, unwahr darstellen. Die Meinungen waren wiederum gleich, dass sich die Unwahrheiten meist durch die Übertreibungen positiver Eigenschaften und Zurückhaltung negativer Merkmale zeigen.

 

Swipe nach rechts oder links?
Wie stark „optimieren“ (nach jeweils eigenem Dafürhalten) die Nutzerinnen der Dating-App wirklich, um den sogenannten „Swipe nach rechts“ (=Ich finde dich attraktiv) zu erhalten? „Ungeschminkte Fotos würde ich niemals verwenden. Filter ja, aber niemals Bauch straffen oder Hüfte schmälern!“, meint die FH-St.Pölten-Studentin Lisa (Name geändert) zu ihrem eigenen Dating-Profil.

Laut Studien neigen Frauen am häufigsten dazu, bei ihrer physischen Erscheinung zu täuschen. Das Körpergewicht spielt hier eine der wichtigsten Rollen. Das wird mir durch die Online-Dating-App-Nutzerin Lisa verdeutlicht:“ Das Schönheitsideal der heutigen Zeit zwingt dich regelrecht schlank zu sein und wenn du es nicht bist musst du eben mithilfe richtiger Positionen und Bearbeitungsprogrammen nachhelfen.“ Meine Recherchen führen mich zu einigen Blogs, in denen exakte Schönheitsbilde und „Tipps und Tricks“ wie es Frauen schaffen diesen zu entsprechen, vermittelt werden.

 

It’s a match!

Um ein Match (beide Parteien swipen nach rechts) zu erhalten, ist die Meinung des Gegenübers ebenfalls ausschlaggebend. Die Stimme zur männlichen Sichtweise gibt Thomas (Name geändert): „Ich bessere Profilbilder durch gute Lichtverhältnisse und im gravierendsten Fall mit einem Filter auf, denn nicht nur die Frauen werden in ein bestimmtes Schönheitsideal gezwängt.“ Online erfasse ich auch einige Blogs die Männer zeigen wie sie sich darzustellen haben um „schön, hübsch oder anziehend“ zu sein. Gleiches Phänomen…

Untersuchungen zeigen, dass Männer am häufigsten bei der Körpergröße schummeln. „Ich habe mich um ein paar Zentimeter größer gemacht, das kann sowieso niemand kontrollieren“, bestätigt Thomas. Das Thema Bildung weist bei der Partnersuche seitens der Frauen eine höhere Präferenz auf, weshalb dieses Merkmal ebenfalls eines der häufigsten Lügen beim Online-Dating darstellt. „Frauen müssen nicht schlau sein?!“ stellt sich mir persönlich die Frage. „Naja, klüger als ich sollte sie nicht sein“ antwortet Thomas und legt somit offen, dass für ihn Intelligenz nicht die wichtigste Eigenschaft bei der Partnerwahl ist.

 

It‘s Date-Night!

Aus welchen Gründen werden Profile nun überwiegend „geschönt“?
Untersuchungen zeigen, dass die NutzerInnen durch die Verfälschungen ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit bei den potenziellen PartnerInnen wecken wollen. Schlussendlich geht es darum, nicht in der Masse der Partnersuchenden unterzugehen und somit die Chance auf eine Kontaktaufnahme zu steigern. Das Profil und Profilbild sind beim Online-Dating die ersten, einzigen und somit wichtigsten Informationsquellen, um seine/n potenzielle/n PartnerIn auszuwählen. Ein häufig angesprochener Indikator für Lügen beim Dating-Profil ist die Konkurrenzsituation. Desto stärker sie ist, desto schlechter stehen die Chancen auf eine Kontaktchance. Bei Dating-Apps stehen Männer unter einer stärkeren Konkurrenzsituation als Frauen. Studien belegen, dass pro Frau durchschnittlich 1,8 Männer Online-Dating nutzen, weshalb das männliche Geschlecht häufiger zum Verfälschen angeregt wird. Ebenfalls ist die Offensichtlichkeit der Lüge ein wichtiges Merkmal. Bei metrischen Variablen wie Alter, Gewicht, Größe fällt es schwer Unwahrheiten (beim ersten Treffen) aufzudecken, weshalb diese Merkmale auch am häufigsten verfälscht werden. Theorien zeigen zusätzlich, dass Personen mit geringem Selbstwertgefühl dazu neigen, beim Online-Dating, stärker zu täuschen, da sie ihre Chance am Partnermarkt als gering einschätzen und sie dadurch stärken wollen. Auch wird darauf abgezielt, durch die „verbesserte“ Selbstdarstellung mehr Matches zu erhalten und somit das eigene Selbstwertgefühl zu stärken und Bestätigung zu erfahren. Auch Lisa und Thomas fühlen sich durch das Erhalten von vielen Likes und Matches in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt, bestätigen sie mir ganz offen. „Wenn ich ganz ehrlich bin, war das der Hauptgrund für mich mir die App herunterzuladen“, ist Lisas Schlussbemerkung.

 

Happy Ever After?

Ein verfälschtes Profil kann immer aufgedeckt werden. Auf der einen Seite ist es zwar einfacher sich im digitalen Geschehen zu verändern. Andererseits entspricht auf der analogen Seite auch nicht alles der 100%igen Wahrheit – jeder möchte einen guten ersten Eindruck hinterlassen.

 

Zusammenfassend kann ich sagen, dass Online-Dating  sowohl aus Schatten- als auch aus Sonnenseiten besteht. Die (teilweise verfälschte) Selbstdarstellung spielt noch immer eine große Rolle und auch der Zwang dem Schönheitsideal zu entsprechen ist für Männer und Frauen ein gleichermaßen wichtiges Thema.

Mein Schlussapell an alle Leserinnen und Leser: trickst und täuscht nicht (zu viel) beim Online-Dating – denn jede Lüge kommt früher oder später ans Licht.

 

Über die Autorin:

Verena Pölzl wurde 1998 in Zwettl geboren. Sie ist seit 2017 Studentin an der FH St. Pölten, lebt derzeit in Wien und verbringt ihre Freizeit mit Weiterbildung in den Bereichen Medien, Finanzen und Technologie.