„Alexa, Licht aus!“ – Künstliche Intelligenz

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Künstliche Intelligenz ist längst bewusst und auch unbewusst in unseren Alltag integriert. Um herauszufinden, welche Chancen und Risiken besonders in der Medienbranche in Zukunft einhergehen werden hat SUMO mit Katharina Schell, als Mitglied der APA-Chefredaktion Verantwortliche für digitale Innovation und im APA-Medialab, gesprochen.

Auch wenn „Künstliche Intelligenz“ (KI) oder „Artificial Intelligence“ (AI) mittlerweile oft diskutierte Themen sind und daher auch in den Medien regelmäßig Schlagzeilen einnehmen, ist vielen nicht bewusst, was diese genau bedeuten. In vielen Arbeitsbereichen wird Künstliche Intelligenz und die damit einhergehende Automatisierung von menschlichem Denken bereits erfolgreich verwendet. KI beschäftigt sich damit, automatisiertes, intelligentes Lern-, aber auch Entscheidungsverhalten zu lernen. Bereits vor ungefähr 50 Jahren wurden die Begriffe etabliert und es wurden Computer entwickelt, welche Aufgaben übernehmen sollten, für die bis dahin menschliche Intelligenz nötig waren. Nach dem deutschen Wissenschaftsjournalisten Norbert Lossau basieren diese Computer auf künstlichen neuronalen Netzen, welche Mechanismen des menschlichen Gehirns nachahmen und Muster in Texten, Bildern oder Daten erkennen. Einfacher erklärt, geht es somit um die Automatisierung von intelligentem Verhalten und maschinellem Lernen.

Sobald das Thema KI aufkommt, denken die meisten Leute an Roboter, die wie Menschen handeln, denken und fühlen können. Das ist auch nicht unbegründet, denn viele Filme beeinflussen uns in dieser Vorstellung. Einerseits werden Roboter verniedlicht und vermenschlicht dargestellt, auf der anderen Seite aber auch als böse, unbekannte Wesen, welche die Menschheit ersetzen. Beispielsweise erschien 2008 der Film „WALL-E“, welcher einen kleinen Roboter darstellt, dessen Aufgabe es ist, die Erde zu retten und mit dem die Menschen mitfühlen. Andererseits erschien 2004 der Film „I, Robot“, welcher Angst und Unsicherheit in den ZuseherInnen gegenüber Robotern auslöst.

 „Alexa, Licht aus!“

In den Dimensionen, dass Roboter uns Menschen ersetzen oder gar eigenständig denken, gibt es Künstliche Intelligenz heute natürlich noch nicht. Dass bereits bei der Verwendung von Alltagsgegenständen mit Hilfe von Sprachassistenten wie beispielsweise „Siri“ oder „Amazon Eco“ und „Alexa“ unbewusst KI benutzt wird, um Aktivitäten für uns zu vereinfachen ist den Wenigsten bewusst. Smartphones sind bereits ein Beispiel von angewandter KI in unserem Alltag. Ein weiteres Beispiel, inwiefern diese schon längst unbemerkt in unseren Alltag integriert wurde ist der „Google Translator“. Anfangs war die Übersetzungsfunktion relativ unbrauchbar, da die gebildeten Sätze oft keinen Sinn ergaben, mittlerweile beruht die Technik auf neuronalen Netzen und Machine Learning, was es ermöglicht, dass der ganze Satz analysiert wird und die Übersetzung somit viel besser funktioniert. Virtuelle Assistenten stehen bereit, um häufig gestellte Fragen, Beschwerden oder einfache Auskünfte rasch zu beantworten, etwa auf Websites von Versicherungen, Banken oder Reiseveranstaltern.

Studien machen das Ausmaß von Künstlicher Intelligenz in unserem Alltag erst bewusst. Tractica hatte im August 2016 eine Prognose der weltweiten NutzerInnen von digitalen Assistenten von 2015 bis 2021 aufgestellt. Im Jahr 2015 hätten 390 Millionen digitale Assistenten genutzt, im Jahr 2019 knapp 1,4 Milliarden und im Jahre 2021 sollen es bereits 1,8 Milliarden sein. Die Anzahl soll im privaten Gebrauch und Haushalt weltweit stetig steigen. Auch von Unternehmensseite betrachtet gibt es von Tractica durchgeführte Prognosen (Stand: 2016) in Bezug auf die Umsatzsteigerung für Anwendungen im KI-Bereich in Europa: Im Jahr 2016 waren es 93 Millionen US-Dollar, 2019 bereits 752 Millionen und die Prognose für das Jahr 2025 liegt bei 1,7 Milliarden US-Dollar.

Roboterjournalismus

Im APA-Medialab, dem Innovations-Hub der „Austria Presse Agentur“ (APA), werden Potenziale aus dem digitalen Wandel identifiziert und erforscht, etwa im Bereich der automatisierten Content-Erstellung. Katharina Schell ist verantwortlich für die redaktionelle Innovation im Medialab und erläutert im SUMO-Interview „Egon“. „Egon“ ist ein Prototyp aus dem Jahr 2017, der in einem fünftägigen Sprint gebastelt und welcher entwickelt wurde, um herauszufinden, welche Automatisierungsstrategien zu den spezifischen Content- und Geschäftsmodellen einer Nachrichtenagentur passen, so wie es eben auch die APA ist. Derzeit generiert „Egon“ kurze Spielberichte auf Basis von Fußball-Ergebnissen, hatte aber einen beschränkten Funktionsumfang. Auch wenn er nun „nur“ als Fußballroboter agiert, veranschauliche er eine komplette Content-Lösung für Medienhäuser, von Datenimport bis zum Output von Texten und Tabellen, so Schell. Durch den Prototyp konnten die Erkenntnisse gewonnen werden, dass automatisierter Content im Prinzip nichts anderes sei als Datenjournalismus. Katharina Schell erklärt, dass es den Daten egal sei, welche Inhalte daraus generiert werden, man ihnen nur sagen müsse, ob aus ihnen zum Beispiel eine Grafik oder ein regelbasiertes Text-Template werden solle. Auf Grund dieser Erkenntnisse hat die APA auch entschieden, dass es derzeit keinen Mehrwert bringen würde, Content, welcher bisher von Redakteurinnen erstellt wurde an die Maschine abzugeben. Auch die Nachrichtengrundversorgung mit Maschinentexten zu ergänzen würde nichts bringen. Schell betont auch, dass der Ausdruck „Roboterjournalismus“ in dem Fall nicht optimal gewählt sei, denn das wäre dann eine Maschine, die menschenähnlich handeln könnte und in dem Fall eigenständig schriebe. Allerdings sei dies zum derzeitigen Stand der Natural Language Generation-Technologien noch nicht der Fall, denn die Maschine generiere nur Texte, für die ein Mensch schon Regel-Sets vorproduziert hat.

Diese Erkenntnis führt auch zu einem weiteren wichtigen Punkt. Denn ein oft verwendetes Argument gegen Künstliche Intelligenz ist die Angst, dass Roboter uns Menschen Arbeitsplätze wegnehmen könnten. Auch im Bereich des Journalismus wird man oft mit derartigen Ängsten konfrontiert. Allerdings sei laut Schell diese Angst zum heutigen Stand unbegründet, denn der Aufwand, um Automated Content überhaupt zu betreiben sei beträchtlich hoch. Man erhalte lediglich zusätzlichen Content und es würden JournalistInnen mit Coding-Affinität (ein Verständnis und Gefühl für die Programmiersprache) und Datenverständnis gebraucht. Daraus entstünde eventuell ein neues, zusätzliches journalistischen Berufsbild, aber das Handwerk bleibe immer noch die Basis. Der Content der Maschine sei immer nur so gut wie die JournalistInnen, die ihn konzipiert haben.

Weitere Anwendungsgebiete

Gibt es nicht doch Chancen für automatisierten Content für Medien? Er eigne sich besonders gut, um Inhalte passend und genau aufzubereiten, was die Möglichkeit biete, Geschichten zu erzählen, wofür es auch ein Publikum gebe, allerdings oft nicht genügend Ressourcen in den Redaktionen. Auch das Potenzial für Arbeitserleichterungen in den Redaktionen, weil der Algorithmus große Datenmengen schneller und fehlerfreier analysieren könne, sei laut der früheren APA-Innenpolitik-Chefin nicht zu unterschätzen. Auf Grund dieser Erkenntnis erstellt die APA einen Text pro Gemeinde auf Basis der Wahlergebnisse, die vom Bundesministerium für Inneres übermittelt werden. Einen Text alleine, da die Informationen für die User leichter zu lesen seien als komplizierte Tabellen. Bei einer bundesweiten Wahl sind das in Österreich über 2.000 Meldungen, weshalb es vorher nie solche Texte gegeben habe, da die Ressourcen fehlten, um all das an einem Wahlsonntag zu erstellen. Der automatisierte Content zu Wahlen werde daher in Echtzeit generiert und gleich nach Wahlschluss seien mehrere hundert Texte auf einmal automatisiert generiert. Die APA vermarkte diese Texte als eigenes Produkt, das Online-Medien erwerben können, erklärt Schell.

Resümee

Auch wenn die Künstliche Intelligenz vielen Menschen Angst bereitet, da das Ausmaß der zukünftigen Verwendungen der Maschinen noch unbekannt ist, ist es wichtig auch die Chancen und Möglichkeiten, welche sie uns ermöglichen, zu sehen. Denn das Ende der vielseitigen Einsatzmöglichkeiten ist noch lange nicht erreicht und in Zukunft werden uns die Roboter, sowohl im Alltag als auch im Berufsleben an der Unternehmerseite, viel mehr unterstützen können als jemandem zu schaden. Auf der Elektronikmesse CES stellte der Hersteller Samsung einen Mini-Roboter vor, der sehr stark an einen Roboter aus dem Film „Star Wars“ von Regisseur Jeffrey Jacob Abrams erinnert. Ballie ist in etwa so groß wie ein Tennisball und soll ein Hausroboter sein, der uns versteht und auf unsere Bedürfnisse mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz reagiert. Auch wenn Ballie noch nicht im Verkauf ist, entwickelt Samsung den Roboter weiter, um einen noch größeren Mehrwert zu generieren. Dennoch erinnert der Prototyp sehr stark an einen vermenschlichten Roboter aus einem Film und zeigt, wie schnell unsere Vorstellungen Wirklichkeit werden können.

von Lisa Müllner