Wir schreiben das Jahr 2023. Zwei Franzosen, Alexis Barreyat und Kevin Perreau, Gründer des im Pandemiejahr durchstartenden sozialen Netzwerks „BeReal“, beweisen neuerlich ihr Gespür für den Zeitgeist und sorgen für umsatzstarke Zahlen.
von Magdalena Kanev
„BeReal“ ist der Name des sozialen Netzwerks, das 2020 von Alexis Barreyat und Kevin Perreau an den Markt gebracht wurde, allerdings erst im Sommer 2022 im deutschsprachigen Raum große Bekanntheit erlangte. Mit der Idee eine App zu kreieren, die sich von den Mainstream Medien Instagram, TikTok und Co. unterscheidet, wollten die beiden Erfinder ein klares Zeichen für Echtheit in der digitalen Welt setzen. Zudem sollte die App die Abhängigkeit von sozialen Medien und deren übermäßiger Nutzung reduzieren, da nur einmal am Tag Fotos aufgenommen und diese auch nicht bearbeiten werden können. Sobald man die Benachrichtigung bekommt, hat man als Nutzer*in kurze zwei Minuten Zeit, um eine Momentaufnahme von sich selbst (Frontkamera) sowie von dem derzeitigen Umfeld (Hauptkamera) zu schießen. Wer außerhalb dieses Fensters postet, bekommt ein „late“ als Zusatzinformation. Auch die Wiederholungen der getätigten Fotoversuche werden angeführt, damit im Sinne der Echtheit auch wirklich alles transparent gemacht wird.
So weit, so gut. Doch im Jahr, in dem wir mit Corona leben lernten, langweilt Echtheit zunehmend. „Realness“ ist out und instinktsicher entwickelt das französische Duo deshalb eine neue Plattform gegen den drohenden Ennui. „BeFake“ lautet die Zukunft der Gesellschaft. Die neue App ermöglicht den Nutzer*innen, ein perfektes Fake-Leben, ganz nach ihren Wünschen, zu kreieren – je authentischer dieser Fake gelebt wird, desto mehr Likes werden generiert. Und wie wir alle wissen, sind Likes enorm wichtig für ein erfolgreiches und erfülltes „Sozialleben“. Sie fragen sich, wie das alles funktionieren soll? Anhand neuerster Telepathie-Technologie ist es binnen Sekunden möglich, sich auf den Red Carpet der gerade stattfindenden Grammy-Verleihung zu beamen oder mit einem Glas Champagner in der Karibik herumzuflanieren. Das Posting-Konzept mit dem Zeitfenster von zwei Minuten bleibt übrigens im Pendant erhalten, damit die Nutzungsabhängigkeit weiterhin gefördert wird. Das Ziel hierbei ist es, vor allem Kinder im Volksschulalter so stark wie möglich an ihr nagelneues „iPhone 50“ zu fesseln damit auch die Arbeitsplätze zukünftiger Suchttherapeut*innen gesichert sind. Win win eben! Ganz klar.
Was die beiden enthusiastischen Franzosen für die Zukunft planen, wird sich noch zeigen. Fest steht, wir sind in einer neuen Ära angelangt. Eine Ära, in der die Begriffe Identität und Echtheit neu definiert werden. Eine Ära, in der Selbstinszenierung an erster Stelle steht, koste es was es wolle. Und eins ist sowieso klar: wer nicht mitmacht, der bleibt außen vor. So you better BeFake, than be out.
von Magdalena Kanev