Custom-Porn: Deepfakes zum Geschäftsmodell

Von Kimberley Resch

„Deepfakes drängen sich als Thema immer mehr auf. Auf dem Pornfilm Festival Vienna wurden Deepfakes auch besprochen,“ erzählt BeaBlue. BeaBlue ist eine Wienerische Femporn-Produzentin und hat vor eineinhalb Jahren angefangen, queeren Porn zu drehen und zu verbreiten. „Vielfalt ist wichtig, jedoch muss alles in einem gewissen Rahmen stattfinden,“ betont Simonian. Adrineh Simonian ist Gründerin der Filmproduktionsfirma Arthouse Vienna, die feministische und ethische Pornografie anbietet.  

Das 1×1 des Deepfakes 

Deepfakes könnten eine Hilfe sein und als Kunstmittel dienen, jedoch nicht, wenn es um Illegalität ginge. In einem Deepfake wird Bild- und Videomaterial zusammengeführt, sodass Bilder und Videos authentisch und real erscheinen diese aber nicht sind.  

Das Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria schreibt 2021 online auf ihrer Webseite, dass die Gründe für die Erstellung eines Deepfakes vor allem für die Rufschädigung von bekannten Persönlichkeiten verwendet werden. Ebenfalls würde man mit der Erstellung fälschlicher Videos gesellschaftliche Veränderungen heraufbeschwören. 

Die Anwendung von Deepfake-Technologie ist seit dem Aufkommen von pornografischen Videos auf der Social-Media-Plattform Reddit gestiegen. Im Jahre 2017 wurden die Gesichter bekannter Schauspielerinnen wie Scarlet Johannsen oder Megan Fox auf sexuelle Videos übertragen, heute sind es Influencer*innen. Umso mehr Bilder einer Person zur Verfügung stehen – dabei geht das Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria von rund 300 verschiedenen Fotos aufwärts aus – desto realistischer sei das Endergebnis. Aus diesem Grund betreffen Deepfakes derzeit hauptsächlich prominente Personen, von denen im Internet unzählige Fotos und Videos zu finden sind. Ebenfalls benötigt man zur Erstellung auch das ursprüngliche Video, in dem das neue Gesicht eingefügt werden soll. Neben den sozialen Medien, welche eine Fundgrube für kostenlose Bilder und Videos darstellen, sind auch pornographische Webseiten sehr beliebt, lassen sich schnell finden und stehen oft kostenlos zur Verfügung. Simonian denkt, dass hauptsächlich Frauen, Opfer von Deepfakes wären. 

Geschäftsmodell 2.0 

Worin andere eine Gefahr sehen, sieht die Pornoplattform und Produktion Naughty America einen Vorteil. Neben Virtual Reality und 4K-Filmen, bietet die Plattform seit 2018 Custom-Deepfakes an. Die Technik dahinter heißt Deep-Learning-Algorithmen, weil letztlich Gesichter ausgetauscht, die Original-Inhalte also gefälscht werden. Die Anfragen kommen meist von Männern, die sich einen Custom-Porn mit dem Gesicht ihrer Freundin wünschen. Custom-Porns sind Videos, die auf Wunsch des Kunden angefertigt und bearbeitet werden. Die Preise für einen Custom-Porn fallen unterschiedlich aus. Bei Naughty America müsse man über 100 Dollar zahlen, wünsche sich der*die Kund*in ein längeres Video, so steige auch der Preis. Simonian kritisiert dieses Angebot: „Custom-Pornos sind nur eine Erweiterung des typischen POV-Pornos. Es ist alles Fake daran.“ Hinter dem Angebot steckt aber mehr als nur ein Erlösmodell. „Ich finde es großartig, dass Männer diese sexuellen Erfahrungen machen können, die sie nie haben werden, gerne haben würden, aber haben sollten,“ argumentierte Naughty America CEO Andreas Hronopoulus über ihr Custom-Deepfake Angebot in einem Interview mit dem GQ Magzine
Der CEO relativiert die Fälle der Frauen, welche Deepfakes zum Opfer gefallen sind: „Jeder Mann sollte doch einen dreier erleben dürfen. (…) Solange Custom-Pornos im privaten Besitz bleiben, wird den unwissenden Frauen nicht geschadet.“  

Nicht nur Plattformen bieten Custom-Deepfakes an, auch User*innen in verschiedenen Foren können mit Hilfe von KI, die in Deep-Learning- Algorithmen steckt, Custom-Deepfakes erstellen. In den Anfragen findet man häufig die Bitten um die Einarbeitung von Stars und Sternchen.  

KI Darsteller*innen kennen keine Grenzen 
In den Zeiten von Metaverse und anderen virtuellen Welten steht man trotzdem noch am Anfang beim Gebrauch von Deepfakes mit sexuellen Inhalten. BeaBlue sieht das Potenzial, welches mit Deepfakes erreicht werden kann. Vor allem bei Nischenthemen würde es leichter fallen, diese abzubilden. „Ich kann mir gut vorstellen, dass es in Zukunft Avatare gibt, welche man programmiert und diese dann filmt. Performer*innen brauchen wir dann nicht mehr“, sagt BeaBlue. So könne man seinen eigenen Porno kreieren und ebenfalls neue Genres in der Pornographie erstellen. Ethisch vertretbar wäre auch der Einsatz von Deepfakes, um härteren Porno zu produzieren, ohne den Performenden zu schaden. BeaBlues Fazit: „Authentischer Porn kann trotzdem nicht durch Custom-Deepfakes ersetzt werden.“   

Simonian weicht davon etwas ab. Sie geht davon aus, dass Custom-Pornos die Faulheit des Menschen fördern würden, „Es fällt leichter, eigene Custom-Pornos anzuschauen und sich daran zu ergötzen, als sich der eigenen Realität zu stellen.“ Mimikama, eine internationale Anlaufstelle und Verein zur Aufklärung über Internetbetrug, schreibt, dass Deepfakes eine enorme Auswirkung auf unsere Gesellschaft haben würden. Um die Auswirkungen von Deepfakes zu minimieren, müsse der Gesellschaft bewusst sein, dass es Deepfakes gibt und dass sie eine Bedrohung für die Wahrheit darstellen. 

Kimberley Resch | Copyright: Nikolas Rode