Female Body Positivity: eine Bewegung zwischen Realität und Surrealität

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Der Begriff „Body Positivity“ hat sich in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren zunehmend etabliert, mit dem Hintergrund ein positives Körperbild vermitteln zu wollen. Doch Werbesujets für Frauenmode zeigen, dass diese feministische Bewegung noch immer häufig missverstanden wird.

In unserer Gesellschaft fungiert Kleidung als identitätsformendes Medium, das die Möglichkeit bietet, Individualität zu betonen. Während in den 1980er Jahren die Schönheit kurviger Frauenkörper und dessen gesamte Präsenz durch schmeichelnde Schnitte in Werbeinseraten präsentiert wurde und der weltweit bekannte Modeschöpfer Karl Lagerfeld mit seiner Aussage „Wir wollen doch zeigen, was du hast“ mehrfach zitiert wurde, als er ein Kleid für die barocke Körperform für Marianne Sägebrecht entwarf, scheint die Ablichtung kurviger Frauenkörper heute in unserem Kulturkreis mehrheitlich unterzugehen. In Werbeinseraten gilt es die Aufmerksamkeit der BetrachterInnen zu gewinnen. Dabei spielt die Vermittlung eines bestimmten Körperbildes keine nebensächliche Rolle: das häufigste akzeptierte Schönheitsideal, das in der Werbe- und Modeindustrie vermittelt wird, liegt in einer meist unerreichbaren Körpergestalt. Dabei wird suggeriert, dass mit dem Kauf dieses Produkts an Attraktivität gewonnen wird. Laut der Geschäftsführerin der Protestorganisation gegen Gender-Marketing und Sexismus in der Werbung „Pinkstinks“ käme es zu negativen Auswirkungen in der Gesellschaft, wenn unerreichbare Normschönheiten präsentiert werden, da sich ein Individuum ohne visuelle Präsenz im digitalen oder analogen Raum nicht sichtbar fühle.

 

Verzerrtes Selbstbild? Vertuschen durch Retuschen

Die Theorie des sozialen Vergleichs des Sozialpsychologen Leon Festinger geht davon aus, dass der Mensch gezielt oder automatisch Informationen über Andere in Bezug auf die eigene Person verarbeitet. Die körperliche Attraktivität und das Selbstwertgefühl stellen hierbei wesentliche Aspekte dar. Der sozialkognitiven Lerntheorie Banduras zufolge, lernen Menschen das Verhalten ihres „Gegenübers“, wenn sie diesen als attraktiv empfinden und ahmen ihr Verhalten nach. So ist es wahrscheinlich, dass die Bewunderung dünner Models oder InfluencerInnen, welche für junge RezipientInnen als Vorbild fungieren, in eine Nachahmung des Aussehens mündet. Dem eigenen Aussehen wird der Stempel „Nicht ausreichend“ aufgedrückt: Retuschen von Makeln seien vor allem bei jenen Mädchen zu verzeichnen, die InfluencerInnen folgen, da sie ihr natürliches Aussehen als nicht ausreichend empfinden. Wer es nicht schafft den dargestellten Schönheitsstandard der InfluencerInnen zu erreichen, greift zur Version aus Plastik: Inszenierungstricks und Filter um sein Äußeres zu optimieren fördert die Verzerrung von Natürlichkeit, des eigenen Selbstbildes und die Individualität der eigenen Persönlichkeit geht verloren. Dabei lässt sich erkennen, dass häufig die Taille und Hüfte verschmälert, die Beine länger, der Po muskulöser und die Brüste größer gemacht werden.

 

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Kein Platz für Plus Size?

Diverse Werbesujets erwecken die Annahme, dass es in unserer Welt keinen Platz für Plus Beispiel Size gibt. Ein dafür ist das Unterwäschelabel „Plus Size Baby“, das mit seinen Produkten zwar kurvigere Frauen adressiert, mit der neuen Werbestrategie allerdings dessen Zielgruppe diskriminiert, indem die Kampagne dünne Models in den Produkten mit Übergröße abbildet und die Produkte mit den Händen weit weg vom Körper gehalten werden. Auch der Wäschehersteller „Palmers“  wurde in der Vergangenheit schon des Öfteren für dessen Werbekampagnen kritisiert, wie auch bei der jüngsten Kampagne für Bademode: die Kampagne greift die feministische Bewegung „Body Positivity“ auf und zeigt verschiedene Körperformen. Vergebens. „Palmers“ bildet ein vermeintliches Plus Size Model neben einem schlanken Model ab. Das einzige „Plus Size“ Model, das in der Kampagne Platz findet, ist eine hochschwangere Frau, geziert mit dem Claim: „Eine Welt, in der jede Figur eine Bikinifigur ist.“
Mit diesem und weiteren Claims wie „Eine Welt, die passt.“ und „Eine Welt, in der Frauen Ecken und Kurven haben.“ scheint es, als gäbe es in unserer Welt keinen Platz für Plus Size.

 

Plot Twist: Auflösung der Schönheitsideale der Modeindustrie

Das Zeigen der Realität unterschiedlicher Körperformen und Ethnien stößt auf positive Resonanz und trägt zu einer größeren Identifikation bei. So lässt sich eine steigende Zahl der teilweise von Bekleidungsfirmen initiierten Kampagnen, welche bei fülligeren Frauen ein positives Körpergefühl evozieren wollen, erkennen. Ein Beispiel dafür ist die britische Dessousfirma „CurvyKate“, die sich klar dafür einsetzt, ein positives Körpergefühl bei Frauen zu suggerieren.

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Die Abbildung der Realität

Auch die Labels „Summersalt“, „Monki“ und „Nike“ zeigen die Facetten verschiedener Körper: das amerikanische Bademodenlabel „Summersalt“ etwa zeigt Frauen jeden Alters sowie jeder Gewichtsklasse und Ethnie und ruft Frauen dazu auf, dass es keinen Grund gibt, sich für seinen Körper zu schämen und diesen nicht zu zeigen. Das Ziel der neuesten Kampagne der schwedischen Marke „Monki“ ist es den weiblichen Körper und dessen Individualität ins Rampenlicht zu rücken, indem die Realität des weiblichen Körpers porträtiert und auf Retuschen verzichtet wird. So werden Models mit Dehnungsstreifen, Leberflecken, Hautröllchen und einer Pigmentstörung gezeigt. Nike fungiert schon lange als Marke mit Mut, welche auf gesellschaftskritische Themen aufmerksam macht. Der Flagship-Store auf der Oxford Street in London wird zu einem Ort, der für mehr Offenheit für Vielfalt plädiert: der US-amerikanische Sportartikelhersteller „Nike“ führte nun Schaufensterpuppen in Plus-Size-Größe ein.

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Der Aufbruch normierter Schönheitsideale

Um die Vermittlung von Schönheitsidealen in den Medien vollständig aufzubrechen, ist es wichtig, dass die Realität aufgezeigt wird: geprägt von Diversität, Vielfalt und Facettenreichtum mit verschiedenen Körpern, Ethnien, Dehnungsstreifen und Narben. Bei der Darstellung von Schönheitsidealen lässt sich ein langsamer, aber dennoch zunehmender Aufbruch der Vermittlung von Schönheit in den Medien erkennen. Um Bewusstsein hinsichtlich der Darstellung in der Werbewelt und in sozialen Medien zu schaffen, ist es wichtig, die Kompetenz im Umgang mit Medien zu stärken sowie seine Mediennutzung zu hinterfragen und sich kritisch mit der Darstellung von etwaigen Schönheitsidealen auseinanderzusetzen.

 

 

 

 

 

Autorenvita

Sabrina Bauer wurde am 26. Mai 1997 in St. Pölten geboren und studiert seit September 2017 Medienmanagement an der Fachhochschule St. Pölten. Ihre Interessen gelten dem Lesen und Schreiben sowie Poetry Slams. Vor etwa fünf Jahren entdeckte sie ihre Leidenschaft zum kreativen Schreiben und produziert Texte zu den verschiedensten Themen, die sie beschäftigen. Instagram: herzfaser_