KI als neue*r Mitarbeiter*in?

Von Elias Nemeth

Künstliche Intelligenzen sind in aller Munde. Mittlerweile wurden diese Tools auch zur Optimierung in verschiedene Arbeitsbereiche eingebettet, um einige Aspekte zu erleichtern. Wie sieht die Zukunft mit diesen neuen Werkzeugen aus? Und was für neue Möglichkeiten bringen KIs mit sich?

„Künstliche Intelligenz verändert die Marketingwelt grundlegend, indem sie Unternehmen dabei hilft, Marketingbotschaften und -angebote individueller zu gestalten. KI-basierte Tools automatisieren Marketingprozesse und sparen Ressourcen. Durch die Echtzeit-Analyse von Daten können Unternehmen ihre Marketingstrategien und -taktiken schnell anpassen. KI-basierte Chatbots verbessern den Kundensupport und erhöhen die Konversionsrate. Unternehmen müssen ihre SEO-Strategien für sprachgesteuerte Suchanfragen anpassen. Zusammenfassend ermöglicht KI Unternehmen, relevanter zu werden und die Kundenbindung und den Umsatz zu steigern.“ Diese Definition liefert ChatGPT, wenn man nach der Veränderung von Künstlicher Intelligenz in der Marketingbranche fragt. Bei ChatGPT handelt es sich um einen Chatbot, welcher Künstliche Intelligenz einsetzt, um Antworten von Nutzer*innen zu beantworten und um Lösungen zu generieren.

Im Jahre 2008 hatten die drei größten Unternehmen der Marktkapitalisierung, nach einer Untersuchung der Financial Times, einen überwiegenden Fokus auf Öl. Im Jahre 2018 waren dies aber ganz andere Konzerne. Der Fokus dieser lag nämlich auf Daten. Darunter fallen Kundendaten, Bewegungsdaten, Kaufdaten und weitere. Demnach könnte man diese auch Öl des 21. Jahrhunderts nennen. Aktuell sind nun auch Künstliche Intelligenzen in aller Munde. Deswegen haben diese Konzerne auch ein großes Interesse an Künstliche Intelligenz für die Optimierung derer Inhalte. „Das Thema Nachhaltigkeit ist auch ein großes Megathema. Meta-Trends mit der Digitalisierung sowieso. Das ist eine never ending story“, sagt Cordula Cerha, Dozentin an der FH St. Pölten und Forscherin im Bereich Marketing. Auch im Alltag vieler Personen sind KIs angekommen. Auf sozialen Netzwerken findet man immer wieder künstlich generierte Bilder von Personen, wie dem Papst in Balenciaga, oder Joe Biden und Donald Trump als beste Freunde beim Spaghetti essen.

Künstliche Intelligenzen sind nun ein Teil der Realität, und nicht mehr nur Inhalt von Sci-Fi-Filmen.

#glaubandich – Der neue Anna Nagl-Spot der Ersten Bank

„Es hat sich extrem viel getan in wenigen Monaten. Hätten wir den Spot über Anna Nagl wenige Monate später gemacht, würde er ganz anders ausschauen, da sich die Möglichkeiten so schnell verändern“, sagt Victoria Gabriel, Mitarbeiterin der Kreativagentur papabogner GmbH. Der Spot erzählt von der ersten Kreditnehmerin der Erste Bank und nimmt Zuseher*innen mit auf eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert, veröffentlicht wurde dieser am 8. März, dem Weltfrauentag 2023. Papabogner GmbH konnte mithilfe von Werkzeugen wie Midjourney oder Dreambooth neue Ebenen der Verbildlichung produzieren. Der authentische Look in dem Werbespot ist durch ein konstantes Füttern der KI entstanden. In weiterer Folge wurden die verschiedenen Stücke dann wie ein Stop-Motion Film zusammengefügt.

Am Puls der Zeit zu bleiben, eröffnet neue Wege

„Es ist auf jeden Fall etwas, wo man immer dranbleiben muss. In der Medien- und Kommunikationsbranche war es schon immer so, dass ständig neue Trends, Techniken und Tools aufkommen. Durch KI passiert das jetzt noch schneller“, so Gabriel. Künstliche Intelligenzen sind im konstanten Wandel und ersichtlich wird dies durch den Tuning-Test. Dieser ist eine Überprüfung, um das Denkvermögen von KIs zu erproben und um diesen Wandel auch zu belegen. Laut der Ö1-Rubrik digital leben hat sich ChatGPT diesem Test unterzogen und diesen auch bestanden. Bei dieser Testung wurden 5600 Proband*innen darum gebeten, sich insgesamt 7200 Profile, inklusive Texte, zu lesen und zu kategorisieren. Hierbei wurden die Texte der KI öfter als menschlich eingestuft, als jene von Menschen verfassten Texte. Somit ist ChatGPT die zweite KI, welche den Turing-Test an der Standford University geschafft hat.

Die Implementierung von Künstlichen Intelligenzen eröffnet allerdings auch viele neue Wege in der Marketingbranche. Ohne KI wäre der Arbeitsaufwand, beispielsweise des Anna Nagl-Werbespots, um ein Vielfaches größer und der Prozess wäre zeitintensiver gewesen. In der Hinsicht bringt die Implementierung der KI in Marketingunternehmen viele neue Möglichkeiten. Es kann zeiteffizienter gearbeitet werden, es können Kosten reduziert werden und es ergeben sich auch neue Arbeitsfelder. Als Photoshop aufkam, hatte sich die Arbeit der Grafiker auch verändert und so sei es nun auch mit der KI, meint Gabriel, weiters könnte ChatGPT als Inspirationsquelle herangezogen werden. Werbung ist jedoch nur ein Teil des Marketings, es ist das Aushängeschild. Auf die Abläufe im Hintergrund wird sehr oft vergessen, beispielsweise die Logistikorganisierung, die Supply-Chain Optimierung oder auch das Yield-Management. Hierbei hatten nämlich verschiedene Algorithmen auch schon weite Einflüsse. „Die Airlines machen dies ja schon. Wie kriege ich ein Flugzeug voll und wie maximiere ich, ausgehend von den freien Kapazitäten“, erläutert Cerha. Außerdem ist laut Cerha die Nutzung von KI im Marketing, schon länger Bestandteil. Der Unterschied ist nun folgender: „Der ganze Hype um ChatGPT und diese Large Language Models deshalb so groß ist, weil es sichtbar und zugänglich gemacht wurde.“ Ersichtlich wird dies auch bei den Nutzungszahlen von ChatGPT. Das Modell wurde am 30. November 2022 für die Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht. Im Jänner 2023 nutzten rund 13 Millionen Menschen täglich die KI und im gesamten Monat Jänner waren es 100 Millionen aktive Nutzer*innen.

Die Skepsis gegenüber KIs ist in Österreich sehr präsent

Für viele Personen sind Künstliche Intelligenzen aber furchteinflößend und sie werden als gefährlich empfunden. Nach einer Studie des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Marketagent wird ersichtlich, dass der Großteil der befragten Personen, mit 63 Prozent, eine Arbeitsplatzbedrohung und Arbeitsmarktveränderung durch KIs vermutet. Von den 1001 Proband*innen sind 37 Prozent der Meinung, ihr Arbeitsplatz sei bedroht und sie könnten teils oder ganz ersetzt werden. Jedoch sind Künstliche Intelligenzen kein Ersatz für eine angestellte Person. Diese Programme sind ein Werkzeug zur Unterstützung und Optimierung von Prozessen und so ist es auch in der Marketingbranche. Eine KI allein kann keinen Werbespot gestalten. Sie muss von Personen, mit dem passenden Know-How und einer Idee, gefüttert werden, um zu funktionieren. Dazu meint Gabriel, dass es immer einen Menschen brauche, der gemeinsam mit der KI arbeitet. Auch Cerha ist der Meinung: „Ich glaube nicht, dass an meinem Schreibtisch nicht mehr ich sitze, sondern ein Computer. Es wird aber Zeit eingespart werden, weil vieles automatisiert wird.“

Das Potenzial der KIs ist für alle frei zugänglich

Künstliche Intelligenz steckt noch in Kinderschuhen und hat noch einen langen Weg vor sich, mit vielen Hürden und Aufgaben. Hinsichtlich dessen ist relevant, dass die Einsatzgebiete und die Nutzung solcher Modelle für Rezipient*innen, Unternehmen und Nutzer*innen ersichtlich gemacht werden. So sieht es auch Cerha: „Transparenz von allen Seiten. Wofür wird es eingesetzt und wie wird es eingesetzt.“ „Es ist auch eine Demokratisierung der Möglichkeiten zu beobachten durch den freien Zugang zu diesen Tools. Aber man muss die Chancen und Gefahren auch diskutieren, sodass beispielsweise die Künstler*innen nicht in Zugzwang kommen“, erläutert Gabriel. Laut ihr wäre es auch wichtig, dass auf Social Media, künstlich generierter Content, als solcher auch markiert werden müsse. Erst die Zukunft wird zeigen, welche Wege die KI ermöglicht. Künstlich generierter Content kommt bei der jüngeren Gesellschaft sehr gut an. Der Werbespot der Erste Bank wurde auf TikTok veröffentlicht und obwohl der Fokus der Plattform nicht auf Werbung liegt, sondern auf Unterhaltung basiert, ist die Kommentarspalte des Anna Nagl-Videos voller positiver Kommentare, wie zum Beispiel: „Wow Hut ab. Eine der besten Werbungen, die ich je gesehen habe!“ oder „Tolle Werbung lieb ich!“. Langsam findet die KI Anklang in der breiteren Gesellschaft und bietet neue Möglichkeiten.

Elias Nemeth | Copyright: Nikolas Rode