Memes vs. Leistungsschutzrecht 

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Memes haben sich in den letzten Jahren als Kulturphänomen etabliert. Sie befinden sich jedoch in einer rechtlichen Grauzone, da sie in vielen Fällen auf urheberrechtlich geschütztem Material basieren. SUMO diskutierte mit Alexander Fanta, EU-Korrespondenten von „Netzpolitik.org“, über die Zukunft von Memes und des Leistungsschutzrechts.  

 Status quo: Leistungsschutzrecht  

Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger, das im Frühjahr des vergangenen Jahres von der EU beschlossen wurde und Teil der novellierten Urheberrechtslinie ist, könnte in Zukunft die lizenzfreie Nutzung von Presseinhalten, und somit Pressearbeit generell massiv einschränken.  Konkret sollen UrheberInnen und Verlage von Presseinhalten dafür bezahlt werden, wenn Konzerne wie Google geschützte Inhalte übernehmen und in den Suchergebnissen anzeigen. Dies betrifft journalistische Inhalte wie Fotos und Text, die Verlinkung zu den Verlagswebsites und Originalinhalten soll jedoch genauso wie die private bzw. nicht-kommerzielle Nutzung der Inhalte lizenzfrei erlaubt bleiben. Für die Nutzung einzelner Wörter sowie kurzer Ausschnitte von Pressemeldungen sei zwar auch keine Lizenz von Nöten, jedoch ist nicht klar, welche Länge solch ein kurzer Ausschnitt maximal haben darf. Bis Mitte des Jahres 2021 soll die Urheberrechtslinie von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, wie sie dies allerdings bewerkstelligen, sei ihnen selbst überlassen. Alexander Fanta meint, dass die Mitgliedsstaaten einen gewissen Spielraum bei der Umsetzung der Richtlinie hätten, was sich auch jeweils auf das Ergebnis der nationalen Regelungen auswirken könne.  

Worin das Problem liegt 

In der Vergangenheit gab es schon Versuche, ein solches Recht zu gewährleisten, beispielsweise das Leistungsschutzrecht Deutschlands, das seit 2013 in Kraft ist. Dieses verpflichtete Google und ähnliche Plattformen dazu, Lizenzen für die Verwendung von Presseinhalten von den Agenturen zu erwerben, so wie es auch die neue EU-Vorlage des Leistungsschutzrechts zum Ziel hat. Dies hatte jedoch den Effekt, dass Google die Verwendung von Inhalten kleinerer Agenturen und Verlage einstellte, um Lizenzzahlungen zu vermeiden. Größere Verlage wollten jedoch nicht auf eine Auflistung ihrer Inhalte in Google-Suchergebnissen verzichten, da dies einen Rückgang des Suchmaschinentraffics zur Folge gehabt hätte. Aus diesem Grund schlossen viele Presseagenturen Verträge mit Google ab, die es dem Konzern ermöglichten, die Inhalte auch weiterhin kostenlos zu verwenden und anzuzeigen. Wenn bei Suchmaschinenergebnissen bestimmte Inhalte nicht angezeigt werden, da die vermittelnden Plattformen aus leistungsschutzrechtlichen Gründen dies nicht kostenlos tun können, wirkt sich das negativ auf den Medienpluralismus und den freien Journalismus im Netz aus. Fanta hinterfragt jedoch die Sinnhaftigkeit des geplanten Mechanismus im Rahmen der Lizenzierung. Er meint, dass journalistische Arbeit zu einem Teil auch aus der Reproduktion anderer journalistischer Inhalte bestünde, und schätzt daher die Lizenzpflicht und Vergütungspflicht für Inhalte wie etwa einzelne Zitate aus anderen Inhalten als wenig sinnvoll ein. Es verlangsame den Workflow und könne für kleine Verlage und Agenturen zukünftig ein Problem darstellen.  

Die Zukunft der Memes 

Dem neuen Diskussionsentwurf für die Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie in Deutschland kann man entnehmen, dass Vorschaubilder bei Presseinhalten zukünftig nur mit einer Größe von maximal 128 x 128 Pixel lizenzfrei verwendet werden dürften. Dies stellt insbesondere für Memes ein Problem dar, da diese zu einem großen Teil lizenzfrei genutzt und verbreitet werden, jedoch oft größer als dieses Mindestmaß sind. Es besteht also die Möglichkeit, dass lizenzfrei genutzte Memes in Zukunft nur in kleinem Format verbreitet werden dürfen. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass die Nutzung von Memes ohne Lizenz komplett unterbunden wird, vor allem im Rahmen der nicht-kommerziellen Nutzung. In der Vergangenheit wurden Urheberrechtsverletzungen durch Memes selten bis gar nicht abgemahnt, das könnte sich jedoch durch lizenzfreie Veröffentlichungen auf vermittelnden Plattformen wie YouTube und Facebook, die nicht den festgesetzten Kriterien entsprechen, ändern. Diese Plattformen werden dazu aufgefordert, den Content, den ihre Nutzer auf der Plattform verbreiten, schon im Moment des Uploads auf Urheberrechte zu prüfen und gegebenenfalls bei einer Verletzung dieser den Upload zu verhindern. Dies könne unter Verwendung von Filtertechnologien passieren, was jedoch zugleich bedeuten würde, dass die Bewertung der Originalität von Content automatisierten Prozessen überlassen werde. Wenn urheberrechtlich geschützter Content dennoch auf den Plattformen lande, sollen in Zukunft die Plattformbetreiber für die Verletzung der Urheberrechte haften. Daher ist anzunehmen, dass die Plattformen nach Umsetzung einer solchen Gesetzesvorlage ihre Pflicht des Filterns von Content sehr ernst nehmen werden, um Abmahnungen zu vermeiden. Eine solche Filterfunktion würde die Verbreitung von Memes per se stark einschränken, jedoch steht noch nicht fest, wie der Umgang mit Memes und die Verletzung ihrer Urheberrechte in Zukunft genau gehandhabt werden soll. Fanta empfindet es an sich als problematisch, dass das „harmlose“ Zitieren künstlerischer Inhalte in Zukunft vergütungspflichtigen Urheberrechten unterliegen könnten, da er darin eine Einschränkung der Ausdrucksfreiheit sehe. Memes zu vergütungspflichtigen Inhalten zu machen, könne den Effekt haben, dass große Plattformen etwa pauschale Summen an UrheberInnen und Verwertungsgesellschaften zahlen werden, um Memes nicht von ihren Plattformen löschen zu müssen. Kleinere Plattformen könnten hingegen das Problem haben, nicht in der Lage zu sein, solche Pauschalzahlungen zu leisten. Obwohl noch schwer abzusehen sei, wie genau die Umsetzung der Richtlinien passieren könne, sieht Fanta durch die möglichen Maßnahmen die Gefahr eines Zwei-Klassen-Internet, in dem es nur auf kommerziellen Plattformen möglich sein könne, gewisse Inhalte zu teilen. Schlussendlich ist aber Kreativität eine der ausschlaggebenden Eigenschaften von Meme-ErstellerInnen, daher ist anzunehmen, dass diese trotz potenzieller Einschränkungen auch weiterhin originären Content produzieren und verbreiten werden.  

 Von Sebastian Suttner