Native Advertising: Werbung getarnt als Journalismus

Native Advertising

Native Advertising & Nebenformen gelten als erfolgversprechend bei immer höherer Ablehnung von Display-Werbung durch das Publikum. Selbst bei den renommiertesten Medienhäusern kommt es zur Irreführung ob der publizistischen Intention.

Der Vorwurf der Vernachlässigung des Trennungsgebotes von redaktionellem Content und Werbung dämpft den Hype um das alternative Werbeformat ab.

 

Native Ads werden so platziert, dass sich der Werbetext im Look & Feel – also optisch – an ein adäquates redaktionelles Umfeld perfekt anpasst bzw. einfügt. Erscheinungsbild, Format und Stil der Werbung orientieren sich dabei an der jeweiligen Publikations-Plattform. Wie auch klassische Werbeformen müssen Native Ads in Österreich entsprechend als „bezahlte Anzeige“, „Werbung“ oder Ähnliches erkenntlich gemacht werden. Diese Kennzeichnung als Werbeform ist im § 26 des Mediengesetzes verankert.

Weite Teile der Zielgruppe nehmen Native Advertising nicht als Werbung wahr – und genau das strebt die Werbebranche an. LeserInnen fühlen sich somit nicht durch aufdringliche Werbung gestört, da sie Native Ads als einen vertrauenswürdigen redaktionellen Text identifizieren.

Der Klassiker unter den Native Advertisern ist Buzzfeed, wo viele redaktionelle Artikel mit Native Ads angereichert werden.

 

Die Hintergründe des Erfolgskurses

Die stetige Zunahme von Native Ads hat Gründe, die Ausdruck von ökonomischer Hilflosigkeit der Medienunternehmen sein können: Die Monetarisierung der Inhalte wird zu einem immer größeren Problembereich, da Medienproduzierende sich die Einnahmen für ihren journalistischen Content mühsam erkämpfen müssen und in der Regel noch kein funktionierendes Erlösmodell für den Medienwandel entwickelt haben.

Werbende Unternehmen sind bereit, für solch irreführende Maßnahmen mehr Geld zu bezahlen. Irreführend deshalb, weil die Grenze zwischen Redaktion und Werbung nahezu verschwimmt und es dadurch als Schleichwerbung eingeordnet werden kann. Allerdings sind ebenso Medienhäuser bereit, für diesen größeren Betrag ihre Seriosität und Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen. Die Gefahr eines Imageverlustes, entstehend durch die mangelnde Kennzeichnung der Native Ads, wird also in Kauf genommen – das Resultat ist hiermit sozusagen die Selbstaufgabe der Publizistik. „Verlage, die sich Artikel und Beiträge von Werbekunden direkt bezahlen lassen, begehen Verrat am eigenen Leser. Eine klare Trennung zwischen Werbung und Inhalte sollte hier noch viel strenger realisiert werden“, äußerte sich ebenso Martin Staudinger von werbeplanung.at kritisch.

 

Mit Hilfe von Native Advertising scheint sich noch ein weiteres Problem zu lösen: Adblocker. 21% der ÖsterreicherInnen verwenden Adblocker-Software. Dies hat zur Folge, dass ein großer Anteil der Zielgruppe erst gar nicht mit den Werbebotschaften erreicht werden kann. Umsatzeinbußen bzw. Rückgänge bei den ohnehin spärlichen Online-Werbeeinahmen sind die Konsequenzen. Dadurch, aus der Perspektive des Werbemarktes betrachtet, gefährden Adblocker einsetzende UserInnen kostenlose digitale Inhalte. Der Herausforderung Werbeblocker kann durch Native Ads, die eben nicht störend aufpoppen, Inhalte überlagern oder den Cache des Browsers vollaufen lassen, begegnet werden. Adblocker verwendende UserInnen haben nicht zwangsläufig die Absicht, dem Publisher zu schaden. Sie fühlen sich aggressiv angegangen und verteidigen sich mittels Software. Wenn ihnen jedoch angenehme Werbung wie Native Ads gezeigt wird, wäre mit großer Wahrscheinlichkeit das Problem mit AdblockerInnen vom Tisch, so  auch Jakob Steinschaden von trendingtopics.at.

 

Die Qualität der Native Ads ist ausschlaggebend 

„Aufmerksamkeit kann man schnell erreichen, aber nur guter Content führt dazu, dass der Konsument wiederkommt“, so Peter J. Nistelberger von der Austria-Presse-Agentur. Hinter Native Advertising steckt mehr als nur ein in Kürze verfasster Werbetext. Der Content sollte von Experten der Werbebranche verfasst werden, da die Qualität entscheidend ist. Hierfür ist Fingerspitzengefühl erforderlich, da eine für das Publikum spannende und relevante Geschichte publiziert werden sollte. Es ist wichtig, dass Native Ads den NutzerInnen einen konkreten Mehrwert in Form von Information, Unterhaltung oder Ähnliches bieten. Um das User-Involvement und die Glaubwürdigkeit zu steigern, sollte der Werbecontent auf die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe exakt zugeschnitten sein. Je besser das Gesamtpaket zusammenpasst, desto höher entpuppt sich die Wirkung.

 

Letztendlich wird Werbung durch Native Advertising als weniger störend empfunden, da RezipientInnen häufiger mit Native Ads interagieren als mit Display-Werbung. Allerdings müssen sich Produzenten von journalistischen Content darüber im Klaren sein, dass diese Sonderwerbeform einen Glaubwürdigkeitsverlust des Mediums mit sich bringen können.  Wenn die Kennzeichnungspflicht verletzt wird, kann dies langfristig negativ wirkende Folgen für die Medienmarke mit sich bringen.

Native Advertising ist also kein Allheilmittel, sondern nur ein Instrument unter vielen der Werbewirtschaft, um Zielgruppen erreichen zu können.

 

Autor: Astrid Schießl

Bild: unsplash.com: Beauty, Cocktails & Girltalk, New York