Nicht-kommerzielle Videoportale in Österreich

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Bleibt neben den großen Plattformen im Internet noch Platz für nicht-kommerziell intendierte Verbreitung von Wissen und Information? Christian Jungwirth, Geschäftsführer von „OKTO – Okto TV“, diskutiert in SUMO über die Situation nicht-kommerzieller Angebote in Österreich.

Nicht-kommerzielle Videoportale stellen die Verbreitung von Wissen und Information in den Vordergrund, ohne sich dabei auf die Werbezeitvermarktung konzentrieren zu müssen. In Österreich betreibt der partizipative Community-Fernsehsender „Okto“ seit 2011 die nicht-kommerzielle Plattform „Oktothek“. Jungwirth sieht darin die Möglichkeit der breiteren Diversifizierung der Inhalte. Es können so verschiedene Zielgruppen und vor allem jüngere RezipientInnen angesprochen werden, die am linearen Fernsehprogramm kein großes Interesse zeigen.

 

„Oktothek“ – ein Videoportal der ersten Stunde

Bereits 2005, noch bevor Plattformen wie „YouTube“ diese wichtige Stellung eingenommen haben und „Facebook“ im großen Rahmen gestartet ist, hat „Okto“ das Potential der Verbreitung seiner Inhalte über das Internet erkannt. „Wir haben 2005 im Prinzip den Sprung ins kalte Wasser gewagt und gesagt, wir fahren den Betrieb von Anfang an komplett bandlos und zu 100 Prozent digital. Das haben wir nicht zuletzt mit dem Blick auf die Zielsetzung gemacht, dass wir die Nutzung unserer Videos mittel- bis langfristig in erster Linie im digitalen Bereich sehen.“ Als den wichtigsten Grundstein für ein solches Portal sieht er die genaue Erfassung von Metadaten, welche bereits von der ersten Minute an sehr ernst genommen wurde. Obwohl die Wichtigkeit der Onlineverbreitung bereits früh erkannt wurde, ist der Aufbau der Plattform ein laufender und aufwendiger Prozess. Die rasche technische Entwicklung im Bereich der Internetvideodistribution hinsichtlich der Auflösung und des Bildschirmformats hat zur Folge, dass Server immer noch damit beschäftigt sind, ältere Inhalte in das Format umzuwandeln, das heute bei der Verbreitung im Internet obligatorisch ist.

Die Inhalte der „Oktothek“ stehen den NutzerInnen zeitlich uneingeschränkt zur Verfügung. Die bereitgestellten Programme beschäftigen sich mit unterschiedlichsten Inhalten, beispielsweise bietet „wienTV.org“ Politiknachrichten, die Inhalte abseits des Medien-Mainstrams beleuchten sollen. Aber auch Reportagen, Kurzfilme, Musikvideos und Informationsbeiträge zählen zum Repertoire.

 

Bedeutung nicht-kommerzieller Angebote angesichts von „YouTube“ & Co.

Laut der Onlinestudie von ARD und ZDF anno 2017 verbringen OnlinenutzerInnen ab 14 Jahren täglich insgesamt zweieinhalb Stunden im Internet, wovon 45 Minuten auf die Nutzung von Nachrichtenportalen, Onlineradios oder das Lesen von Artikeln entfallen. 24 Prozent der Befragten nutzen Videoportale täglich. Das zeigt, wie wichtig die Onlinedistribution heute geworden ist. „YouTube“ zählt zwar immer noch zu den meist genutzten Portalen, doch Jungwirth sieht in den kommerziellen Plattformen keine Konkurrenz per se, sondern vielmehr ein Instrumentarium, das zur Ergänzung des nicht-kommerziellen Rundfunks dienen kann. (Auch) Für ein nicht-kommerzielles Angebot stellt sich die Zielgruppenfrage; einerseits soll durch das Angebot die gewünschte Zielgruppe erreicht werden, doch andererseits müssen öffentliche Mittel, die zur Finanzierung zur Verfügung stehen, effektiv eingesetzt werden.

Trotzdem stoßen nicht-kommerzielle Portale immer wieder auf Barrieren in der Politik und Gesellschaft. „Oft wird bei der Frage der Förderung oder der Ermöglichung des nicht-kommerziellen Rundfunksektors in einer westlichen Demokratie das Argument vorgeschoben, dass es in Zeiten von ‚YouTube‘ keinen vergleichsweise teureren, nicht-kommerziellen Rundfunk wie ‚Okto‘ braucht.“ Diese Argumentation reicht jedoch nicht weit genug, insbesondere, wenn es um die Bereiche der Medienkompetenzvermittlung und Medienpädagogik geht. Diese werden durch kommerzielle Angebote nicht ausreichend abgedeckt, weshalb die Notwendigkeit von nicht-kommerziellen Plattformen hierbei bestehen bleibt.

 

Rechtliche Grundlagen und Creative Commons

Bei der Online-Videodistribution sind die Regelungen des Urheber- und Persönlichkeitsrechts von wichtiger Bedeutung. In Österreich werden diese im Audiovisuellen Mediendienste-Gesetz festgehalten und unterscheiden sich in keiner Weise von der Reglementierung im kommerziellen Bereich. Bevor Inhalte online gehen, muss darauf geachtet werden, keine Urheberrechte an beispielsweise Musikstücken oder Texten zu verletzen und das Recht am eigenen Bild gewahrt bleibt. Durch das Recht am eigenen Bild kann die abgebildete Person selbst entscheiden, ob und in welchem Kontext das Bild veröffentlicht werden darf. Dazu muss vor der Veröffentlichung eine Einwilligung bei dieser Person eingeholt werden. Ausnahmen gelten, wenn Personen nur im Hintergrund zu sehen sind, oder bei Aufnahmen großer Menschenmengen.

Auch das Konzept der Creative Commons bietet im Bereich der Lizenzierung von Inhalten eine Möglichkeit, die Nutzungsrechte zu definieren. Die gemeinnützige Organisation „Creative Commons“ bietet verschiedene Lizenzmodelle an, nach denen UrheberInnen ihre Werke schützen können. Auch bei nicht-kommerziellen Videoportalen werden Creative Commons zur Lizenzierung verwendet. In diesem Bereich gibt es jedoch noch Probleme mit konventionell lizenzierten Inhalten. Wenn mit einer Creative Commons Lizenz gearbeitet wird, der Beitrag aber trotzdem von Drittrechten behaftete Materialien enthält, stößt man bei der Veröffentlichung schnell an seine Grenzen. Nach Jungwirth wird es in unserer Gesellschaft noch eine rechtsphilosophische Entwicklung brauchen, bis in breiterer Form bei Bewegtbild mit Creative Commons gearbeitet werden kann.

 

Ein Blick in die Zukunft

Gerade entwickelt „Okto“ eine umfassendere „YouTube“-Strategie, die Ende 2019 in die Umsetzung gehen soll. „Wir sehen keine Chance, diese Möglichkeit der Verbreitung auszulassen. Weil wir alle wissen, dass aufgrund des Medienwandels und der Digitalisierung insbesondere das Videonutzungsverhalten junger Menschen sich komplett gewandelt hat gegenüber dem der Generationen davor.“ Auch für nicht-kommerzielle Fernsehsender werden Abrufmodelle, wie Mobile oder On Demand immer bedeutsamer. Für „Okto“ ist es wichtig, alle Inhalte, die linear im Fernsehen zu sehen waren auch online zur Verfügung zu stellen. Abstriche sollen nur dann erfolgen, wenn ein Urheberrechtsproblem auftreten würde. Verstärkt soll auch in die Richtung „online first“ gegangen werden, oder Inhalte überhaupt für die ausschließliche Verbreitung im Internet zu produzieren. So möchte man eine noch breitere Diversifizierung der Inhalte für die verschiedenen Zielgruppen ermöglichen.

 

Von Marlene Havel