Creative Commons – Common sense not included

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Schon länger herrscht in Deutschland sowie in Österreich eine Debatte um die Freigabe öffentlich-rechtlicher Medieninhalte mithilfe von Creative Commons. SUMO hielt Korrespondenz mit Leonhard Dobusch, Universitätsprofessor am Institut für Organisation und Lernen der Universität Innsbruck (Forschungsschwerpunkt: Management digitaler Gemeinschaften und Urheberrechtsregulierung), sowie Gernot Hausar, Historiker (Forschungsschwerpunkt: Informationsaustausch und -transfer) und Freiwilliger bei Creative Commons Austria, um die aktuelle Situation bzw. die Organisation Creative Commons zu beleuchten. 

Im November 2019 wurde ein offizieller 3D-Scan der Büste von Nofretete, welche im Ägyptischen Museum in Berlin beheimatet ist, unter einer Creative Commons-Lizenz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Lizenz mit dem Titel „CC BY-NC-SA 4.0“ erlaubt es, den 3D-Scan zu teilen oder auch zu verändern, unter der Voraussetzung, dass das veränderte Material ebenfalls der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Die Veröffentlichung dieses Scans ist ein Sieg nach jahrelanger Debatte mit dem Museum, das sich zuvor geweigert hatte, ihn freizugeben. 

Die Organisation Creative Commons 

Creative Commons (CC) finden sich inzwischen überall im Internet, etwa auf „Wikipedia“, „Flickr“, „YouTube“ oder via Google. Hinter den CC-Lizenzen steht eine gemeinnützige Organisation. Die Organisation Creative Commons wurde im Jahr 2001 in den USA gegründet, und bereits Ende 2002 wurde der erste Satz Lizenzen, mithilfe eines Teams aus BildungsexpertInnen, TechnikerInnen, JuristInnen und InvestorInnen, veröffentlicht. Im Jahr 2008 waren bereits ungefähr 130 Millionen Werke unter CC-Lizenz veröffentlicht worden, heute stünden laut Gernot Hausar bereits mehr als eine Milliarde Werke unter einer solchen. Hausar über den Erfolg der Organisation: „Der größte Erfolg war sicherlich der Enthusiasmus, mit dem nationale Teams die Idee aus den USA aufgriffen und für ihre Länder nutzbar machten. Dies war gar nicht so leicht – denn anders als in den USA gibt es in verschiedenen nationalen Rechtsordnungen ganz andere Regeln zum Umgang mit Forschung, Kunst- und Kultur […]. Dass es trotzdem gelungen ist, dies zu ‚übersetzen‘, war sicherlich der größte Erfolg für die CC-Bewegung.“ 2019 startete CC Search, eine Suchmaschine, mit der das Finden von CC-lizensierten Inhalten noch einfacher werden soll. Dabei werden die Inhalte von 20 Partnern wie „Flickr“, DeviantArt oder Museen durchsucht. Laut Hausar wolle man in Zukunft versuchen, noch mehr PartnerInnen für CC Search zu akquirieren, um die potenziellen Suchergebnisse auszuweiten. Im Fokus stünde aber immer noch stark die Community.   

Lizenzrecht für Anfänger 

Creative Commons bietet verschiedene Standard-Lizenzverträge. Solche Lizenzen helfen also UrheberInnen, ihr Urheberrecht zu schützen und im selben Zug andere dazu berechtigen, ihre Werke weiterzuverwenden, zu bearbeiten oder zu kopieren. Wie funktioniert das? Eine CC-Lizenz funktioniert nach einem „Dreischichten-Konzept“. Die erste Schicht besteht aus dem eigentlichen Lizenzvertrag. Da aber die meisten BenutzerInnen keine juristischen Texte verstehen, ist dieser Vertrag auch in einem „für Menschen lesbaren“ Format als zweiter Schicht verfasst. Die letzte Schicht besteht aus einer maschinenlesbaren Fassung, die es Softwaresystemen, Suchmaschinen und anderen technischen Tools ermöglicht diese Lizenzen zu lesen.  

Aus Sicht des Users funktionieren die Lizenzen nach dem Baukastenprinzip. Sie können sich aus vier Modulen zusammensetzen: Namensnennung, Keine Bearbeitung, Weitergabe unter gleichenBedingungen und Nicht-kommerziell. Daraus ergeben sich sechs Lizenzen. Weiters bietet Creative Commons auch eine Lizenz nach der Public Domain (CC0) an, was bedeutet, dass kein Urheberpersönlichkeits- sowie Verwertungsrecht mehr besteht. In Österreich ist die CC0-Lizenz allerdings umstritten und also mit Vorsicht zu genießen. Bei der Nutzung von CC-lizensierten Inhalten ist es wichtig, alle Bestimmungen zu beachten. Hält man diese Bedingungen nur zum Teil oder gar nicht ein, verstößt man gegen das Urheberrecht. 

Free the Content 

Eine wichtige Frage, die sich etwa auch Dobusch stellt, lautet: Sollten Inhalte, die mit öffentlichen Geldern finanziert worden sind, nicht auch der Öffentlichkeit frei zu Verfügung stehen? CC-Lizenzen wären eine mögliche Lösung, hier sind sich Dobusch und Hausar einig. Doch wie sieht es aktuell in Österreich mit der Lizenzierung von öffentlich-rechtlichen Inhalten aus? Dobusch schrieb, dass es seines Wissens zurzeit keine vom ORF produzierten oder beauftragten Inhalte gebe, die unter einer freien CC-Lizenz erscheinen. Dabei sei gerade für öffentlich-rechtliche Medien das hohe Potential größerer Reichweiten hinsichtlich jüngerer und schwer erreichbarer Zielgruppen gegeben – etwa durch das Einbinden von Content in „Wikipedia“. Genau das sei bei Clips der ZDF-Dokureihe „Terra X“ passiert, die unter einer CC-Lizenz freigegeben wurden. Diese finde man nun bei viel besuchten „Wikipedia“-Artikeln zu den Themen „Klimawandel“ oder „Klimamodell“. Warum also weigern sich Öffentliche-rechtliche ihren Content freizugeben? Dobusch führte bereits in einem Artikel auf „Netzpolitik.org“ Gründe für die Problematik rund um die Lizenzierung öffentlich-rechtlicher Inhalte an: Es herrsche Angst vor Verlust der Kontrolle über den Content, Manipulation und Verfälschung. Andere Probleme seien die Schwierigkeit um die rechtmäßige Vergütung der Content Creators sowie die Vielzahl involvierter RechteinhaberInnen. Im Jahr 2008 hat das Deutsche Bundesarchiv in Kooperation mit Wikimedia ca. 90.000 Bilder unter der CC BY SA (Verwenden, ändern, unter Namensnennung und der Weitergabe unter gleichen Bedingungen) kostenlos zur Verfügung gestellt. Infolgedessen konnte aber ein hoher Prozentsatz an Lizenzverletzungen festgestellt werden. Etwa 95% der Bilder wurden nicht korrekt genutzt und das führte zu einem Kooperationsende seitens des Bundesarchivs.  Allerdings, so Dobusch, erfolgen auch private Nutzungen herkömmlich lizenzierter Bilder in der überwiegenden Zahl ohne Rechteklärung und damit oft ebenfalls unter Verletzung des Urheberrechts. 

Entwicklungen in dieser Richtung geschehen sehr langsam, aber sie geschehen. 2009 verkündete die EU-Kommission, dass sie ihre Inhalte unter den Lizenzen CC BY 4.0 (Verwenden, ändern, teilen unter Namensnennung) und CC0 (Nutzung quasi ohne Einschränkungen) veröffentlichen. Damit zieht die EU mit Staaten wie Neuseeland oder den Niederlanden gleich, die ihre digitalen Ressourcen ebenfalls unter CC freigeben. Außerdem setzt sich die Kommission ebenfalls für die Übersetzung der Lizenztexte in alle EU-Sprachen ein.   

Keine Angst vor Lizenzierung 

Auch private Medienunternehmen könnten von der Lizensierung ihres eigenen Contents unter CC profitieren. Im Jahr 2013 startete Creative Commons das CC Toolkit-Projekt, eines ihrer Ziele war es, die Vorteile von CC-Lizenzen für Unternehmen zu kommunizieren. Das Verwenden von lizenzierten Werken wie Bilder oder Musik kann Produktionskosten bei Product Design oder Marketing sparen. Das ist vor allem für StartUps und junge Unternehmen, die noch kein großes Budget aufbringen können, interessant. Ein weiterer Vorteil ist die Rechtssicherheit gegenüber anderem urheberrechtlichen Material und die Ersparnis von Transaktionskosten, die auftreten würden, sobald man dieses Material in einem unternehmerischen Kontext nutzen möchte. Nicht nur das Verwenden von CC Content kann für Unternehmen Vorteile bringen, auch das Lizenzieren von eigenen Ressourcen oder Produkten. Gibt man beispielsweise sein Produkt frei, kann die Community Feedback geben und das Produkt verbessern. Ganz ohne Einsatz von eigenen Mitteln in Richtung Innovation und Marketing. Technikunternehmen geben oftmals etwa ihre Software als Open-Source frei und ermutigen die Community etwaige Bugs oder Fehler im Code zu finden. Ein Win-Win-Prozess.  

Von Linda Ploszajska