Die Online-Bezahl-Plattform OnlyFans ist in aller Munde. Stars wie Cardi B oder Bella Thorne verdienen laut eigenen Aussagen bereits mehrere Millionen Euro mit ihrer Präsenz auf OnlyFans. Das lockt viele Amateur*innen an, die mit ähnlich freizügigen Fotos ebenso viel Profit aus ihren nackten Körpern schlagen wollen wie ihre Idole. Um herauszufinden, wie kreativ und innovativ es ist den eigenen Körper freizügig im Netz zu verkaufen, obwohl es solche Fotos bereits massenhaft kostenlos gibt, sprach SUMO mit der OnlyFans-Creatorin und Psychologin Sarah Brachmann sowie dem Fotografen Konstantin Mikulitsch.
von Vanessa Huber
„Ich hab‘ einen roten Benz dank OnlyFans, ich glaub, ich bin jetzt Millionärin“ ist eine Zeile aus einem mehr als bekannten Lied, die wohl bei fast jedem jungen Menschen einen Ohrwurm auslöst. Der Song von Rapperin Katja Krasavice, der mit seinen rund 17,8 Millionen Aufrufen auf Spotify (Stand: 12.12.2022) inzwischen wohl Kult-Status erreicht hat, steht jedoch nicht nur für sexy Dessous und heiße Fotos, sondern unterschwellig auch für die Message, dass auf der Online-Plattform OnlyFans schnell und leicht Geld verdient werden kann. Doch so verlockend diese Einnahmequelle auch klingt, so gefährlich ist und unterschätzt wird sie. Besonders junge Frauen sind von dem vermeintlichen Geschäftsmodell fasziniert. Doch nicht nur der Aspekt der Gefahr lässt Fragen offen.
Auch die Frage, wie kreativ und innovativ es ist, leicht bekleidete und/oder nackte Fotos von sich auf solch einer Plattform zu teilen, stellt sich. Denn pornografische Inhalte gibt es Forschungen zufolge schon seit es Menschen gibt. So schrieb der „Der Standard“ 2019 in seinem Artikel: „Wo Menschen, da auch erotische Darstellungen – in welcher Form auch immer.“ Seit damals ist jedoch einiges passiert. Der Zugang zur Pornografie ist besonders in den letzten Jahren und durch das Internet immer leichter geworden. So ist es auch nicht schwer an kostenloses Material zu kommen. Wozu also Geld für etwas ausgeben, das man auch gratis bekommen kann? Daraus ergibt sich eine weitere und interessante Frage: Was macht Content auf OnlyFans so kreativ und neuartig, dass Menschen bereit sind, ihr Geld auszugeben, um solche Inhalte auf der Pay-Plattform zu sehen?
Geldmaschine OnlyFans
Für all jene, die nicht zur Gen Z gehören, daher auch kein Smartphone zum dritten Geburtstag geschenkt bekommen haben und somit kein „Digital Native“ sind, der mit digitaler Technologie aufgewachsen ist, hier zuerst ein kleiner Crashkurs was die Plattform überhaupt ist.
Die Online-Plattform OnlyFans wurde 2016 von Timothy Stokely gegründet. Doch sowohl über ihn als auch über die Betreiberfirma Fenix International Limited mit Sitz in London ist nur wenig bekannt. Auf der Plattform kann grundsätzlich jede Art von Content angeboten werden, solange sie legal ist. Doch im Gegensatz zu anderen Social Media Plattformen verbietet OnlyFans pornografische Inhalte nicht, weswegen die Plattform besonders bei Menschen aus der Erotikbranche und freizügigen Influencer*innen beliebt ist.
Auf Nachfrage des deutschen Nachrichtenportals „Der Spiegel“ gab OnlyFans 2020 an über 24 Millionen registrierte Benutzer*innen auf der ganzen Welt zu haben. 500.000 davon seien sogar selbst Content-Creator*innen. Letztere verdienen damit Geld, dass sie Inhalte wie Fotos oder Videos auf der Online-Plattform hochladen und gegen eine monatliche Gebühr zur Verfügung stellen. Besonders lukrativ für die Inhalteanbieter*innen ist, dass sie mit ihren Fans direkt über die Plattform chatten können. So können sich die Fans personalisierte Inhalte wünschen, welche ebenfalls als Leistung verkauft werden können. Wie viel ein monatliches Abonnement auf OnlyFans kostet, ist unterschiedlich und kann von jedem*jeder selbst festgelegt werden. Die Plattform gibt jedoch einen Mindestpreis von 4,99 Dollar und ein Maximum von 49,99 Dollar vor. Natürlich verdient nicht nur der*die Inhalteanbieter*in. So gehen 20 Prozent der Einnahmen an OnlyFans, die restlichen 80 Prozent wandern in die Tasche des/der Ersteller*in. Doch diese Aufteilung ist nicht unbedingt schlecht, wie Fotograf Konstantin Mikulitsch findet: „Durch OnlyFans bleibt mehr Geld bei den Akteur*innen über als es klassisch bisher war. Bei Magazinen oder Pornos sind noch andere Beteiligte dazwischen. So geht aber viel an den*die Creator*in selbst.“ Dieses innovative Geschäftsmodell ist wohl das, was OnlyFans für viele so attraktiv macht.
Selbstbestimmte Sexualisierung
Eine dieser Creator*innen ist Sarah Brachmann. Die Deutsche erstellt Inhalte für OnlyFans und gibt auf ihrem YouTube-Kanal Tipps zu OnlyFans. Jedoch ist dies nicht ihre einzige Einnahmequelle, wie sie erzählt: „Ich bin Psychologin und habe zuletzt forensische Sachverständigengutachten verfasst und Sexualstraftäter therapiert. Die emotionalen und psychischen Belastungen, die diese Tätigkeiten mit sich bringen, waren sehr hoch.“ Auch für sie erschien der Gedanke an schnelles Geld interessant. Allerdings sei der Gedanke naiv, wie sie selbst sagt, denn eine erfolgreiche Unternehmensgründung funktioniere in keinem Bereich über Nacht. Trotzdem wagte die 28-Jährige den Schritt: „Die Idee dahinter war ursprünglich, einen Weg zu finden mit der die dauerhafte Sexualisierung, die ich in meinem Leben erleben durfte, monetarisiert werden kann.“ Damit zielt sie auf die „generell, ständig stattfindende Sexualisierung von Frauen in der Gesellschaft“ ab. Anstatt sich über die Umstände zu ärgern, wollte sie das Problem eigenmächtig lösen. Mit ihrer Entscheidung ist Brachmann mehr als zufrieden: „Am meisten Spaß macht mir die persönliche Weiterentwicklung. Es ist eine unglaublich spannende Tätigkeit, bei der ich viele Menschen glücklich machen kann.“
Knochenjob
Um ihren Abonnent*innen qualitativ hochwertigen Content zu bieten, verbringt die 28-Jährige täglich rund vier bis sechs Stunden damit Inhalt für OnlyFans zu produzieren. Sie erklärt, dass die Arbeit intensiver sei als viele denken. So müssen auch die anderen Social-Media-Kanäle gepflegt sowie der Kontakt zu den Follower*innen gehalten werden. Fotos nimmt sie meist allein auf. „Für Videoaufnahmen gibt es immer eine*n Kamerahalter*in, da bewegte Aufnahmen deutlich ansprechender sind. Hier arbeite ich gerne mit anderen Creator*innen oder Darsteller*innen zusammen. So entwickeln wir uns weiter und unterstützen uns gegenseitig“, erklärt sie. Brachmann möchte ihren Abonnent*innen durch ihre Hingabe so einen Grund geben, sie auch im nächsten Monat wieder zu abonnieren. Denn nur das garantiert ihr ein regelmäßiges Einkommen.
Dafür bietet die Deutsche ihren Follower*innen auch so einiges, wie sie sagt: „Ich produziere meist sexuelle Fantasien in Form von Nachrichten, Sprachaufnahmen, Bild- und Videomaterial. Jede Erfahrung wird von mir individualisiert – bedeutet du bekommst nur den Content zu sehen, der zu deinen Neigungen und Wünschen passt.“
Nackt ist nicht gleich Kunst
Auch Konstantin Mikulitsch verdient sein Geld mit sinnlichen Bildern – nur ein bisschen anders. Der St. Pöltner fotografiert Menschen, hauptsächlich Portraits und Boudoir. „Der Begriff Boudoir-Fotografie ist nicht klar definiert. Es ist eigentlich alles, wo es darum geht den menschlichen Körper darzustellen. Das kann ich mit Gewand, das kann ich ohne Gewand. Boudoir kann auch Akt sein, muss es aber nicht“, erklärt er. Er erzählt, dass viele Menschen Schwierigkeiten mit dem eigenen Körper hätten. Durch eine Boudoir-Session kann er seinen Kund*innen zu mehr Selbstbewusstsein verhelfen. Mikulitsch sieht sich jedoch selbst nicht als Künstler. Für ihn ist die Fotografie ein Handwerk, dass jedoch in Richtung Kunst gehen kann, wenn man es beherrscht.
Das Stichwort Kunst führt nun unweigerlich zur Frage zurück, wie ästhetisch solche Bilder grundsätzlich, aber auch auf der Plattform OnlyFans, sind. Der Fotograf hat dazu eine klare Meinung: „Es ist nicht Kunst, nur weil jemand nackt auf einem Foto ist. Das Schwierige an Kunst und Kreativität ist, dass es subjektiv ist. Man kann mit nackten Körpern schöne Fotos machen. Aber nicht jedes Foto von einem nackten Körper ist auch schön.“ Inwiefern solche Fotos ästhetisch sind, ist also Ansichtssache. „Ich persönlich glaube, dass meine Arbeiten tatsächlich Kunst sind. Wenn ich es schaffe Menschen mit meiner Arbeit tief zu berühren, ohne sie jemals live gesehen zu haben, ist das für mich eine Kunst“, sagt Brachmann dazu.
Das Bedürfnis nach Nähe
Was jedoch OnlyFans als Plattform so erfolgreich macht, ist wohl nicht nur die Darstellung nackter oder leicht bekleideter Körper. Viel mehr spielt die zwischenmenschliche Beziehung, die zwischen dem*der Inhalteersteller*in und den Fans entsteht, eine große Rolle. „Ich kann natürlich ins Internet gehen und Nacktfotos suchen, aber auf OnlyFans finde ich Nacktfotos von einer bestimmten Person. Da ist man dann auch eher bereit Geld dafür zu bezahlen, um zu sehen, was auch immer er*sie dort macht“, schätzt Mikulitsch. Psychologin Brachmann erklärt das Bedürfnis aus fachlicher Perspektive: „Es ist der Wunsch nach persönlicher Bindung, es ist die Exklusivität und das Verbotene. Oft ist es auch das viel realere Leben einer Person, als es auf Social Media dargestellt wird. Am Ende ist es die persönliche Bindung, die den Hauptunterschied zu anderen Optionen im Internet darstellt.“
Kritische Stimmen
Auch wenn OnlyFans einige Vorteile mit sich bringt, darf man die Kehrseite der Medaille nicht außer Acht lassen. Besonders junge Frauen erhoffen sich von der Plattform das schnelle Geld, in dem sie sich für Fotos ausziehen. Über Folgen für das spätere Leben wird oft nicht nachgedacht. Doch auch Erwachsene sollten wachsam sein, denn niemand kontrolliert, ob die Creator*innen auch einhalten, was sie versprechen. Das Geschäft mit der Freizügigkeit bleibt also weiterhin riskant.