Mobiler Journalismus, also die Berichterstattung oder Produktion von Inhalten mit Hilfe von Smartphones oder Tablets, hat sich in den letzten Jahren zu einem interessanten Werkzeug entwickelt, mit dem bereits viele Redaktionen arbeiten. Jedoch besteht noch eine gewisse Skepsis. SUMO diskutierte darüber mit Marcus Bösch, deutscher Mobiljournalismus-Trainer und Mitgründer des Game Studios „The Good Evil“, und Ralf Hillebrand, Medienjournalist der „Salzburger Nachrichten“.
Weiterentwicklung des klassischen Journalismus
Der mobile Journalismus ist die Erweiterung der klassischen Berichterstattung, welche aus Recherche, Textproduktion, Ton-, Bild- oder Videogestaltung besteht. Durch das Aufkommen von Smartphone und Apps hat sich diese klassische Berichterstattung verändert und wurde zu einer Art der Nachrichtenproduktion und -wiedergabe, bei der es nicht mehr vonnöten ist, Unmengen an Equipment mitzunehmen und ein großes Wissen von Technik zu haben. Ralf Hillebrand sagt dazu: „Vor einigen Jahren hat es noch einiges an technischem Know-how gebraucht, um mobil arbeiten zu können, da die wenigsten Redaktionssysteme portabel bzw. flexibel ausgelegt waren. Und wenn die Redaktionssysteme so ausgelegt waren, brauchten die RedakteurInnen doch zumindest ein gewisses technisches Gespür, um diese vollends bedienen zu können. Um heutzutage mobil arbeiten zu können, reicht hingegen zumeist ein Smartphone.“ Da die technischen Entwicklungen in den letzten Jahren einen rasanten Sprung nach vorne gemacht haben, ist es mittlerweile möglich Videos und Beiträge von unterwegs aus zu gestalten, Livestreams zu senden und HD-Videos auszustrahlen und das nur mit mobilen Devices wie Smartphones oder Tablets. Da diese, so Marcus Bösch, „multifunktional einsetzbar und super für kleine, schnelle Formate sind.“
Somit sind JournalistInnen in der Lage, nicht nur Beiträge für Print-Produkte zu gestalten, sondern auch gleich für Online- und Fernsehformate, was dem mobilen Journalismus Multimedialität verleiht und deswegen gut in die heutigen Nutzungsmotive und -arten passt.
Vor- und Nachteile des mobilen Journalismus
Sein Einsatz hat den Vorteil, dass die Produktion um ein Vielfaches günstiger ist, als die herkömmliche Video-Produktion und diese in vielen Fällen auch schneller geht. Dieser Aspekt ist für Medienunternehmen heutzutage, welche oftmals einem großen Konkurrenzdruck unterstehen und finanziell schwere Zeiten durchmachen, von Vorteil, da Content schnell und billig zur Verfügung steht. Insbesondere wenn dies vor der besagten Konkurrenz geschieht. Zudem ist die Dynamik des mobilen Journalismus, die bei der Produktion von medialen Inhalten entsteht, sehr spannend. Denn durch Apps, neue Soft- und eventuell auch neue Hardware ist man in der Lage, eine Geschichte auf eine völlig neue Art und Weise zu erzählen. Jedoch hält sich noch die Ansicht, dass mobiler Journalismus Arbeitsplätze der JournalistInnen bedroht und diese potentiell überflüssig macht. Zu diesem Aspekt hat SUMO genauer bei Marcus Bösch und Ralf Hillebrand nachgefragt.
Ralf Hillebrand: „Mobiler Journalismus bedroht die Arbeitsplätze von RedakteurInnen nicht. Aber artverwandte Berufe könnten leiden, da man auf die Idee kommen könnte, sich einen Fotografen oder Kameramann zu sparen, da der/die Redakteur/in vor Ort ja selbst schnell ein Foto oder ein Video machen kann. Ich persönlich glaube aber, dass es auch in den kommenden Jahren immer noch Fachleute für die einzelnen journalistischen Aufgabengebiete brauchen wird.“
Marcus Bösch: „Bedroht sehe ich eher die Arbeitsplätze von Kameramännern und Kamerafrauen, von Menschen die sich ergänzend um Ton und den Schnitt gekümmert haben und das ja bei größeren Produktionen auch noch immer tun.“
Medienunternehmen werden gefordert sein, Änderungen zu modellieren sowie neue Rollenbilder zu gestalten, um weiterhin Relevanz am Markt zu besitzen.
„Schnelligkeit, Beweglichkeit, Unauffälligkeit“ (Bösch) – „flexibel, nahe bei den Menschen“ (Hillebrand)
Diese Änderungen in der Branche gehen Hand in Hand mit den Möglichkeiten, welche mobiler Journalismus bietet. Denn abgesehen von den wirtschaftlichen Faktoren wohnt ihm die Fähigkeit inne, dass er mit Hilfe eines kleinen oder größeren Gerätes gestaltet werden kann: Der/die Reporter/in ist schnell und beweglich und kann somit jeden Aspekt, der sich gerade abspielt, leicht aufnehmen. Hinzu kommt noch, dass man Smartphones und Tablets heutzutage vermutlich weniger beachtet als Fernsehkameras und Mikrofone, wodurch man Inhalte auch unauffälliger, gleichwohl seriöse mitschneiden kann. Und: Die Nähe zum Menschen ist ebenfalls von Vorteil bei der Berichterstattung, da man somit immer die aktuellsten Themen generieren kann, da man draußen in sozialen Feldern ist und erfahrene Geschehnisse schnell in mediale Beiträge verpacken kann.
Eine schnelllebige Welt erfordert zumindest betreffs Aktualität auch eine schnelle Berichterstattung, freilich ohne Fehler in der Recherche. Der mobile Journalismus ermöglicht es, flexibel zu agieren. Änderungen in der Branche sind dabei zu erwarten, etwa auch in puncto Professionalisierung. Doch er ist per se weder ein Durchbruch noch negativ für JournalistInnen, sondern eine Weiterentwicklung.
Von Jasmin Klozyk