Robotersportjournalismus

Roboterjournalismus | © Roland Stoll

Die Digitalisierung, Modernisierung und Weiterentwicklung von diversen Arbeitsvorgängen schreiten auch in medientechnischen Branchen, explizit im Journalismus, immer schneller voran. Roboterjournalismus in Form von automatisierter Textgenerierung, bis hin zu ersten Versuchen mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz, um vollständige Artikel zu generieren, stehen mittlerweile bei einigen Redaktionen an der Tagesordnung.

Während in Österreich die Entwicklung in punkto automatisierter Textgenerierung im Journalismus noch etwas stockender voranschreitet, ist Deutschland bereits mittendrin. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019, die der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) veröffentlichte, planen ca. 50 Prozent aller befragten Verlage, bis 2022 Roboterjournalismus bzw. Künstliche Intelligenz (KI) in ihren Redaktionen anzuwenden. Der freie Journalist Lorenz Matzat schrieb bereits 2017 davon, dass vor allem der Lokaljournalismus auf automatisierte Vorgehensweisen, oder respektive auf Algorithmen-basierte Verarbeitung, zugeschnitten wäre. Er spricht dabei von ortsbasierten Personalisierungen, die eine Riesenchance für viele Lokalzeitungen im digitalen Raum darstellen würden. Es gehe darum, personalisierte Berichte per Mail, via App oder über einen Sprachassistenten (z.B. Amazon Echo) zu übermitteln. Hier können sodann personalisierte, auf die jeweiligen Interessen des Publikums zugeschnittene Inhalte transportiert werden. Dabei sind Sportergebnisse der beliebtesten Sportarten, oder der favorisierten Fußballmannschaft nur der Anfang. Von der aktuellen Verkehrssituation auf täglich genutzten Strecken, bis hin zum Wetter in der direkten Umgebung und viele Informationen mehr sollte alles auf die Nutzerin bzw. den Nutzer personalisiert und maßgeschneidert sein.

Roboterjournalismus – Was ist das und wie funktioniert das überhaupt?

Roboterjournalismus bedeutet nichts anderes als die automatisierte Generierung von Texten, bzw. Textbausteinen, die für Journalistinnen und Journalisten sehr hilfreich und zeitsparend sein können. Katharina Schell, Mitglied der APA Chefredaktion und Verantwortliche für digitale Innovation, sagte in einem digitalen Event aus der Reihe APA Insight, dass der Begriff Roboterjournalismus eigentlich nicht wirklich zutreffe, da es nichts mit „Robotern“ zu tun habe. Es gehe um Maschinen und Algorithmen, die von Journalistinnen und Journalisten programmiert werden, also ist es eigentlich Datenjournalismus und nicht Roboterjournalismus. Um auf das Beispiel Sportberichterstattung Bezug zu nehmen funktioniert Fußball sinnbildlich. Hier ist der Ansatz der, dass eine Software die bestehenden Datensätze von beispielsweise Spielberichten analysiert und daraus neue Spielberichte für andere Spiele baut, oder zumindest Textteile anfertigt, die die Journalistin, der Journalist dann in ihre Berichte einbauen kann. Laut Katharina Schell seien die sogenannten „Roboterjournalisten“ zwar wesentlich besser und schneller darin, strukturierte Daten zu verarbeiten, allerdings müssen diese von Menschen vorbereitet werden.

Sammlung von Smart Home Devices zur Visualisierung von KI | © Roland Stoll 2020

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz dabei?

Kommt zum oben genannten Roboterjournalismus eine KI hinzu, geht die Entwicklung gleich in eine ganz andere Richtung. Hier geht es darum, dass sich solche KI-Systeme selbst, mittels maschineller Lernverfahren bestimmte Fähigkeiten aneignen können. Das System, das in Bezug auf vollautomatische Textgenerierung aktuell am interessantesten erscheint, ist die des künstlich neuronalen Netzes. Dabei soll die KI selbst die passenden Formulierungen für die passenden Texte erlernen und ohne Hilfe von Menschen ganze Artikel und Berichte verfassen. Diese Systeme finden zwar, noch, selten Anwendung, dennoch gibt es sie bereits, zum Beispiel beim Stuttgarter Unternehmen „AX Semantics“, das mit ihrer „AX NLG Cloud“ genau dieses System umsetzt.

Die Zukunft von automatisierten Systemen und KI im (Sport)Journalismus

Im Sportjournalismus ist einer der bekanntesten Anwender von Roboterjournalismus das Hamburger Regionalfußball-Portal „FussiFreunde Hamburg“, das für die Nachberichterstattungen seit 2015 Roboterjournalismus in Form eines Systems des deutschen Unternehmens „Retresco“ anwendet. Die Basis dafür ist „rtr textengine“, die aus den Ergebnissen eines Fußballspiels in nur wenigen Minuten einen Spielbericht anfertigt. Laut eigenen Meldungen der „FussiFreunde“ funktioniert die Anwendung des Systems erfolgreich und es gab nur positive Auswirkungen auf Reichweite und Leserbindung. Ein anderer großer Anwendungsbereich dieser Systeme wäre eben lt. Lorenz Matzat die Lokalberichterstattung, in der aber nach wie vor, wie er in einem Interview mit dem Magazin „drehscheibe“ am 02.09.2020 sagte, keine Entwicklung zu sehen sei. Matzat glaubt daneben, dass es möglich sein könnte, dass Internetgiganten wie z. B. Google, den Lokalzeitungen hier den Rang ablaufen könnten und personalisierte Informationen an Nutzerinnen und Nutzer weitergeben. So bekommt man beispielsweise, in Deutschland bereits jetzt, direkt in den Suchergebnissen die Corona-Infektionszahlen der eigenen Stadt angezeigt. In Österreich ist es die APA, die in Bezug auf automatisierte Contenterstellung eine Vorreiterrolle einnimmt. Aber auch hier sagt die Verantwortliche für digitale Innovation der APA, Katharina Schell, dass die journalistische Expertise von menschlichen Journalistinnen und Journalisten unersetzbar sei. „Es wird künftig an vielen Punkten journalistischer Arbeitsprozesse Automatisierungsstrategien geben, aber dass Maschinen die Journalistinnen und Journalisten ersetzen, sei nicht absehbar“, so Schell 2020.

 

Über den Autor

© Roland Stoll

Roland Stoll wurde am 14.12.1994 in Rottenmann, Steiermark geboren. Er studiert seit 2018 im Bachelorstudiengang Medienmanagement an der FH St. Pölten mit den Schwerpunkten Contentmanagement sowie Marketing & Sales. In seiner Freizeit dreht sich seit langem fast alles um Fußball. So spielte er in der Vergangenheit rund 12 Jahre aktiv und ist nebenberuflich im Social Media Team eines österreichischen Bundesligavereins tätig. Sein beruflicher Traum ist es, einmal die Medien- und Pressetechnischen Geschicke eines Fußballvereins zu leiten.

Kontaktaufnahmemöglichkeit per E-Mail: roland.stoll94@gmx.net