Transparenz der politischen Kommunikation in sozialen Netzwerken

Reddit: Nachzügler in Sachen politische Transparenz. | Copyright: Caroline Weiss

In Österreich steigen jährlich die Ausgaben der Parteien für Werbeschaltungen in den sozialen Medien. Während die politische Werbung in Fernsehen, Radio und Zeitung zahlreichen Gesetzen unterliegt, gibt es keine für den virtuellen Raum des Internets. Soziale Netzwerke müssen sich selbst regulieren und implementieren immer mehr solcher Richtlinien. Zuletzt war es die Plattform Reddit, die einen Schritt in Richtung Transparenz in der politischen Kommunikation machte.

Im April veröffentlichte Reddit einen Post, in dem das soziale Netzwerk aufgrund der anstehenden US-Präsidentschaftswahlen alle politischen Werbungen auf der Plattform offenzulegen bekannt machte. Damit reiht sich das Unternehmen zu den anderen sozialen Netzwerken, die schon zur Europawahl 2019 ihren Umgang mit politischer Kommunikation auf ihren Plattformen überdacht haben. Da die grundlegende Gesetzeslage nicht gegeben ist, setzt dabei jedes Unternehmen auf andere Lösungen.

Die Vorreiter: Facebook und Google

Als Erster führte Facebook (und damit auch bspw. Instagram) Anfang des Jahres 2019 kurz vor der Europawahl Transparenz-Richtlinien ein. Seitdem wuchs das Regelwerk auf eines der Größten an. Das Ziel ist es, Wahlbeeinflussung aus anderen Ländern zu unterbinden und mehr Transparenz zur Finanzierung, Botschaften und Zielsetzung zu schaffen. Bevor man politische Werbung schalten kann, muss man einen Verifizierungsprozess durchlaufen. Besteht man ihn, wird man nur im eigenen Land freigeschalten. Der Inhalt der eingereichten Werbung wird von Facebook überprüft und nach der Schaltung mit einem Disclaimer versehen.

Vergangene Werbeschaltungen können sieben Jahre lang in der eigens von Facebook eingerichteten Bibliothek eingesehen werden. Diese ist vollkommen von dem sozialen Netzwerk losgelöst und nur über die eigene URL aufrufbar. Dort findet man Informationen über die Organisation oder Person, welche die Werbung finanziert hat, das Werbebudget, die Zielgruppen und die erreichten Personen.

Google führte kurz nach Facebook einen Transparenzbericht für politische Werbung in Europa. Die Maßnahmen gleichen denen von Facebook, in dem ein Verifizierungsprozess durchlaufen werden muss. Auch Google führt eine durchsuchbare Anzeigenbibliothek in der die Anzeigenanzahl, die Gesamtausgaben, die Reichweite und die Laufzeit aufgelistet sind. Anfangs galten Googles Wahlwerberichtlinien für alle Anzeigen, in denen eine politische Partei, Kandidaten oder Amtsinhaber des Europäischen Parlaments erwähnt werden. Diese wurden seither nach und nach auf nationale Wahlen erweitert. Obwohl für Googles Tochterunternehmen YouTube die gleichen Richtlinien gelten, liegt die Verantwortung der Offenlegung der Finanzierungsquelle bei den Werbetreibenden selbst.

Zuletzt entschied sich auch Snapchat ein Archiv für politische Anzeigen einzuführen. Dieses steht jedoch im Gegensatz zu Facebooks und Googles Onlinebibliothek nur jährlich zum Download verfügbar. Somit können keine aktuellen Anzeigen eingesehen werden. Bis jetzt ist das Archiv nur für den US-amerikanischen Markt verfügbar. Ob es Pläne gibt dieses weltweit zu erweitern ist nicht bekannt.

Twitter: Verbieten statt managen

Twitter wählte anfangs denselben Weg und führte einen Verifizierungsprozess und eine Werbebibliothek ein. Doch schon Ende des Jahres 2019 beschloss das kalifornische Unternehmen den Kurs zu ändern. Sie verbannten jegliche politische Werbung von der Plattform und halten sich somit aus der Debatte.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg kritisierte die Entscheidung und betonte, allen eine Stimme auf seiner Plattform geben zu wollen. Vor allem für unbekannte Kandidaten und Gruppen seien die Anzeigen wichtig. Facebook steht jedoch selbst in Kritik, da immer wieder politische Werbungen ohne Prüfung zugelassen werden und selbst Anzeigen mit nachweislichen Lügen angezeigt werden. Auch das sogenannte Mikrotargeting ist strittig. Damit können Kampagnen auf eine bestimmte Gruppe an Facebook-Nutzern ausgerichtet werden. Google hat diese gezielte Wahlwerbung bereits eingeschränkt. Facebook verteidigt seine Entscheidungen damit, dass sie den Nutzer*innen die Kontrolle darüber geben, welche Werbungen sie sehen möchten. Weiters kritisieren sie die mangelnde Gesetzgebung für politische Werbung.

Der Nachzügler Reddit

Ein Jahr später kündigt nun auch die Plattform Reddit ihre Kampagne für Transparenz vor der US-Präsidentenwahl an. Auch sie setzen auf einen Katalog indem nachgelesen werden kann, wer, wann und wie viel für eine Werbung bezahlt hat. Reddit ist bisher das einzige soziale Netzwerk, das ihre Anzeigenbibliothek auf der Plattform integrieren konnte. Somit können die Nutzer*innen direkt darauf zugreifen, ohne die Webseite zu verlassen.

Gleichzeitig wurden die Richtlinien für politische Werbungen erneuert. Die Werbetreibenden werden verpflichtet mit Reddits Sales-Team zu kooperieren. Auch hier unterscheidet sich Reddit von den anderen sozialen Netzwerken. Durch die Zusammenarbeit kann die Plattform eine Überprüfung der Schaltungen garantieren. Zusätzlich muss die Kommentarfunktion unter der Werbung für mindestens 24 Stunden aktiviert bleiben. Die Werbetreibenden haben jedoch trotzdem die Möglichkeit, die Kommentare unter ihrer Anzeige zu verwalten und sie auch zu löschen.

Obwohl soziale Netzwerke schon seit Jahren zur politischen Kommunikation genutzt werden, ist die Debatte wie damit umgegangen werden sollte relativ neu. Es wird vermutlich noch dauern bis die Gesetzeslage dafür geschaffen werden kann. Reddit eröffnet neue Ideen, wie mit politischer Kommunikation auf sozialen Netzwerken umgegangen werden kann. Möglicherweise inspirieren diese Ideen auch neuere Netzwerke wie TikTok, die der politischen Kommunikation auf ihrer Plattform freien Lauf lassen.

Über die Autorin

Copyright: Caroline Weiss

Caroline Weiss studiert Medienmanagement an der Fachhochschule St. Pölten. Mit den Schwerpunkten Online, Marketing und Content Management sind Onlinemedien ihr größtes Interessengebiet.

Kontakt: caroline.weiss@gmx.at