Wenn MANN den Journalistinnen Chancen verwehrt

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Die Verhaltensgrundsätze für JournalistInnen sind eindeutig: Es darf niemand aufgrund seiner religiösen und ethnischen Werte, sowie seiner Angehörigkeit zu einer Rasse oder Minderheit diskriminiert werden. Dennoch ist Diskriminierung kein Fremdwort in der Medienbranche: Journalistinnen im Print- und Online-Sektor verdienen noch immer weniger als ihre männlichen Kollegen. SUMO sprach darüber mit einer Printjournalistin. 

„Journalistinnen sind jünger, besser ausgebildet, verdienen weniger und sind seltener in Leitungspositionen zu finden.“ Das ist ein Statement von Matthias Karmasin, Direktor deInstituts für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung an der Österreichischen Akademie der Wissenschaft (ÖAW) auf der ÖAW-Website (31.1.2020) zum jüngsten Journalismus-Report. Es deutet genau auf etwas hin, was in der Medienbranche Realität ist: die Unterscheide zwischen Männer und Frauen bezüglich des finanziellen Verdienstes.  

Der Gender-Pay-Gap ist ein Indikator für diese Ungleichheit. Hierbei wird der prozentuelle Unterschied zwischen dem Stundenverdienst zwischen Männern und Frauen errechnet. Insgesamt lag dieser Wert in Österreich 2018 bei 19,8%, was im Vergleich zum EU-Schnitt von 14,8% kein gutes Ergebnis ist. Auch das Bundeskanzleramt ist sich der Bedeutung dieser Zahl bewusst und schreibt auf ihrer Homepage, dass zwar eine sichtliche Verbesserung der Gender-Pay-Gap stattgefunden hat, Österreich dennoch zu den negativen Spitzenreitern in Sachen ungleiche Bezahlung in der EU zählen.  

JournalistInnen verdienen unterschiedlich  

Der österreichische „Journalismusreport 2019“ hat den Gender-Pay-Gap in der Medienbranche errechnet. Ein Journalist verdient durchschnittlich 4.177 Euro im Monat, wohingegen eine Journalistin im Schnitt 3.447 Euro verdient. Das sind ganze 730 Euro weniger und ein Unterschied von 17,5%. „Zwar ist der Gender-Pay-Gap im Journalismus viel geringer als in anderen Branchen, aber es gibt ihn“, so der Direktor des ÖAW-Instituts zum aktuellen Report. Die Größe dieses Prozentsatzes ist teilweise auf den Fakt zurückzuführen, dass Journalistinnen öfter in Teilzeitpositionen angestellt sind. Vollzeitjournalistinnen verdienen zwar nur 457 Euro weniger im Monat (10,6%), aber der Unterschied bleibt 

Obwohl der Faktor der geringeren Bezahlung als die größte Ungerechtigkeit erscheint, ist noch ein anderer Blickwinkel bezüglich der Behandlung von Männern und Frauen sehr wichtig, der vor allem im Bereich der Medien eine erhebliche Rolle spielt: die Beeinflussung der Aufstiegschancen auf der Karriereleiter aufgrund des Geschlechtes. Marie K. (Anm.: Name geändert) arbeitet schon seit Jahren bei einer österreichischen Boulevard-Zeitung als Printjournalistin und hat im Interview gegenüber SUMO die Fakten auf den Tisch gelegt. „Frauen werden wohl die Ungerechtigkeit, betreffend der Aufstiegschancen, in Zeiten ihres Berufslebens kaum aufholen können. Außerdem sind bei uns Redaktionsleitungen bzw. Chefredakteure ausschließlich männlich“, betont die Journalistin. Von den 14 Tageszeitungen in Österreich, die sowohl Print- als auch Online-Journalismus betreiben, hat nur der „Kurier“ eine weibliche Chefredakteurin. „Und findet sich zufällig eine Frau in einer höheren Position, sind dies eher sogenannte ,Quotenfrauen, was ihre Leistungen und Qualifikationen aber auf keinen Fall schmälert“, stellt K. fest. 

Die einzige Art und Weise, wie sich Frau gegen diese Ungerechtigkeit wehren kann, ist die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW). Diese ist eine öffentliche Einrichtung, die auf Basis des Gleichbehandlungsgesetzes alle vertritt, die sich in irgendeiner Form benachteiligt fühlen. Das Gesetz existiert seit 2004 und enthält unter anderem die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, wozu gleiche Bezahlung, gleiche Chancen und gleiche Verträge gehören. Nichtsdestotrotz ist das alles in der Praxis nicht gegeben. Marie K. bestätigt, sie habe noch immer weibliche Kolleginnen, die in derselben Position weniger verdienen als Männer und das sei scheinbar noch immer „branchenüblich“. Doch wieso klagen Journalistinnen mithilfe der Gleichbehandlungsanwaltschaft nicht ein, was ihnen zusteht? „Wenn du die anrufst, hast du wahrscheinlich einen Job gehabt…“, so Marie K.   

Das tut der Staat gegen den Gender-Pay-Gap  

Wie auf der Website des Bundeskanzleramtes zu lesen ist, ist sich auch die Regierung bewusst, dass gegen diese Ungerechtigkeit etwas unternommen werden muss. Bekämpft werden soll der Gender-Pay-Gap nicht etwa mit neuen Gesetzen für den Arbeitgeber, sondern mit Information. Initiativen, die Mädchen an technischen und wissenschaftlichen Berufen begeistern sollen, Möglichkeiten zur Erhöhung der Väterbeteiligung in der Familie und die Förderung von Frauen in wirtschaftlichen Führungs- und Entscheidungspositionen. Ein entscheidender Schritt, der gesetzt wurde, ist die Erhöhung der Einkommenstransparenz in Österreich. Dazu gehören die Angabe des Mindestentgeltes in Stelleninseraten und ein Einkommensbericht, der durch das Unternehmen erstellt wird. Diese Ansprüche gelten selbstverständlich auch für Medienunternehmen.  

Die Ausnahme: Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk  

Obwohl sich der ORF nicht auf Print und Online beschränkt, spielt er auch hier eine große Rolle. Zwar sind alle neun Landesstudio-Chefredakteure Männer und an der Frauenquote in den Führungspositionen könnten sie auch noch arbeiten, trotzdem liegt der Gender-Pay-Gap beim ORF nur bei 12,1%. Auch hier ist der Weg zur kompletten Gleichstellung noch lang. Seit 2010 ist im ORF-Gesetz eine Frauenquote von 45% in Führungspositionen verankert. Eine derzeitige Zahl von 26% Frauen in hohen Führungspositionen lässt noch Luft nach oben.  

Die jährliche Hommage an den Gender-Pay-Gap

25.Februar 2020: Hätten Frauen den gleichen Stundenlohn wie Männer, aber ihren aktuellen Verdienst, hätten sie bis zu diesem Tag des Jahres 2020 gratis gearbeitet. Der Equal-Pay-Day findet jedes Jahr statt und soll veranschaulichen und greifbar machen, wie benachteiligt Frauen gegenüber Männern werden. Und sich vorzustellen, dass eine Journalistin an ihrem Schreibtisch sitzt am Equal-Pay-Day, einen Artikel darüber verfasst und genau weiß, erst ab diesem Zeitpunkt verdient sie Geld.  

Frauen verdienen weniger als Männer in der gleichen Position. Das ist ein Fakt. Doch dass manche Frauen nicht einmal die Chance haben, in einer Führungsposition schlechter zu verdienen, weil sie diese nie erreichen, ist umso trauriger. Dies ist auch der Fall in einer Branche, die die Gleichbehandlung in ihren Kodex aufgenommen hat. Die Zahlen zeigen, dass die Medienbranche den Gender-Pay-Gap nicht annähernd geschlossen hat, obwohl es genau die Medienhäuser sind, die über diese Ungerechtigkeit berichten und diese verpönen.  

von Sophie Pratschner