Ein Schuss – Ein Tor – Ein Imagewechsel!

Zunehmend dienen die Attribute Freude, Gemeinschaft und Zusammenhalt in der Welt des Sports nicht nur zur Vereinigung von Sportfans. Sport findet zunehmend seinen Nutzen in der Imagepolitik von menschenverachtenden Systemen und Ländern.

von LENNART KASAMAS & NICO ANDRASCHKO

Die vergangenen Jahre hat der Begriff Sportswashing einen immer größeren Stellenwert in der Welt des Sports erlangt. Sport hat eine enorme Strahlkraft und fasziniert Menschen Tag für Tag. Länder, Unternehmen, oder Organisationen sehen in dieser Strahlkraft eine Möglichkeit, das eigene Image zu verbessern. Die Kernidee hinter dieser Strategie ist es, von negativen Aspekten oder umstrittenen Handlungen abzulenken, indem man die Aufmerksamkeit auf etwas Positives lenkt. Hierfür ist das Organisieren und Ausrichten von zelebrierten und heiß erwarteten sportlichen Großereignissen, wie der Handball- und Fußball- WM in Katar, oder dem F1 Grand Prix in Bahrain, welche mit großer internationaler Medienaufmerksamkeit verfolgt werden, geeignet. Sportwashing kann jedoch auch durch Sponsoring von Sportteams und -veranstaltungen erfolgen. Doch es wäre ein Trugschluss Sportswashing auf diese Ereignisse und Sportarten zu reduzieren. Die Hintergründe dieser Imagepolitik gehen weit über den Sport hinaus.

Der Big Player im Sportswashing, Katar

Das flächenmäßig kleine Land Katar pflegt zu seinen Nachbarländern ein angespanntes Verhältnis. Katar betreibt hierbei Sportswashing, sprich Investitionen in den Sport, als eine neue Form der Soft-Power-Strategie. Diese sieht vor, mit einem Netz außenpolitscher Partner den politischen Einfluss Katars regional und international zu sichern und Unterstützung, Sicherheit und Status in der internationalen Gemeinschaft zu erhalten. Ziel des Emirats ist, sich vor größeren politischen Auseinandersetzungen in der Golfregion zu schützen. Darüber hinaus kann so das Fortbestehen und die Weiterentwicklung des Landes gewährleistet werden. Die Fußball WM 2022 stellt einen zentralen Baustein für dieses Vorhaben dar. Doch der Weg zur WM wurde von Wahlmanipulations- und Korruptionsfällen, sowie von Berichten über Menschenrechtsverletzungen begleitet, unter welchen die lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen und Tode zahlreicher Gastarbeiter*innen im Land zuzuzählen sind. Katar zielte darauf ab mit PR und Investitionen rund um den Sport die Aufmerksamkeit von diesen Menschenrechtsverletzungen wegzulenken.

 Gastarbeiter*innen bauen den WM-Pokal

Bing Image Creator (2024). Mit KI erstelltes Bild: Gastarbeiter*innen bauen den WM-Pokal. https://www.bing.com/images/create?toWww=1&redig=0278F62DA1B64EBCAE04B3ADDE40C913, 18.01.2024

Wie in der Doku-Serie „Katar – WM der Schande“ von Abdullah Ibhais, ehemaliger Kommunikationsdirektor des WM-Organisationskomitee beschrieben, nutzte das Organisationskomitee zum Schutz Katars und der WM eine PR-Strategie, die mit unzählig vielen positiven Stories rund um die WM und den Sport ein positives Image präsentieren sollte, das, laut Ibhais, von sämtlichen diskreditierenden Fakten losgelöst war. Um die Akzeptanz und Zuneigung der Fans zu erhalten investierte Katar durch die Fluggesellschaften Qatar Airways als Sponsor in große Fußballvereine, wie FC Bayern München oder FC Barcelona. Während die erhoffte Akzeptanz der Fans gemischt ausfiel, verhalfen genannte Investitionen Katar seinen Bekanntheitsgrad in der Welt und der Fußballgemeinschaft zu erhöhen, wodurch neue Wirtschaftszweige und -beziehungen entstehen. Katar nutzt so die Bühne des Sports um sich als souveräner Staat und Partner zu präsentieren. Solange die Partnerschaften halten und den gewünschten Erfolg bringen, sind die menschenverachtenden Praktiken des Landes kein akutes Problem für das Emirat. 

Luxuriöses Stadion in einem armen Dorf

Bing Image Creator (2024). Mit KI erstelltes Bild: Luxuriöses Stadion in einem armen Dorf   https://www.bing.com/images/create?toWww=1&redig=0278F62DA1B64EBCAE04B3ADDE40C913, 18.01.2024

Medienvielfalt und kritische Berichterstattung 

Eine Medienanalyse von Cision zeigt, dass vor und während der Weltmeisterschaft in Katar zu beobachten war, wie sich die Berichterstattung und Haltung gegenüber dem Turnier in der globalen Presse unterschied. In Deutschland veröffentlichten viele Medienhäuser ein Statement, indem sie eine klare Position bezogen und sich deutlich gegen die WM in Katar aussprachen. Sie sahen es als ihren Auftrag kritisch hinter die Kulissen zu schauen und auch Themen abseits des Fußballs zu beleuchten. Die Analyse von Cision zeigt jedoch, dass nicht in jedem Teil der Welt die Berichte über Katar skeptisch ausfielen. Der Analyse zufolge wurde hauptsächlich in Europa, USA und Australien Kritik geäußert, was durch eine generell stark ausgeprägte und vielfältige Medienlandschaft zu erklären ist. In Ländern des Nahen Ostens und Nordafrika lag der Fokus der Berichterstattung eher bei den Spielen und den Ergebnissen an sich. Laut der Analyse wird hier eher weniger Kritik geäußert. Durch ein höheres Angebot an kritischen Berichten in medienstarken Ländern, schwindet der Erfolg des Sportswashing und kann sogar den gegenteiligen Effekt, sprich globale Abneigung und Missbilligung zur Folge haben. Durch die Aufklärung der Bevölkerung über die Missstände in Katar, was das angestrebte Sportswashing in einigen Teilen der Welt, wie in unter anderem Deutschland unwirksam.

Sportswashing geht über den Sport hinaus und hat oft politische und soziale Hintergründe. Die gewonnene Aufmerksamkeit durch Investitionen in den Sport, wie im Falle Katar, dienen als Absicherung im internationalen politischen Geschehen. Menschenrechtsverletzende Praktiken werden hierfür bereitwillig hingenommen und mit einem Schleier der positiven PR verdeckt. Kritische Berichterstattung und eine vielfältige Medienlandschaft spielen eine entscheidende Rolle, um diese Missstände aufzudecken und machen Sportswashing in einigen Regionen unwirksamer. Eine kritische Berichterstattung und öffentliche Sensibilisierung sind entscheidend, um Sport als Werkzeug für die Verschleierung von Missständen zu durchbrechen.

Über die Autoren

Copyright: SUMO Magazin

Lennart Kasamas ist 23 Jahre alt und studiert im 5. Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Im Rahmen des Studiums konnte er erste journalistische Erfahrungen sammeln. Unteranderem durch die Mitarbeit am Fachmagazin SUMO.

IG: lennnyo_o

Copyright: Nikolas Rode

Nico Andraschko ist 21 Jahre alt und studiert ebenfalls im 5. Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Durch das Fachmagazin SUMO konnte er bereits das zweite Mal Erfahrungen im Journalismus sammeln.

IG: Nico_2707