Finanzmedien sind entscheidend in einer Welt, in der Wissen Macht bedeutet. Doch wie finanzieren sich Publikationen über Märkte und Börsen? Interviews mit dem Geschäftsführer Simon Weiler von e-fundresearch.com und dem Geschäftsführer Christian Drastil von Börse Social Magazine bieten Einblicke: Zwischen Paywalls und Kooperationen suchen digitale Anbieter*innen neue Wege, Leser*innen zu binden. Wer informiert, muss innovieren – denn Vertrauen ist die wichtigste Währung in der Medienwelt.
von OLIVER BACHER
Früher suchten Anleger*innen Informationen über Geldanlagen und Börsenentwicklungen vor allem bei Banken, die zugleich Gatekeeper der verfügbaren Daten waren. Mit der Digitalisierung änderte sich dies grundlegend: Echtzeit-Daten und Börsenkurse wurden online zugänglich, Blogs und spezialisierte Webseiten richteten sich zunehmend auch an Hobbyanleger*innen und Einsteiger*innen. Heute prägen digitale Formate wie Podcasts und YouTube-Kanäle die Szene, in denen Finanzinfluencer*innen komplexe Themen oft kostenlos verständlich vermitteln. Während traditionelle Medien mit Paywalls und exklusiven Inhalten um Monetarisierung kämpfen, hat die Demokratisierung des Finanzwissens den Wettbewerb um Glaubwürdigkeit verschärft. Wie sich Finanzmedien in diesem Spannungsfeld finanzieren, zeigen Einblicke in die Geschäftsmodelle eines Onlinemediums und eines Printformats.
Digitale Spezialisierung und nachhaltige Einnahmequellen: Das Geschäftsmodell von e-fundresearch.com
e-fundresearch.com ist ein spezialisiertes Online-Newsportal, das sich an professionelle Investoren*innen und Fondsexperten*innen richtet. „e-fundresearch.com ist die zentrale Anlaufstelle für Fondsinformationen in der DACH-Region“, erklärt Geschäftsführer Simon Weiler. „Unsere Online-Redaktion, die Website und der regelmäßige Newsletter machen den Großteil unseres Umsatzes aus“, betont Weiler und unterstreicht die Bedeutung der digitalen Ausrichtung des Portals. Ergänzend zu den Online-Inhalten organisiert e-fundresearch.com auch physische Events und Konferenzen, die das digitale Angebot unterstützen und vernetzen. e-fundresearch.com generiert seine Umsätze im Online-Bereich vor allem über drei zentrale Einnahmequellen. „Unsere bedeutendste Einnahmequelle sind langfristige Partnerschaften im Bereich Werbe- und Content-Marketing“, erläutert Simon Weiler. „Viele unserer Kunden*innen nutzen unser Portal regelmäßig, um Pressemitteilungen und Expertisen zu veröffentlichen.“ Diese Kooperationen seien oft über Jahre hinweg angelegt und böten dadurch eine stabile Grundlage für das Unternehmen. Neben diesen festen Partnerschaften gebe es auch die Möglichkeit, Einzelbuchungen vorzunehmen. „Einzelne Kunden*innen setzen gezielt auf uns, um beispielsweise bei einem Markteintritt größere Reichweite zu erzielen. Diese Einnahmen sind allerdings weniger planbar“, so Weiler. Als dritte Säule nennt er klassische Werbe-Banner: „Diese Form der Werbung mag ‚Oldschool‘ wirken, aber in unserer spezialisierten Finanzbranche funktioniert sie immer noch sehr gut.“ Dennoch sieht sich e-fundresearch.com mit erheblichen Herausforderungen im Wettbewerb um Werbebudgets konfrontiert: Neben direkten Konkurrenten*innen nimmt auch der Druck durch globale Online-Plattformen wie Google zu, da Unternehmen oft Budgets lieber direkt in AdWords-Kampagnen investieren. Um hier zu bestehen, muss e-fundresearch.com kontinuierlich seine Relevanz und Flexibilität in der Content-Gestaltung betonen, um Werbepartner*innen langfristig an sich zu binden.
Zwischen Tradition und Innovation: Das Geschäftsmodell des Börse Social Magazine
Börse Social Magazine wurde von Christian Drastil gegründet und versteht sich als eine Art Nachfolger des ehemaligen Wirtschaftsblattes, welches 2016 eingestellt wurde. Nach Jahren im Geschäft entschied Drastil 2017, mit einem monatlich erscheinenden Printmagazin den Platz für Finanz- und Börsenthemen im Printsektor neu zu besetzen. Die Digitalisierung ermöglicht es ihm und seinem kleinen Team, die Prozesse effizient zu gestalten und das Magazin, ohne die großen Ressourcen einer Tageszeitung, zu produzieren. Anstatt einer täglichen Erscheinungsweise setzt das Börse Social Magazine bewusst auf ein Monatsformat. Dieses Geschäftsmodell passt sich den veränderten Marktbedingungen und den begrenzten Ressourcen im Printbereich an und zeigt, dass spezialisierte Finanzthemen auch heute noch erfolgreich im Printformat vertreten sein können. „Unser Magazin wird hauptsächlich durch Inserate finanziert, die wir von Akteuren*innen des österreichischen Kapitalmarkts erhalten“, erklärt Christian Drastil, Gründer des Börse Social Magazine. „Börsennotierte Unternehmen, Broker*innen und Banken zählen zu unseren wichtigsten Partnern. Sie haben uns bereits beim Start unterstützt und damit die finanzielle Grundlage für die ersten zwölf Ausgaben geschaffen.“ Zusätzlich bieten die Inhalte des Magazins einen Mehrwert: „Mit den originalen Handelsstatistiken der Wiener Börse schaffen wir eine Relevanz, die unsere Leserschaft besonders schätzt.“ Neben den Werbeeinnahmen spielten auch Abonnements eine wichtige Rolle. „Unsere Abonnent*innen trugen im Printformat ebenfalls zur Finanzierung bei und waren ein zentraler Bestandteil unseres Geschäftsmodells“, so Drastil weiter. Seit 2023 erscheint das Magazin überwiegend als PDF, wird jedoch für besondere Anlässe noch ein bis zwei Mal jährlich gedruckt.
Das Börse Social Magazine steht vor einer typischen Herausforderung im Printgeschäft: eine sinkende Abonnent*innenzahl und das schwindende Interesse an rein österreichischen Börsenthemen, besonders bei jüngeren Generationen. „Die Altersstruktur unserer Printleserschaft hat sich stark verändert“, erklärt Christian Drastil. „Viele Leser*innen wenden sich zunehmend anderen Anlagemöglichkeiten wie internationalen Tech-Aktien oder Kryptowährungen zu. Dadurch erzielt unser Print-Format heute nur noch eine begrenzte Reichweite.“ Dennoch sieht Drastil im Printmedium eine wichtige Rolle: „Für mich ist Print inzwischen ein ‚Zeitzeugenprodukt‘, das die Entwicklung des österreichischen Kapitalmarkts dokumentiert.“ Die Zukunft des Börse Social Magazine bewertet er optimistisch, vor allem durch die Kombination aus gedruckter Anmutung und digitaler Flexibilität. „Wir drucken heute nicht mehr monatlich 100 Seiten, sondern erstellen Printausgaben gezielt für besondere Anlässe, wie etwa den Zertifikate-Award. Diese Ausgaben haben dann eher den Charakter eines Sammelstücks für die Branche“, erläutert Drastil. Der digitale Markt bietet dabei den Vorteil, das hochwertige Layout des Magazins beizubehalten, ohne die Druckkosten tragen zu müssen. Die digitale Ausgabe ermöglicht zudem eine breitere Zielgruppenansprache, da Inhalte einfach geteilt und auf sozialen Medien verwendet werden können. Besonders die ansprechende Gestaltung wird für Screenshots genutzt und über Plattformen wie LinkedIn, eine Business Social Media Seite, verbreitet, was dem Magazin weiterhin eine starke Präsenz verleiht und den Bedarf nach einem schönen Print-Layout, das auch digital genossen wird, widerspiegelt. „Das Börse Social Magazine war früher unser Hauptprodukt, um das sich alles drehte. Auch heute ist es für Sonderanlässe aus unserem Produktangebot nicht wegzudenken, eine neue Ära der Medienproduktion hat aber vor allem unsere Podcasts und den Börsenbrief nach vorne gespielt“, sagt Christian Drastil am Ende des Interviews. Insgesamt zeigt sich: Die Zukunft von Onlinemedien hängt von ihrer Anpassungsfähigkeit und Innovationskraft ab, während Printprodukte ihre physische Präsenz und Exklusivität gezielt einsetzen müssen, um sich in einem zunehmend digitalen Markt zu behaupten. Der Wettbewerb zwischen den Modellen unterstreicht die Herausforderungen, aber auch die Potenziale, die sowohl in der digitalen als auch in der analogen Welt liegen. Gleichzeitig zeigt die Vielfalt der Finanzmedien, wie wertvoll der Zugang zu fundierten Informationen in einer komplexen Welt ist. Doch hochwertige Berichterstattung hat ihren Preis. Es liegt an uns, vertrauenswürdige Publikationen zu fördern und jene Medien zu unterstützen, die mit Transparenz und Qualität Orientierung bieten – egal, ob digital oder auf Papier.

