GIS Pfui, Pay TV/Streaming Hui?!

Multimedia streaming concept. Hand holding remote control. Video on demand
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Pay TV und Streaming erfreuen sich immer größer werdender Beliebtheit, aber auch die Haushalte der GIS-Gebührenzahler ließen einen Anstieg vermerken – wenn gleich die Gebühr stets zur Debatte steht.

SUMO sprach darüber mit Konrad Mitschka, Verantwortlicher des Public Value-Berichts des ORF, sowie Thomas Höffinger, Geschäftsführer der NOGIS Handels GmbH, und führte eine kleine Umfrage zum Medienbudget von RezipientInnen durch.

Von 2001 bis Ende 2019 stieg die Anzahl der GebührenzahlerInnen der GIS von 2,66 Millionen auf 3,66 Millionen, 296.000 Haushalte sind (Stand: Dezember 2019) von den Gebühren befreit. Etwa zwei Drittel der Gebühren fließen als Programmentgelt an den ORF. Das Programmentgelt entspricht einer Höhe von 17,21 Euro im Monat plus 10% UST, welche in allen neun Bundesländern gleich ist. Sieben von den neun Bundesländern heben allerdings noch eine zusätzliche Landesabgabe ein, die überall einen unterschiedlichen Betrag ausweist. Die GebührenzahlerInnen erhalten dafür ein vielfältiges Angebot: die vier Fernsehkanäle ORF 1, ORF 2, ORF III, ORF SPORT+, drei österreichweite Radiosender: Ö3, Ö1, FM4; neun Landesstudios mit eigenen Beiträgen für TV, neun Regional-Radiosender aus den Bundesländern; Beteiligung an den Fernsehkanälen „3sat“ und ARTE; ORF-TELETEXT , ORF.at, ORF-TVthek.

Doch die GIS hebt nicht nur das Programmentgelt für den ORF ein, sondern auch die Radio- und Fernsehgebühren sowie den Kunstförderungsbeitrag, die direkt an den Bund fließen. Laut Mitschka zahle man mit seinen Gebühren für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Dieser bringe einer Gesellschaft viel, so belegen das mehrere Studien, unter anderem stärke das die Demokratie. Er ist ebenfalls davon überzeugt, dass eine Gemeinschaft gut daran täte, öffentlich-rechtliche Medien zu stärken und zu schützen, weil sie zum Beispiel auch in Krisenzeiten stark nachgefragt seien und man nur nachhaltig vielfältigen Aufgaben und Programmaufträgen gerecht werden könne.

Wer muss zahlen?

Jeder Haushalt, in dem sich ein Rundfunkgerät befindet muss laut dem ORF-Gesetz eine Gebühr entrichten. Zu den Rundfunkgeräten zählen Fernsehgeräte, Kabel-TV und Satelliten-TV, außerdem Computer und Tablets mit DVB-T-Stick, TV-Karte oder Radio-Karte. Radiogeräte und sonstige Geräte mit UKW-Empfang sind ebenfalls gebührenpflichtig. Die Verbreitung über das Internet ist seit Juli 2015 laut Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs nicht als Rundfunk zu deklarieren. Laut Mitschka brauchen wir ein Medium in unserer Gesellschaft, das so aufgestellt ist, dass es alle erreiche. Für ihn ist ebenso der Gedanke wichtig, dass alle MitgliederInnen dieser Gesellschaft dieses Medium finanzieren. Seiner Meinung nach müssten wir verhindern, dass manche Inhalte sozial exklusiv sind oder in Zukunft werden. „Ich möchte lieber in einem Land leben, in dem auch arme Leute Spitzensport rezipieren können und nicht davon abhängig sind, ob sie sich Pay-TV oder ein sonstiges Streamingangebot leisten können“, so Mitschka. Ein gemeinsam finanziertes Unternehmen, das alle erreiche, für alle relevant sei und über alle relevanten Medienkanäle ausspiele, indem alle ihren Beitrag leisten, den sie auch leisten können, sei das Ziel. Wenn jemand nicht über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt, wird das bei den Rundfunkgebühren berücksichtigt, während bei Streaming-Angeboten die Preise für alle gleich sind, unabhängig von sozialer Bedürftigkeit. Konkret: Wenn jemand alleine lebt und weniger als 1083,– € Haushalts-Nettoeinkommen hat, muss er bzw. sie laut GIS-Website kein ORF-Teilnahmeentgelt zahlen.

Pay-TV vs. Streaming

Oft verwenden wir die Worte „Pay-TV“ und „Streaming“ als Synonym. Fakt ist aber, dass Streaming eine Form von Pay-TV ist und Pay-TV etwas komplexer in seiner Systematisierung ist. Hierbei unterscheidet man zwischen drei Kategorien. Zum einen haben wir Entgeltfinanzierung von Programmanbietern ohne eigene Netzinfrastruktur, hierein fällt das klassische Pay-TV sowie der Anbieter Sky. Als nächstes gibt es Entgeltfinanzierung von Programmprovidern ohne eigene Netzinfrastruktur, sogenannte software-getriebene Video on Demand-Plattformen, wie „Netflix“ oder „Amazon Prime“. Und als letztes haben wir Entgeltfinanzierung von Programmprovidern mit eigener Netzinfrastruktur, die hardware-getrieben sind, Beispiele hierfür sind SimpliTV, A1-TV und Magenta.

GIS umgehen?

Eine Möglichkeit die GIS-Gebühren zu umgehen, ist unter anderem das Streamen auf Bildschirmen ohne Tuner und ohne Antennen. Das war unter anderem der Beweggrund für die Gründung der Firma NOGIS Handels GmbH, die genau solche Geräte herstellt. „Die Geräte kommen sehr gut bei den RezipientInnen an“, so Thomas Höffinger. „Und diese sind sehr durchgemischt.“ Unter anderem befänden sich unter den NutzerInnen der NOGIS-Geräte laut Höffinger Menschen, die sich einfach die GIS sparen wollen, weil sie ihnen zu teuer sei, weil sie ORF einfach nicht nutzen oder sie aus Prinzip die GIS nicht bezahlen wollen.

Die Zukunft liegt in jungen Händen

Die Zahl der StreamerInnen stieg von 2016 bis 2020 laut der Bewegtbildstudie der RTR und Arbeitsgemeinschaft Teletest um rund 11%. Bei der Altersgruppe zwischen 14 und 29 Jahren betrug der Anstieg sogar plus 27,4%, wobei sich deren Nutzung von linearem Fernsehen sogar halbiert hat. SUMO führte hierzu eine kleine anonyme – nicht repräsentative – Umfrage zum Budget der MediennutzerInnen durch. Hierbei waren sich aber nur vier der zehn Befragten einig: GIS würde ich freiwillig nicht bezahlen. Die 21-jährige Angestellte Katharina R. nutzt „HDAustria“, „Netflix“ und ist ebenso im Besitz eines „Amazon Prime“-Accounts. Diese Plattformen böten ihr eine große Vielfalt an Filmen und Serien und enthielten keine Werbeunterbrechungen. Bei den Angeboten des ORFs hingegen finde sie kaum Inhalt, der ihren Vorlieben entspricht und deswegen auch nicht nutzt. Ihrer Meinung nach sei da für ihr Alter einfach nichts dabei und sie würde nicht freiwillig für die GIS-Gebühr aufkommen wollen. Von den insgesamt zehn Befragten in der Alterspanne von 20 bis 65 Jahren sind vier Personen bereit, zwischen 15 und 20 Euro an Medienbudget auszugeben und bei den restlichen sechs befragten liegt dieses zwischen 25 und 50 €. Mitschka ist aber davon überzeugt, dass vor allem die Jugendlichen sehr wohl wissen, was gut für sie sei, und meint, dass es von der Fragestellung abhänge. Wenn man Menschen frage, ob sie für etwas zahlen wollen, komme selten ein „Ja“ heraus. Jugendliche wollen zum Beispiel nicht für umweltgerechte Produkte, ein Bankkonto oder Spiele zahlen. Exemplarisch gegenteilig sei die Abstimmung zur Abschaffung der Rundfunkgebühren in der Schweiz verlaufen, bei der vor allem die jungen Menschen überproportional gegen eine Abschaffung waren. Er setzt Vertrauen in die Jugend, da sie wüsste, dass es gut sei, ein Medium zu haben, das unabhängig sei, vertrauenswürdige Nachrichten liefere und den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfülle. Es wird sich erweisen, ob der damit recht hat.

Von Julia Gstettner

Infobox

Die GIS steht für Gebühren Info Service GmbH und ist das Bindeglied zwischen GebührenzahlerInnen auf der einen Seite und ORF, Bund und Ländern auf der anderen Seite. Die GIS ist für das Einheben und Weiterleiten von Gebühren sowie Abgaben zuständig, als auch mit der Abwicklung von Gebührenbefreiung.

Konrad Mitschka © ORF Hans Leitner                            Thomas Höffinger © Martin Bäck         agoradesign.at