Informationsfreiheit: ein Fluch für die Einen, ein Segen für die Anderen

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Informationsfreiheit. Für Journalistinnen und Journalisten nicht wegzudenken, um die Kontrollaufgabe gegenüber Politik und Verwaltung auszuüben. Für die staatlichen Behörden bedeutsam und zugleich unwillkommen. Beide Bereiche haben dasselbe Ziel – den Schutz und die Wahrung der Demokratie. SUMO hat dazu Dr.in Daniela Kraus, Generalsekretärin des Presseclubs Concordia, interviewt und mehrere österreichische Behörden um Stellungnahme gebeten. 

„Ruhe auf den billigen Plätzen“ könnte man von hier oben runterrufen. Die erste Podiumsdiskussion des 21. Journalinnenkongress beginnt in wenigen Minuten und die meisten Gäste sind noch in Gesprächen vertieft oder studieren das Programmheft. Auf der erhöhten Zuschauertribüne warten alle schon gespannt den Beginn ab. Nun macht sich eine hellgrüne Weste tragende Daniela Kraus, Leiterin der Podiumsdiskussion „Nix ist fix“, auf den Weg zur Bühne. Mit dem Arbeitsschwerpunkt auf Veränderung des Journalismus’ durch technologische und gesellschaftliche Innovation und als Generalsekretärin des Presseclub Concordia wird sie immer wieder mit der Relevanz und Gewährleistung von unabhängigem Journalismus konfrontiert. Seit Jänner 2019 arbeitet Daniela Kraus in den Büroräumen des Presseclubs Concordia in der Nähe des Wiener Burgtheaters. Der gemeinnützige Verein setzt sich für die Umsetzung von unabhängigem Journalismus in Österreich ein. 

Informationsfreiheit – was ist das? 

„Es geht um den Zugang für JournalistInnen aber auch für BürgerInnen zu allen Dokumenten der Verwaltung und der Politik ohne große Hürden“, definiert Daniela Kraus den Begriff Informationsfreiheit beim persönlichen Interview in ihrem Büro im 1. Wiener Gemeindebezirk. „Es geht einfach um Transparenz.“ Doch diese Veröffentlichung von Dokumenten und Informationen ist nicht selbstverständlich. Während in vielen europäischen Ländern Informationsfreiheit gesetzlich vorgegeben ist, herrscht in Österreich das Amtsgeheimnis und infolgedessen ist die Informationsfreiheit nicht garantiert. Behörden ist es gesetzlich erlaubt, die Herausgabe von Informationen und Dokumente unter Berufung auf die dienstliche Schweigepflicht zu verweigern. „Es geht nicht um einzelne BürgerInnen, sondern, dass Staat, Verwaltung und die Politik transparent sind“, betont die Generalsekretärin. Doch für die Behörden wäre ein Informationsfreiheitsgesetz mehr Fluch als Segen, immerhin müssten dienstliche Daten und Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden – gut, dass dieses also noch nicht im Gesetz verankert ist, könnte man sarkastisch meinen. Trotzdem, so Barbara Tuma von der Pressestelle des Bundesministerium Inneres, habe die Informationsfreiheit für die Dienststellen des Verfassungsschutzes denselben hohen Stellenwert wie für das Bundesministerium für Inneres. 

Österreich vs. der Rest der Welt 

Wer in Österreich lebt, dem geht es gut. Es ist ein Gesundheits-system vorhanden, welches die Bevölkerung unterstützt, statt in Schulden zu stürzen und auch die Bereiche Bildung sowie Forschung werden kontinuierlich verbessert und den hohen Standards angepasst. Die Hauptstadt Wien wurde außerdem wiederholt zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt. Und doch liegt Österreich in einem wichtigen Bereich weit zurück. Laut „The Right to Information Rating“, ein Programm von Access Info Europe (AIE) und Centre for Law and Democracy (CLD), das Stärken und Schwächen von Rechtsrahmen aufzeigt, hat Österreich beinahe die schwächsten gesetzlichen Vorgaben für den Zugang zu staatlicher Information. Von den auf der Website gerankten 128 Ländern nimmt das kleine, in Mitteleuropa liegende Österreich in der internationalen Bewertung der nationalen Rechtslage zum Informationsrecht den vorletzten Platz mit der Nummer 127 ein. 

Die Einführung eines Grundrechts auf Informationszugang und die Abschaffung des Amtsgeheimnisses wird in Österreich seit 2013 vermehrt thematisiert. Insbesondere die Bürgerrechtsorganisation „Forum Informationsfreiheit“ entfacht diesbezüglich viele Diskussionen und forderte mittels einer Petition ein Transparenzgesetz, das dem in Hamburg geltenden Recht gleiche. „Dort hat man eine spezielle Ansprechstelle, welche innerhalb einer bestimmten Zeit auf Anfragen antworten muss“, erklärt Daniela Kraus dieses Modell. Das ideale Modell, so Kraus, lasse so weit wie möglich Transparenz zu, erlaube nur das Verstreichen eines kurzen Zeitraums zwischen Anfrage und Herausgabe eines Dokuments und schreibe die Aushändigung eines maschinenlesbaren Dokuments vor. 

Raum für Verbesserung 

Die Welt verändert sich und die Gesellschaft entwickelt sich weiter. So weit, so banal. Bloß: Die Politik wird immer intransparenter und die PolitikerInnen immer dreister – und somit eine Chance auf Reformation im Mediensektor immer geringer. Viele PolitikerInnen bekämpfen Veränderung und Transparenz. Und damit unabhängigen Journalismus. Nicht selten findet man in sozialen Netzwerken Personen, die eine politische Position innehaben und ihre Reichweite und Macht nutzen, um Hass, Hetze und Einschüchterungsversuche in Form von Posts gegen JournalistInnen zu richten. „Online-Attacken werden sehr oft nicht ernst genommen“, meint Daniela Kraus. Umso wichtiger seien Veränderungen und das Setzen richtiger Schritte in Richtung Informationsfreiheit. Nur so können JournalistInnen ihre Kontrollaufgabe gegenüber Politik und Verwaltung ausüben. 

Licht am Ende des Tunnels 

Veranstaltungen, Galas und Vorträge, um unter der Bevölkerung Bewusstsein für die Signifikanz von Informationsfreiheit zu schaffen – all diese Bemühungen sind hinfällig, sofern die Regierung diesbezüglich nicht handelt. Und genau das tat sie nicht. Im Juni 2017 scheiterte die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und auch im Februar 2019 wurde ein parlamentarischer Vorstoß bezüglich der Amtsgeheimnisabschaffung und somit ein erster Schritt in Richtung Informationsfreiheit von Liste Jetzt von den Parteien ÖVP und FPÖ abgelehnt.  „Die Grünen fordern schon lange so ein Gesetz und auch Sebastian Kurz hat, bevor er Bundeskanzler war, ein Informationsfreiheitsgesetz gefordert“, führt Daniela Kraus im Hinblick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen an. Entwürfe für das Informationsfreiheitsgesetz gab es sowohl von der SPÖ als auch von der Liste Jetzt. (Anm.: Der Artikel wurde Mitte Dezember 2019 fertiggestellt.) Dass PolitikerInnen des Öfteren leere Versprechungen machen und Zusagen, die während der Wahlperiode getätigt wurden, nicht umsetzen, ist keine Seltenheit. Nur die Zeit wird zeigen, wann sowie ob und mit welchen Einschränkungen die Informationsfreiheit gesetzlich vorgeschrieben wird. „Ich bin nicht so optimistisch, dass es das ideale Modell wird – aber, dass es kommt, könnte ich mir gut vorstellen“, sagt Kraus und lehnt sich entschlossen zurück. 

Von Theresa Burgstaller