„Today, I´m thinking about the things that are deadly, the way I´m drinking you down, like I wanna drown, like I wanna end me”, melancholische, depressiv-suizidale Zeilen wie diese aus ihrem Lied „bury a friend” sind keine Ungewöhnlichkeit in den Songs von Jungmusikerin Billie Eilish.
Die meisten Ellish‘s Musiktitel sind geprägt von einem düsteren Klang und einem mindestens genau so düsteren Text. Es ist mittlerweile auffällig geworden, dass, im Gegensatz zu den 1960er Jahren, Songs mit melancholischen Texten und Melodien sehr erfolgreich sind und die Charts dominieren. Gute-Laune-Musik wie beispielsweise Abbas „Dancing Queen“ scheint in der Summe verdrängt worden zu sein.
Melancholisch, mystisch, modern
Am Sonntag, den 26. Januar 2020 wurden zum 62. Mal die „Grammy Awards“ in Los Angeles an MusikerInnen in verschiedenen Kategorien verliehen. Billie Eilish wurde für ihr Album „When we fall asleep, where do we go“ mit fünf Auszeichnungen bedacht. Die „Grammys“ wurden ihr für ihr Album in den Kategorien „bestes Album“ und „bestes Pop Vocal Album“, für ihren Song „bad guy“ in den Kategorien „Song des Jahres“ und „Aufnahme des Jahres“ sowie für ihren Erfolg in der Kategorie „Beste Newcomerin“ verliehen. Sie setzte sich damit gegen MusikerInnen wie beispielsweise Lady Gaga, Lana Del Rey und Taylor Swift durch. Billie Eilish erobert mit ihren Songs und Alben zudem die internationalen Charts, wie auch ihre Konzerte ausverkauft werden. Sie gilt als Sinnbild für die sogenannte „Generation Z“, bringt Teenager regelmäßig zu emotionalen Ausbrüchen und hat über 62 Millionen Follower auf Instagram. Ihre Songs erleben eine große Beliebtheit und erreichen hohe Klickzahlen wie beispielsweise auf YouTube oder Spotify und sind kommerziell erfolgreich. Ihre schmerz- und wutgeladene, düstere, melancholische Musik entsteht durch ihre eigenen Konflikte mit dem Erwachsenwerden und mit den Katastrophen der Umwelt, wie sie in einem Interview mit dem ZDF erzählte. Offenbar spricht Ellish dadurch einer ganzen Generation aus dem Herzen.
Um den Trend in Richtung melancholischer Popmusik besser zu verstehen, nahm eine Studie der Cambridge University die Liedtexte von knapp 164.000 englischsprachigen Songs, die zwischen 1965 und 2010 veröffentlicht wurden, her und analysierte sie nach emotionalen Ausdruck. Um die Ergebnisse nicht zu verfälschen, wurde darauf geachtet in welchen Kontext die Wörter verwendet wurden und ob sie möglicherweise sarkastisch zu verstehen angedacht waren. Als Basis für die Auswahl der Songs dienten zum einen Chartlisten und die Daten von musixmatch.com, die das Teilen und Finden von Musiktexten ermöglicht. Die Ergebnisse der Studie behaupten, dass der Anteil an positivgeladenen Wörtern und Emotionen wie „love“ mit Fortschritt der Zeit deutlich abgenommen haben, während negativkonnotierte Wörter wie „hate“ deutlich zugenommen haben. Konkret bedeutet das beispielsweise, dass während von 1965 bis 1990 in den analysierten Songtexten „hate“ durchschnittlich vier Mal pro Jahr in den Liedern der US-Charts Billboard Hot 100 vorgekommen ist, es hingegen im frühen 21. Jahrhundert sechs Mal so oft vorkommt, nämlich durchschnittlich 24 Mal. In einer weiteren Studie der Royal Society Open Science nahm man die Aspekte der Melodie und des Klangs mit in die Analysen von 500.000 in England zwischen 1985 und 2015 veröffentlichten Songs auf. Auch hier erkannte man den Trend hin zu trauriger Musik mit melancholischen oder aggressiven Texten, während von Jahr zu Jahr weniger glückliche, klangfrohe Songs veröffentlicht wurden.
Ventil der Emotionen
Man könnte annehmen traurige Stimmung, Emotionen oder Situationen zählen zu Aspekten des Lebens, die der Mensch eigentlich meiden möchte. Weshalb aber kommt melancholische Popmusik in den reichen Industrienationen der westlichen Welt so gut an? Eine zweifelsfreie Erklärung auf dieses Phänomen ist nicht direkt zu finden. Es herrschen jedoch unterschiedliche Ansätze. Erklärend ist beispielsweise der Zugang, dass traurige Musik Erinnerungen hervorrufen und Emotionen auslösen kann und, dass Menschen einen Faible zu haben scheinen, unerwünschte, traurige Emotionen zu stimulieren und dabei ihre kognitive und emotionale Reaktion auf Traurigkeit zu testen. Melancholische Musik kann aber auch schöne, selige und romantische Gefühle auslösen, was dazu führt, dass die traurige Musik mit subjektiven positiven Emotionen aufgeladen und somit als angenehm empfunden werden kann. Ein weiterer Effekt trauriger Musik soll sein – den die Autorin aus eigenen Erfahrungen bestätigen möchte – , dass traurige Musik dabei hülfe, versteckte, verdrängte und zurückgewiesene Emotionen nach außen zu tragen und damit auch als eine Art Ventil der Emotionen zu dienen.
Vielleicht erklären diese Ansätze, weshalb Bille Eilishs Musik, die von Depressionen, Wut, Welt- und Herzschmerz handelt, so erfolgreich ist. Ob es ihr bewusst ist oder es sie stört, dass sie mit ihren Songs dazu beiträgt die moderne Popmusik mit einem melancholischen Charakter zu schmücken? Es scheint nicht so. Ganz im Gegenteil, würde man sie konkret darauf ansprechen würde sie vermutlich antworten wie eine Textzeile aus einem ihrer unveröffentlichten Songs: „I don´t know, I just wish I wasn´t breathing“.
Über die Autorin
Bernadette Trubel, geboren 1999 in Wien, ging in 1130 Wien in die Unterstufe und in 3011 Tullnerbach in die Oberstufe. Schon früh entdeckte sie ihre Leidenschaft und ihr Interesse für die Medienwelt, im Herbst 2018 begann sie ihr Medienmanagement-Studium an der Fachhochschule St. Pölten.
Besonderen Fokus legt sie auf Marketing und den Print- und Onlinejournalismus und interessiert sich hierbei insbesondere für Themen im Bereich Gesellschaft.