Migration: Spracherwerb via Medien

SUMO macht sich auf die Suche nach klassischen und eher untypischen Medien, die Zugezogenen beim Erwerb der Ziellandsprache helfen sollen.

Das Erlernen der Sprache in einer „neuen Heimat“ gilt als wichtiger Schritt für eine gelungene Integration. Während das Angebot in den letzten Jahrzehnten hierfür sehr überschaubar war und Deutschkurse eine Vormachtstellung genossen haben, gibt es mittlerweile viele neue Möglichkeiten abseits des traditionellen Weges. Digitale Lernmethoden wie Online Plattformen, Lernkarten mit QR-Codes und „YouTube“-Kanäle, welche zum Beispiel den Unterschied zwischen Genitiv und Akkusativ beleuchten, erweitern das Spektrum. Ein großer Vorteil, den sie gemeinsam haben: sie sind leicht zugänglich und fast alle kostenlos.

Die Lerntools

Das Sprachportal des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) ist eine Online Plattform mit zahlreichen Materialien, Videos und Podcasts. Diese sind sowohl für LehrerInnen als auch Lernende geeignet und in 9 Sprachen verfügbar (D, E, FR, TR, BKS, HU, RO, PL, ARAB). Bei den Materialien handelt es sich um Arbeitsblätter zu verschiedenen Alltagsthemen, wie z.B. Behördengänge oder Einkaufen. Auch österreichische Werte und das Verhalten in der Gesellschaft werden vermittelt. Diese Inhalte können kostenlos heruntergeladen bzw. zugesandt werden. Der ÖIF publiziert ebenso das Magazin „Deutsch lernen“, das vierteljährlich erscheint. Darin enthalten sind Übungen zu Alltags- und Orientierungsthemen, welche auf Alphabetisierung und ein A1 Deutsch-Niveau abgestimmt worden sind. Des Weiteren eignet sich das „Basiswörterbuch in Bildern“ besonders für EinsteigerInnen, denn es ermöglicht das Lernen anhand von bunten Illustrationen. Insgesamt vermittelt es einen Basiswortschatz von 900 Wörtern. Die Medien des ÖIF eignen sich sehr gut, um einerseits das Vokabular zu verbessern und andererseits um gültige kulturelle Werte, sowie das Verhalten in Alltagssituationen nähergebracht zu bekommen.

Die „Wiener Sprachen App“ der Stadt Wien erleichtert den Spracherwerb ebenfalls. Sie kann auf dem PC oder am Smartphone abgerufen werden und unterstützt Lernende in insgesamt 11 Sprachen. Das Besondere ist hierbei, dass oft vernachlässigte Sprachen, wie Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (BKS), Kurdisch und sogar echtes Wienerisch, verfügbar sind.

Für diejenigen, die ein weiteres digitales und kompaktes Vokabelheft bevorzugen, empfiehlt sich die Nutzung des Kartensets von NIUVOX. Das Wiener StartUp, im Bereich Bildung und Integration tätig, entwickelte die 200-teilige „First Aid Box“ mit Vokabeln in Deutsch und Farsi/Arabisch. Das Besondere ist, dass die Karten QR-Codes haben und auf dem Smartphone abgerufen werden können. Durch die Lautsprache können Alltagssituationen auch ohne DolmetscherInnen überbrückt werden. Sie sind somit ideal für Zugezogene sowie all jenen, die mit ihnen agieren.

Sprachen lernen bei Kaffee und Kuchen

Das Sprachencafé wird veranstaltet von „Station Wien“, einem Verein für Bildung, Beratung und kulturellen Austausch, der auch „Mama lernt Deutsch“-Kurse organisiert. Es findet von Herbst bis Sommer jeweils Dienstags und Mittwochs von 17 bis 20 Uhr im fünften Wiener Gemeindebezirk statt. Im Durchschnitt erwarte man jede Woche 80 TeilnehmerInnen, so die Mitverantwortliche Nadja Tschiesche. Wie der Name bereits annehmen lässt, handelt es sich beim Sprachencafé um kein Medium im klassischen Sinne. Da es allerdings ein einzigartiges und besonderes Lernangebot ist, soll es hier ebenso vorgestellt werden. Das Konzept dahinter ist simpel: Personen, die daran interessiert sind, ihre Sprachkenntnisse in einer Fremdsprache zu verbessern, oder eine neue durch den Austausch mit Anderen zu erlernen, sind hier genau richtig. Hier trifft man nämlich auf MuttersprachlerInnen und andere Interessierte. Flexibilität wird hier großgeschrieben, denn kommen und gehen kann jede/r nach Belieben, auch ohne eine Anmeldung. Es empfiehlt sich trotzdem gegen Beginn der Veranstaltung zu erscheinen, da die Stühle in den Räumlichkeiten der Einsiedlerstraße 10 oftmals relativ schnell vergriffen sind. Die Pechvögel, die keine Sitzmöglichkeit mehr für sich beanspruchen können verschreckt dies aber nicht. Im Gegenteil, sie bleiben in den Gängen stehen und unterhalten sich da mit Bekannten oder auch Fremden über Gott und die Welt. Schließlich ist man gekommen, um Fremdsprachenkenntnisse im Gespräch zu verbessern.

Unterricht bei Homer Simpson und Ross Geller 

Die meisten Teilnehmenden wollen ihr Deutsch verbessern und setzen sich an die Deutsch-Tische, wo jeweils mindestens auch ein/e MuttersprachlerIn sitzt und sich mit der Gruppe unterhält. Einer der Teilnehmer ist der sympathische Sabree Najem, Magister der Pharmazie. Sabree gehört zu jenem Schlag Menschen, der es schafft ein Gespräch nahezu alleine zu führen – obwohl noch fünf Andere am selben Tisch sitzen. Dass er viel redet, ist ihm bewusst und stört ihn keineswegs. Es ist ein Teil dessen, wer er ist. Die guten Deutsch- Kenntnisse des jungen Syrers bemerkt man sofort. In den eineinhalb Jahren in Wien gelang ihm der Sprung von keinen Deutschkenntnissen zu einem fast fehlerfreien B2-Niveau. Auf die Frage, wie ihm dies gelungen sei, erzählt er von Freunden und Bekannten und deren Illusionen nur mit Hilfe von Kursen den Gipfel des Spracherwerbs erklimmen zu können. Viele vergessen hierbei allerdings die Relevanz mit MuttersprachlerInnen zu kommunizieren. Für Sabree war es von Anfang an wichtig, seine eigene Lernmethode zu finden und Spaß am Lernen zu haben. Neben den Kursen sieht er gerne fern und lernt etwa mit Homer Simpson oder Ross Geller aus der Serie „Friends“. Die Möglichkeit auf Pause zu drücken, um sich Wörter zu notieren, oder auf Google Translate übersetzen zu lassen, bereichern sein Leben. Für ihn ist der Spracherwerb ein Prozess, bei dem all seine Sinne gefordert werden sollen. Wörter sollten gehört, gesprochen, geschrieben und gesehen werden. Sabree nutzt demnach eine Vielzahl an Lernmöglichkeiten. Hierzu zählen auch „YouTube“-Kanäle. Ein beliebter gehört der quirligen Sonja Hubmann, deren Videoaufrufe sich meist im fünfstelligen Bereich belaufen. Hier wird Interessierten die deutsche Grammatik ausführlich erklärt. Sabree erklärt auch, wie es zu dem deutlich hörbaren deutschen Akzent kam. Diesen habe er dem deutschen Fernsehen und insbesondere dem ZDF zu verdanken, meint er. Ne, is kla.

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