Pressesprecher*innen besitzen eine wichtige Position für das öffentliche Leben Österreichs. Sie spielen eine zentrale Schlüsselrolle in der Informationsvermittlung und versuchen eine positive Beziehung zur Öffentlichkeit und den Medien aufzubauen. Gefordert sind Transparenz und eine authentische Kommunikation. SUMO sprach mit drei langjährigen Pressesprecher*innen Österreichs, blickt hinter die Kulissen ihrer Arbeit und beleuchtet die Leidenschaft sowie die Herausforderungen, denen sie sich tagtäglich stellen.
von THERESA WALZER
„Und wer sind Sie noch gleich?“ Mit dieser Frage eröffnet eine der interviewten Personen das Gespräch. Wie sich im Laufe der Konversation herausstellt, ist die Frage durchaus berechtigt. Denn in Höchstzeiten können es bei Pressesprecher*innen täglich bis zu 60 Pressetermine sein, die sich auf einem prall gefüllten Terminkalender drängen. In Zeiten der Informationsflut und einem maßgeblichen Einfluss der Medien auf die öffentliche Meinung, gewinnen Pressesprecher*innen immer mehr an Bedeutung. In Österreich ist für dieses Berufsbild der PRVA (Public Relations Verband Austria) besonders relevant. Es handelt sich hierbei um einen Verband für Kommunikationsexpert*innen in Österreich, welche für professionelle und strategische Kommunikation stehen. Der PRVA hat das Ziel, die Professionalisierung und Weiterentwicklung der Branche wesentlich zu fördern. Derzeit gehören dem Verband rund 700 Mitglieder an.
Die permanenten Entwicklungen in der Kommunikation, der Wandel der Kommunikationskanäle und die erhöhte Themenvielfalt sind auch Grund dafür, warum Nicole Berkmann, Unternehmenssprecherin und Leitung der Abteilung Konzern PR und Information bei SPAR Österreich, diesen selbsternannten Lieblingsjob bereits seit über 20 Jahren ausübt. Sie spricht darüber, dass sie viele ihrer Pressetermine aufgrund der langjährigen Expertise bereits ohne jegliche Vorbereitung durchführen kann. „Im Radio fühle ich mich am wohlsten, wenn ich Interviews führe. Dort kann ich die Augen schließen und mich ganz darauf konzentrieren, was ich mit meinen Aussagen vermitteln möchte“, erklärt Berkmann. Zudem betont sie, dass ständig Neues und Aufregendes passiert und es jeden Tag etwas zu berichten gibt. Selbiger Meinung ist auch Stefan Zach, Pressesprecher und Leiter des Bereichs Information und Kommunikation des EVN Konzerns. Ihm war seit über 30 Jahren in seiner Position noch keinen einzigen Tag langweilig. Vielmehr zeichnet sich der Reiz seines Berufs besonders durch die Vielfalt der Tätigkeiten aus.
Der Umgang mit sensiblen und negativen Themen
Als Pressesprecher*in befindet man sich in der Rolle als Informationsvermittler*in für die Öffentlichkeit. Nicht immer sind es angenehme Fragen, die man in Interviews gestellt bekommt oder positive Nachrichten, mit denen man sich an das Publikum richtet. Bei sensiblen oder negativen Themen ist es für Stefan Zach besonders wichtig, nie etwas zu sagen, das sich zu einem späteren Zeitpunkt als falsch herausstellen kann, sowie mit maximaler Transparenz zu arbeiten. Denn: „Wenn man einmal die Unwahrheit sagt, kann man das nicht wieder gut machen“, so Zach. Nicole Berkmann lässt sich sogar gerne kritische Fragen stellen und genießt diese, denn sie liebt es, zu erklären und genau das macht für sie ihre Rolle der Vermittlerin aus. In Zeiten der Corona-Pandemie war ihr besonders wichtig, viel positive Kommunikation und beruhigende Worte an die Öffentlichkeit zu transportieren. Besonders in einer Krise wird bestmöglich versucht, das Image des eigenen Unternehmens zu schützen oder zu verbessern. Für Stefan Zach sind es weniger Wohlfühlgeschichten, sondern Erzählungen mit Substanz, die er verkaufen möchte. Rückblickend auf die vergangenen Jahre in dieser Tätigkeit würde er alles genau wieder so machen, auch die Fehler, denn aus diesen hat er am meisten gelernt. Sie sind schmerzvoll, aber sie bleiben in Erinnerung, meint er.
Glaubwürdigkeit und Vertrauen im Beruf
Information, Verständnis und Vertrauen – dieser Dreiklang macht für Peter N. Thier, Pressesprecher und Leitung des Bereichs Konzernkommunikation & Marke bei den ÖBB, seinen Job aus. Ihm hat es schon immer Freude bereitet, über ein Gespräch sein Gegenüber von etwas zu überzeugen. „Es geht darum, Dinge inhaltlich zu erklären und aufzubereiten, um Verständnis zu erzeugen, welches anschließend wiederum Vertrauen erweckt.
Ich sehe die größte Motivation in meiner Arbeit darin, wenn es mir gelingt, einen anderen Menschen über den Weg der Öffentlichkeitsarbeit von etwas zu überzeugen, ohne an der Realität vorbeizuzaubern.“ Solche Erfolgsmomente spornen ihn enorm an, erzählt er. Mit seiner Aussage wird nochmals klar, dass bei Auftritten in der Öffentlichkeit Themen so ehrlich und offen wie möglich kommuniziert werden sollen, um eine Verbindung zum Publikum aufzubauen. Nur so können Glaubwürdigkeit und Vertrauen seitens der Zuhörerschaft gewonnen werden.
Herausforderungen im Berufsalltag
Eine der größten Herausforderungen, der sich Pressesprecher*innen gegenwärtig stellen müssen, ist die knappe Aufmerksamkeitsspanne des Publikums, egal in welchem Medium. Inhalte müssen deshalb kurz, kompakt, einfach, sowie ohne Fremdwörter ausgespielt werden. Um den heißen Brei herumzureden, bringt dem Publikum nämlich keinen Mehrwert. Einen typischen Arbeitsalltag gibt es in diesem Beruf nicht, da man ständig auf Abruf sein und sehr schnell reagieren muss. Der Berufsalltag ist hierbei sehr fremdgesteuert, da er durch die Anfrageanlässe und die Anzahl der Interviews bestimmt wird. Dieser Beruf erfordert somit auch eine hohe Kunst der Spontaneität und Anpassungsfähigkeit. Stefan Zach findet auf die Frage, welche Schwierigkeiten er denn sonst noch zu bewältigen hat, klare Worte: „Grundsätzlich ist die größte Herausforderung, das Vertrauen seines Vorgesetzten zu gewinnen und herauszufinden, wie man ein Unternehmen am besten nach außen verkaufen kann.“ Wenn das Vertrauen nicht vorhanden ist, dann bleibt man in der Arbeit als Pressesprecher*in sehr beschränkt in seiner Wirkungsmöglichkeit. Sobald eine Vertrauensbasis gegeben ist, hat man eine Freiheit in diesem Beruf. Dieses freie Arbeiten ist auch ein Grund dafür, warum Stefan Zach so viel Freude an seinem Job hat. Zudem ist das Geheimnis seines relativen Erfolgs die ständige Erreichbarkeit, seit 30 Jahren für alle rund um die Uhr, die nicht alle Pressesprecher*innen so praktizieren.
Für Peter N. Thier hingegen ist es die größte Herausforderung in seiner Tätigkeit als Pressesprecher, eine Realität zu schaffen, die dem Unternehmen erträglich ist und ihm etwas bringt. Hierbei denkt er vor allem an weniger erfreuliche Themen wie zum Beispiel Zugverspätungen, die er dem Publikum erklären muss. Zudem erzählt er, dass die Schwierigkeit auch darin liegt, sich jeden Tag neue kreative Ansätze zu überlegen, sowie Lösungen und Wege zu finden, um die Aufmerksamkeit des Publikums für sich zu gewinnen. In einer Informationsflut, in der wir uns befinden, bezeichnet er das Gewinnen von Schlagzeilen, Bildern und Likes als großen, massenmedialen Kampf.
Im Lichte der Öffentlichkeit
Für die Öffentlichkeit und deren Meinungsbildung besitzen Pressesprecher*innen eine hohe Verantwortung. Mit ihren Aussagen können sie Einfluss auf die persönliche Meinung haben, wenn diese glaubwürdig und nachvollziehbar argumentiert werden. Dadurch besitzt man eine große Verantwortung, da man das Gesicht nach außen hin ist. Nicole Berkmann sieht sich selbst als Vermittlerin zwischen Öffentlichkeit und Unternehmen. Für sie ist es wichtig, dass sie mit ihren Botschaften vom Publikum gehört wird und dieses erreichen kann. Grundsätzlich ist es relevant, eine Beziehung zu den Vertreter*innen der Öffentlichkeit aufzubauen und bei diesen einen guten Eindruck zu hinterlassen. Die Art und Weise, wie man im öffentlichen Rahmen auftritt und spricht, spielt dabei eine wesentliche Rolle. Auch wenn es nicht immer angenehm ist, der Öffentlichkeit ausgesetzt zu sein. Als Pressesprecher*in ist es wichtig viel auszuhalten. Persönliche Eitelkeit ist in diesem Job fehl am Platz, berichtet sie.
Das Berufsbild in der Zukunft
Bei der Frage an die Interviewpartner*innen, wie sie ihren Job in drei Worten beschreiben würden, werden Eigenschaften wie „vielfältig“, „spannend“, „lustig“ und „anstrengend“ genannt. Ebenso sind sich alle drei einig, dass ihr Beruf auch noch in der Zukunft bestehen bleibt. Solange es Medien gibt, wird er existieren, meinen sie. Zudem werden Kommunikationsberufe im Allgemeinen massiv an Bedeutung gewinnen, denn es braucht Menschen, die Komplexität in etwas Einfaches auflösen und erklären können.