Stapel Ratgeberbücher – Bild: Marlene Selenz
Die Regale im Buchhandel füllen sich mit Selbsthilfeliteratur, den Büchern, die für unzählige Probleme endlose Lösungen anbieten. Während das Lesen der Bücher früher oft Scham auslöste, emanzipiert sich der Selbsthilfebuchmarkt mit Social-Media und zuletzt „BookTok”. Das Phänomen Selbsthilfebücher, deren Bedeutung in der Branche, und ob sie zur Gesundheit beitragen können, wird nicht nur in der Leserschaft kontrovers diskutiert.
„Ein Kopf voll Gold“, „Bevor der Kaffee kalt wird“ und auch „Die 1% – Methode“. Kreative Titel für ein nicht-fiktives Genre – Selbsthilfebücher. Bücher, die sich zum Ziel setzen, Probleme der Leserinnen und Leser zu lösen und deren Leben ein Stück weit zu verbessern. Sei es der Umgang mit Stress, psychische Gesundheit oder Sucht, aber auch Selbstoptimierung ist Teil des dynamischen Marktes. Darunter fällt auch der Bestsellerratgeber „Die 1% – Methode“.

Mit Aussagen wie…
„Jede Ihrer Handlungen ist eine Stimme für die Person, die Sie werden wollen.“
…begeistert James Clear bereits mehr als 20 Millionen Käuferinnen und Käufer zur Selbstoptimierung. Nicht nur schaffte er es damit auf Platz 1 der Spiegel Bestseller, sein Buch wurde auch in mehr als 60 Sprachen übersetzt und war 200 Wochen lang fester Bestandteil der New York Times Bestsellerliste. Die „1% – Methode“ zeigt ihren Erfolg durch ihre Zahlen. Doch wie sieht es mit dem restlichen Selbsthilfebuchmarkt aus?
Lebenshilfe, die sich verkauft
Mit ihren Umsätzen festigen Selbsthilfebücher ihre Position am umkämpften Buchmarkt. Laut Statista Research Department stammten 2022 ca. ein Fünftel der Umsätze (20,8 Prozent) im Bereich der Ratgeber aus den Kategorien „Lebenshilfe und Alltag“. Nur die Sparte „Essen und Trinken“ schnitt noch besser ab. Es zeigt sich also die Relevanz der Selbsthilfeliteratur unter den Ratgebern. Für einen ganzheitlichen Überblick ist jedoch eine Betrachtung des gesamten Buchmarkts erforderlich. Laut Daten der Media Control fanden sich 2023 Ratgeber in Deutschland mit beinahe einem Achtel der Umsätze (12,4 Prozent) im Buchhandel auf dem dritten Platz wieder. So konnten sie zwar Warengruppen wie „Schule und Lernen“ und die Reiseliteratur hinter sich lassen, doch reichten sie nicht an die beiden Sieger heran. Die Belletristik setzte sich mit mehr als dem doppelten Anteil weit von den Ratgebern ab. Auch Kinder- und Jugendbücher wiesen einen Vorsprung auf.

Beachtlich ist die Warengruppe „Ratgeber“ dennoch, so besteht sie noch nicht allzu lange. Erst 2007 sind Ratgeber als Hauptwarengruppe anerkannt worden. Dies verdeutlicht ihre gefestigte Stellung am Buchmarkt. Doch wie stehen Leserinnen und Leser zu Selbsthilfebüchern, über die Absatzergebnisse hinaus gefragt. Unter ihnen wird die Wirksamkeit dieser Bücher rege diskutiert. Sind also Selbsthilfebücher in der Lage, die mentale Gesundheit der Lesenden zu verbessern? Einige reden von Versprechen, die diverse Titel zwar anpreisen, jedoch nicht halten, oder beschreiben deren Inhalte als pseudophilosophisches Geschwätz. Andere sehen sie als hilfreiche Unterstützung. Eine gewisse Skepsis ist dennoch vorhanden.
Der Weg zum Erfolg
Ihren Ursprung finden Selbsthilfebücher in der Ratgeberliteratur. Galten sie zunächst noch als peinlich, konnte die Generation der Millennials sie schon bald aus den Tiefen der Bücherregale hervorholen. Mittlerweile erkennt der Großteil der Bevölkerung in Lesenden, die sich aktiv mit sich selbst und ihrer Persönlichkeitsentwicklung befassen, reife und selbstreflektierte Menschen. Die Stimmen, die gegenteiliger Meinung sind, werden immer weniger.

Die zunehmende Popularität der Selbsthilfebücher setzte sich laut SPIEGEL in den Coronajahren fort. Laut Daten des Buchreports habe der deutschsprachige Buchmarkt im Jahr 2021 Ratgeber-Bücher im Wert von beinahe 720 Millionen Euro umgesetzt. Auch wenn sich das Leben nach der Krise nun wieder nach draußen verlagert hat, erklimmen trotzdem Selbsthilfebücher die Bestsellerlisten. Besonders der Ansatz „New Advice“, Ratgeber für die junge Zielgruppe, solle auch in Zukunft für einen Aufschwung in der Ratgeber- und Lebenshilfe sorgen, erzählt Buchhändlerin Karin Senft im Interview mit dem Börsenblatt. „New Advice“ stelle eine Kombination aus Ratgebern und dem Genre „New Adult“ dar, das vor allem auf der Social-Media-Plattform TikTok für Begeisterung sorgt.
#Booktok #selfhelpbook
Mit dem Disclaimer „Selbsthilfebücher, dir mir WIRKLICH geholfen haben…“ stellt „Lindaravenbooks“ sechs Bücher zur persönlichen Weiterentwicklung vor, 115.983 Likes und 373 Kommentare. Linda ist nicht die Einzige, die TikTok als Bühne für Buchempfehlungen nutzt. Mehr als 73 Tausend Beiträge sind unter dem Hashtag #selfhelpbooks auf „BookTok“ zu finden.

TikTok von Lindaravenbooks – Bild: lindaravenbooks (Screenshot)
„BookTok“. Ein Ort der Social-Media-Plattform TikTok, an dem Leserinnen und Leser zusammenfinden. Die junge Gemeinschaft an Lesenden verhilft Selbsthilfebüchern zu neuen Erfolgen. Nicht zuletzt schaffte es „101 Essays, die dein Leben verändern werden“ durch die Unterstützung von „BookTok“ auf viele Bestsellerlisten.

Die Wirkung von „BookTok“ reicht so weit, dass das Börsenblatt seit März 2024 eigene Booktok-Bestsellerlistenveröffentlicht. Hier lässt sich nicht nur vorhin genannter Ratgeber-Bestseller von Brianna Wiest wiederfinden, sondern auch deutschsprachige Veröffentlichungen wie „Das Kind in dir muss Heimat finden“.
Auch unter dem jungen Publikum auf TikTok setzt sich die Diskussion um den Nutzen von Lebenshilfeliteratur fort. Die Kommentarsektionen der Social-Media App sind gefüllt mit gespaltenen Meinungen zu Büchern wie „Die 1% – Methode“ oder „The 48 Laws of Power“. Diverse durchgeführte Studien belegten jedoch, dass Selbsthilfebücher ähnliche Effekte wie eine Therapie zeigen könnten, doch heiße es, dass sie nicht für jede und jeden geeignet seien. Es käme also nicht nur auf das Buch, sondern vor allem auf den Lesenden dahinter an.
Über die AutorInnen

Marlene Selenz ist 20 Jahre alt und studiert im 3. Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Wenn sie nicht gerade neue Geschichten in einem ihrer Bücher entdeckt, geht sie gerne ihren kreativen Hobbys wie Häkeln oder dem Schreiben nach.
Bildrechte: Eva Wintersberger
Kontaktoption: mm231020@fhstp.ac.at

Simon Teufner ist 21 Jahre alt und studiert im 3. Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Seine Interessen liegen in den Feldern der Sprachen, Politik und Kultur. Seinen beruflichen Fokus möchte er auf redaktionelle Arbeit legen.
Bildrechte: Eva Wintersberger
Kontaktoption: mm231024@fhstp.ac.at
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