Digital Detox: Warum Menschen bewusst Pausen von Social Media einlegen

Liken, teilen, scrollen – soziale Netzwerke gehören für viele Menschen zum Alltag. Doch mit der intensiven Nutzung digitaler Medien wächst auch die Aufmerksamkeit für deren Nebenwirkungen. Der Begriff „Digital Detox“ steht für den bewussten, zeitlich begrenzten Verzicht auf digitale Geräte und Plattformen. Beobachtungen und Studien deuten darauf hin, dass eine zunehmende Zahl von Nutzerinnen und Nutzern ihre Onlinezeit überdenkt – nicht zuletzt aufgrund von Phänomenen wie FOMO (Fear of Missing Out) oder dem sozialen Vergleich in digitalen Räumen.

Digital Detox wird dabei häufig als Reaktion auf ständige Erreichbarkeit, Reizüberflutung und den Druck verstanden, in sozialen Medien ein perfektes Selbstbild zu vermitteln. Der Ursprung des Trends liegt im Silicon Valley – jenem Ort, an dem viele digitale Produkte entwickelt wurden, die heute unseren Alltag prägen. Inzwischen hat sich Digital Detox zu einem globalen Thema entwickelt. Offline-Zeit wird zunehmend als Kontrapunkt zur dauerhaften digitalen Präsenz dargestellt – mit dem Ziel, mentale Erholung und Konzentration zu fördern.

Offline ist das neue Luxusgut, einfach mal abschalten – Bild: Tamina Lautenbach

 Zielgruppe von Digital Detox

Die Zielgruppe für Digital Detox ist so vielfältig wie die digitale Welt selbst. Besonders junge Erwachsene, die mit Smartphones groß geworden sind und solche, die sich signifikant den Ökosystemen digitaler Alltagsorganisation verschrieben haben, stehen vor einem Dilemma: Der Balanceakt zwischen digitalen Welten und dem analogen Leben. Laut einer Studie von Coyne & Woodruff profitierten gerade die jungen Menschen in Schule und Ausbildung davon, ab und zu den Bildschirm auszuschalten und stattdessen ihre Umwelt dreidimensional zu erleben.

Auch Berufstätige, die sich im Dauerrauschen von E-Mails, Plattformarbeit und Messenger-Benachrichtigungen wiederfinden, suchen nach digitalen Pausen. Für sie kann ein Offline-Sein der Weg zurück zu angepasster Work-Life-Balance sein. Zudem Eltern, die im ständigen Hin und Her zwischen Familie und digitaler Organisation leben, entdecken in Digital Detox die Möglichkeit, Zeit präsent zu erleben. Digital Detox bietet darüber hinaus auch älteren Menschen, die sich oft überfordert fühlen, eine willkommene Gelegenheit, sich wieder auf das Wesentliche ihres Alltagserlebens konzentrieren zu können.

Zahlen und Fakten zur Social Media-Nutzung

Anfang 2025 nutzten rund 5,24 Milliarden Menschen weltweit soziale Netzwerke, mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung, wie aus einer aktuellen Statistik hervorgeht. Während in Brasilien beispielsweise täglich bis zu 212 Minuten auf Social Media verbracht werden, sind es in Deutschland durchschnittlich 101 Minuten. Doch laut dem Social-Media-Atlas 2024 zeigt sich nun ein Gegentrend: Immer mehr Menschen reduzieren ihre Onlinezeit – besonders in der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen. Ein Zeichen dafür, dass Menschen unter digitaler Verbindung leiden und Auswege suchen.

Dieser Rückgang ist jedoch nicht nur auf den Wunsch nach mehr digitaler Abstinenz zurückzuführen. Auch die wachsende Kritik an den Inhalten und der Kommunikationskultur in sozialen Medien spielt eine Rolle. Der gesellschaftliche Austausch mit unbekannten Kommunikatorinnen und Kommunikatoren, der oft von emotionalisierten Debatten, Fehlinformationen und performativem Selbstausdruck geprägt ist, wird von vielen als belastend empfunden. Digital Detox bietet hier eine Möglichkeit, sich diesen Einflüssen zeitweise zu entziehen.

FOMO oder JOMO

Es ist fast unmöglich, durch Instagram oder TikTok zu scrollen, ohne ein beklemmendes Gefühl zu spüren: Fear of Missing Out (FOMO) – die Angst, etwas zu verpassen. Der Strandurlaub der Freundin, das neue Restaurant in der Stadt oder das Event, über das alle sprechen. Social Media lebt auch davon, Menschen dieses Gefühl zu geben.

Digitale Auszeiten werden zunehmend als Möglichkeit geschätzt, die sogenannten Joy of Missing Out (JOMO) zu erleben – die Freude daran, nicht immer dabei zu sein. Forschungen legen nahe, dass bewusste Pausen das Wohlbefinden steigern, Stress reduzieren und eine klare Perspektive auf die eigenen Bedürfnisse ermöglichen. Eine von Noah Castelo, Verhaltenswissenschaftler an der University of Alberta in Kanada, geleitete Studie weist darauf hin, dass Digital Detox Phasen das Freizeitverhalten fördern, indem sie Menschen zu mehr sozialen Interaktionen und analogen Aktivitäten motivieren. Wer das Smartphone also bewusst beiseitelegt, öffnet Türen zu beispielsweise vis-a-vis Gesprächen, Spaziergängen und der Fähigkeit, im Moment zu leben.

Natürliche Auszeit, fernab digitaler Ablenkungen – Bild: Tamina Lautenbach

Digital Detox: Kleiner Schritt, große Wirkung

Digital Detox bedeutet nicht, alle digitalen Geräte zu verbannen, sondern bewusste Pausen einzulegen. Die Methoden sind vielfältig: vom Ausschalten aller Push-Benachrichtigungen über Wochenenden ohne Social Media bis hin zu längeren Offline-Retreats. Studien, wie die der University of Bath, zeigen, dass schon eine kurze Pause von zwei Wochen das Stresslevel senken und die Schlafqualität verbessern kann. Selbst kleine Momente des bewussten Abschaltens, wie ein Abendessen ohne Smartphone oder ein Spaziergang ohne Musik im Ohr, können schon große Wirkung zeigen. Es geht darum, wieder zu lernen, die Welt um sich herum direkt wahrzunehmen, ohne ständig durch den digitalen Filter zu schauen.

Ein Digital Detox kann individuell gestaltet werden: Manche entscheiden sich für einen „Social-Media-freien Sonntag“, andere planen mehrwöchige digitale Fastenkuren ein. Egal, ob klein oder groß – jeder Schritt zählt.

Die Freiheit, nicht dabei zu sein

Während Social Media zeigt, was man verpassen könnte, öffnet Digital Detox einem die Augen dafür, was man gewinnen kann. Schlaglichter berichten davon, dass ein seelisches Gleichgewicht nach einer Auszeit erreicht werden kann.

Über die Autorinnen:

Magdalena Lueger ist 20 Jahre alt und studiert im 4. Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten sportlich, draußen in der Natur oder gemütlich zu Hause mit einem Buch.

E-Mail: mm231003@fhstp.ac.at

Tamina Lautenbach ist 22 Jahre alt und studiert im 4. Fachsemester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Am liebsten widmet sie ihre Freizeit dem Kochen, dem Reisen und verschiedenen kreativen Aktivitäten.

E-Mail: mm231036@fhstp.ac.at

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