Stundenplan 2.0 – Medienkompetenz in Schulen

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Schulkinder sind sich häufig den Gefahren und Risiken in sozialen Netzwerken im Internet nicht bewusst. Das Aneignen von Kompetenzen über den richtigen Umgang mit Facebook & Co könnte eine Aufgabe von Schulen werden.

Besonders durch den Einsatz elektronischer Medien im Unterricht und dem bisherigen Fortschritt der Digitalisierung, stehen Schulen aktuell vor der Herausforderung ihren Schülern adäquate Kommunikations- und Urteilsfähigkeiten zu vermitteln, um im Umgang mit Medien Inhalte und Informationen kritisch beurteilen zu können. Derzeit sind sie jedoch noch selbst für die Umsetzung der Lehre von Medienkompetenz verantwortlich, bisher wird die Medienbildung nur von wenigen Lehrpersonen regelmäßig betrieben.

Gefahren im Internet
Flora ist 10 Jahre alt und stolze Besitzerin eines iPhone 5. Spiele-Apps hat sie keine, manchmal schreibt sie mit ihren Freundinnen über WhatsApp, ansonsten nutzt sie das Internet kaum. Bereits die Hälfte aller 6- bis 13- Jährigen besitzt ein eigenes Mobiltelefon, welches hauptsächlich für private Textnachrichten, Telefonate mit Eltern, Spiele und Fotos genutzt wird.

„Am Ende der zweiten Klasse habe ich mein erstes Handy bekommen, damit ich meine Eltern vom Spielplatz aus anrufen kann“, sagt Flora. Die Volksschülerin verbringt ihre Freizeit am liebsten offline beim Klettern, Jugendrotkreuz oder im Jugendtheater. Dass viele ihrer Mitschüler lieber mit dem Handy spielen, als gemeinsam etwas miteinander zu unternehmen, findet sie schade. Greift sie doch einmal zum Smartphone, gibt sie zuerst ihren Eltern Bescheid. „Dann muss ich sagen, was ich damit machen will. Wenn ich es zu lange benutze, sagen sie mir auch, dass ich es wieder weglegen soll, aber das stört mich nicht.“

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Floras Eltern wissen, dass mit dem zunehmenden Alter das Interesse an dem Internet und vor allem Social Media Plattformen steigt und somit auch das Risiko, dass Kinder mit Gefahren im Internet konfrontiert werden. Sie sind der Meinung, dass gerade deswegen die präventive Kompetenzvermittlung besonders wichtig ist. Vor allem die Risiken im Internet sind treibende Kräfte, die Aufklärungsarbeit voranzutreiben. Viele Kinder wissen nicht, wie man sich in sozialen Netzwerken richtig verhält. So kommt es immer wieder zu Mobbingangriffen, sexueller Belästigung und einer ungewünschten Veröffentlichung privater Dateien und Informationen (siehe auch Link).

Dass Floras Eltern einen offenen Umgang bezüglich ihrer Mediennutzung pflegen, hat einen Grund: Im Rahmen der KIM Studie 2016 geben 11 % der 6- bis 13- Jährigen an, bereits mit ungeeigneten Inhalten im Internet in Berührung gekommen zu sein. Dabei handelt es sich um sexualisierte, pornografische, sowie gewalttätige Inhalte, aber auch Horrorvideos. Um dem entgegenzuwirken sind aufklärende Präventionsmaßnahmen, sowie eine offene Kommunikation mit den Eltern von Vorteil.

„Wir können den Umgang mit Medien ja nicht völlig ausschließen und reglementieren, ansonsten wird es für die Kinder noch interessanter. Aber Flora ist da sehr gewissenhaft und hat ein gutes Verständnis dafür, was gut und was schlecht ist. Wenn sie mal eine typische Ketten-Mail bekommt, zeigt sie es uns gleich und ist da sehr offen.“

Safer Internet – eine Schutzimpfung
Um bereits im Vorhinein Aufklärung über einen sicheren Umgang im Internet zu leisten, bietet „Saferinternet.at“ bereits seit 2008 Workshops und Vorträge für Schüler, Lehrende und Eltern an. Unterstützt wird die EU-Initiative unter anderem vom Bundesministerium für Bildung, sowie Institutionen wie Stopline, Education Group oder dem ORF. Unterschiedliche Workshops behandeln je nach Modul und Schulstufe Themen wie Jugend- und Datenschutz, ungeeignete Inhalte im Internet und den Schutz der Privatsphäre. Die Integration der Workshops erfolgt bisher jedoch auf freiwilliger Basis der Schulen.

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Floras Volksschule nimmt bereits zum dritten Mal in Folge am Safer Internet Workshop teil. Nicht nur Schüler, sondern auch Eltern und Lehrer sollen interaktiv einbezogen und über einen sicheren Umgang mit digitalen Medien aufgeklärt werden.

Den Kindern wird dabei in ein bis zwei Unterrichtseinheiten bewusst gemacht, dass es wichtig ist, keine echten Namen oder Kontaktdaten im Internet preiszugeben. Auf spielerische Art wird gelernt – Wer darf mich im Internet begrüßen, wer darf mit mir sprechen?

„Wir haben gelernt, was wir im Internet nicht machen dürfen und wie es sicherer ist. Es wurden auch Bilder gezeigt, damit wir wissen was uns erwarten könnte, wie zum Beispiel ein Vogel mit einem Hundekopf.“

Auch Floras Eltern haben von dem Workshop profitiert. „Wir wurden beispielsweise über YouTube for kids aufgeklärt, oder darüber, wie man bei gewissen Anbietern einstellen kann, dass das Kind eine Autorisierung braucht, um eine App herunterzuladen“, sagt ihr Vater. Dass die Volksschule die Workshops regelmäßig anbietet wissen sie sehr zu schätzen, vor allem da diese keine Pflichtmaßnahmen sind.

Medienkompetenz gilt als Unterrichtsprinzip
Der Literatur- und Medienwissenschaftler Roberto Simanowski betrachtet die derzeitige Situation der Medienkompetenz in Schulen als skandalös und Alibiveranstaltung. „…aber es zielt eben nicht darauf, zu diskutieren, wie die Medien eigentlich unsere Gesellschaft verändern und den Umgang. Also die kulturstiftende Funktion wird nicht zum Thema“, sagt er in einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur. Er schlägt vor den Ansatz einer philosophisch-reflexiven Medienkompetenz zu verfolgen und mit Schülern Möglichkeiten und Konsequenzen von Social Media zu diskutieren.

Laut dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung ist die Vermittlung von Medienkompetenz bereits seit 2012 Unterrichtsprinzip an Volksschulen, allerdings noch immer kein fester Bestandteil des Stundenplans.

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Als möglicher Lösungsansatz wird das Konzept „Schule 4.0“ diskutiert. Schüler sollen künftig einen verantwortungsbewussten und reflektierten Umgang mit Kommunikationstechnologien vermittelt bekommen, um sowohl ihre Persönlichkeitsentwicklung, als auch Selbstbestimmung im Internet zu fördern.

 

Über die Autorinnen

Sophia Huber ist 24 Jahre alt und studiert im 4. Semester Medienmanagement an der FH St. Pölten. Erste journalistische Erfahrungen hat sie bei der Mitarbeit eines Human Interest Story Projekts mit minderjährigen Flüchtlingen gemacht.
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Bernadette Pachschwöll ist 21 Jahre alt und studiert Medienmanagement an der FH St. Pölten. Dorthin pendelt sie jeden Tag von Wien, die Zeit vertreibt sie sich dabei am liebsten mit Lesen.
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Artikel verfasst im Sommersemester 2018.