Sport ist Emotion. Egal, ob im Stadion, vor dem Fernseher oder unterwegs– der Fußball verbindet. Doch der Weg zu diesem Erlebnis wird für Fans immer unübersichtlicher. Free-TV, Pay-TV, Streaming – wo läuft was? Um diese Fragen zu beantworten, teilten Bernhard Fuchs, leitender Mitarbeiter der Medien-Abteilung der Österreichischen Fußball-Bundesliga, sowie Martin Szerencsi, stellvertretender Sportchef des ORF, ihre Gedanken mit SUMO.
von FLORIAN KLINGEL
Für die Fans der österreichischen Fußball-Bundesliga ist die Lage aktuell noch klar: „Sky“ ist der exklusive Rechteinhaber. Diese Exklusivität hat ihren Preis: Laut „Standard“ zahlt „Sky“ jährlich rund 40 Mio. Euro für die Übertragungsrechte. Dennoch können Fans vier Spiele pro Saison im Free-TV sehen, da sich der ORF als Sublizenznehmer diese Rechte gesichert hat. Für mehr Übertragungen fehlen dem öffentlich-rechtlichen Sender die finanziellen Mittel. Martin Szerencsi: „Die Preise für die Fußball-Bundesliga haben in den letzten Jahren Sphären erreicht, bei welchen sich die öffentlich-rechtlichen Unternehmen schwertun, realistisch mitzubieten. Da fehlen einfach finanzielle Möglichkeiten.“ Doch die derzeitige Rechteperiode endet 2026 und somit stellt sich die Frage: Wie geht es danach weiter?
Die Wettbewerbssituation in Österreich ist geprägt vom Erbe des jahrzehntelangen Rundfunkmonopols des ORF. Dazu äußert Bernhard Fuchs: „Österreich war jenes Land, das erst nach der Jahrtausendwende und damit als letztes Land in Europa Privatfernsehen gesetzlich erlaubt hat. Das hat bis heute einen starken Einfluss auf die Medienlandschaft in Österreich. Wenn man sich ansieht, dass zum Beispiel die Belgische Liga 2018 über 100 Millionen pro Jahr aus dem Verkauf der Medienrechte erlöst hat. Das war, schlicht und ergreifend, nicht, weil die belgische Liga von der Qualität so deutlich über der heimischen Bundesliga einzustufen ist, sondern der Konkurrenz am Medienmarkt geschuldet.“ In Österreich sei die Wettbewerbssituation nicht so, wie man es sich aus Sicht eines Sportverbandes oder einer Liga wünschen würde. In anderen Ländern würden zum Beispiel auch Telekommunikations- und Mobilfunkanbieter in Sportübertragungsrechte investieren. In Österreich passiere da sehr wenig bis gar nichts. Fuchs zufolge sei es deshalb schwierig, einen internationalen Vergleich zu formulieren, da neben der Anzahl der Wettbewerber noch Parameter wie beispielsweise Zuseher*innenzahlen, Erlöse oder sportliche Erfolge miteinbezogen werden müssten.
Ein Blick ins Ausland zeigt, dass die Zentralvermarktung funktionieren kann, aber eben auch Herausforderungen in sich birgt. In Deutschland erzielten die Rechtepakete laut der Deutschen Fußball Liga (DFL) 1,121 Milliarden Euro pro Saison. Dies treibt jedoch die Preise für Abonnements in die Höhe. In Österreich könnten ähnliche Preisstrukturen entstehen – CANAL+ sicherte sich bereits UEFA-Rechte, um internationale Spiele zeigen zu dürfen.
Rechtepoker der Bundesliga
Bundesliga-Vorstandsvorsitzender Christian Ebenbauer ließ zu Beginn dieser Saison aufhorchen, als er bei einer Pressekonferenz in diesem Zusammenhang von einem neuen „Plan A“ sprach: eine mögliche Eigenverwertung der Rechte durch die Liga, wie es in anderen europäischen Ländern und Sportarten bereits der Fall ist. Eine kühne Idee – oder doch nur ein taktisches Manöver, um die Verhandlungsposition zu stärken? Martin Szerencsi ist sich sicher: „Ich glaube, dass die Eigenvermarktung das einzige realistische Gegenmodell zur klassischen Zentralvermarktung, wie wir sie derzeit haben, ist. Es ist mit Sicherheit schwer umzusetzen, aber keineswegs unmöglich. Es gibt in Europa einige Beispiele. Die österreichische Eishockey-Liga hat ein ähnliches Modell bereits praktisch umgesetzt.“ Aus Sicht von Szerencsi solle jede Liga das bestmögliche System für sich finden. Auch die Bundesliga werde prüfen, ob das ein für sie passendes System sei. Sicherlich auch um eine gewisse Wettbewerbssituation zu schaffen. Denn zur Zentralvermarktung brauche es eben auch genügend Anbieter, die sich um die Rechte bemühen. Nur dadurch könne man Einnahmen in entsprechender Höhe lukrieren.
Bernhard Fuchs sieht eine Eigenverwertung als Gegenmodell zur klassischen Vergabe von Medienrechten: „Da gibt es natürlich unterschiedliche Planspiele. Am Ende des Tages kommt es immer auf den Business Case an. Man muss das durchrechnen, wie viel man damit verdienen kann und ab welchem Zeitpunkt man auch stark genug ist, mit einem Produkt ähnliche Summen wie die derzeitigen tatsächlich erwirtschaften zu können.“ Der springende Punkt für eine nationale Liga besteht also darin, alle Möglichkeiten sorgfältig zu prüfen und offen zu halten.
Zwischen Programmauftrag und Finanzierungsdilemma
Der ORF wiederum sieht sich in einer Zwickmühle: Der gesetzliche Programmauftrag verlangt, Sport einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Doch angesichts hoher Rechtekosten bleibt die Frage, wie viel der Sender tatsächlich stemmen kann. Martin Szerencsi erklärt: „Die Grundlage für die Sportberichterstattung ist einmal im ORF-Gesetz festgeschrieben und wird dann konkretisiert in den Programmrichtlinien, die für den ORF gelten. Da hat sich in den letzten Jahrzehnten eine Struktur der Sportberichterstattung in Sachen Art, Umfang und Qualität herausgebildet. Diese verändert sich aber ständig, weil die Sportberichterstattung sehr von den Marktgegebenheiten und von externen Einflüssen gekennzeichnet ist.“ Die Liveberichterstattung bleibe das Herzstück der Sportberichterstattung beim ORF – sie ziehe die meisten Zuschauer*innen an und sorge für hohe Einschaltquoten. Gemäß ORF-Gesetz liegt der Anspruch jedoch auch auf einer umfassenden Information über sportliche Themen. Die Zukunft der Übertragungsrechte hängt stark von den finanziellen Ressourcen und den verfügbaren Sendeplätzen ab. Mit Premium-Rechten wie Formel 1 oder Wintersportarten steht der ORF vor der Herausforderung, Überschneidungen mit der Bundesliga geschickt zu umgehen. Denn unvollständige Übertragungen stoßen bei den Zuschauer*innen – laut Szerencsi – auf Unmut.
Im Kern eine Preisfrage
Man kann also sagen, der ORF stellt sich im Grunde dieselben Fragen wie die Kund*innen. WAS kann ich zu WELCHEM Preis auf WELCHE Art, WANN und WO sehen? Grundsätzlich lässt sich in der Gesellschaft ein Trend zur Gratiskultur erkennen. Menschen wollen weniger für Medien zahlen. Im Unterhaltungs- und Sportbereich lässt sich jedoch das Gegenteil erkennen. Martin Szerencsi ist überzeugt, dass die Preise für Live-Sportrechte weiter steigen werden: „Live-Sport ist sicher etwas, was, mit einer gewissen Attraktivität bestattet, dazu führen kann, dass Geschäftsmodelle funktionieren. Live-Sport, Entertainment und große Showprogramme sind dazu geeignet, massenattraktiv zu sein. Deswegen glaube ich, dass sich der Markt auch weiterentwickeln wird und dass die Preise für Live-Übertragungsrechte im TV auch in Zukunft steigen werden. Das wird allerdings dazu führen, dass auch der Zugang für die Zuseher*innen immer kostspieliger wird.“
Ähnlich sieht es Bernhard Fuchs: „Fernsehen oder Unterhaltung kostet Geld. Das ist so und das ist nicht nur in Österreich so. Es herrscht teilweise noch der Glaube, dass alles gratis sein muss. Doch die Menschen sind durchaus bereit, für Inhalte zu zahlen, wenn diese den Erwartungen entsprechen.“
Damit einhergehend stellt sich die Liga strategisch auf alle möglichen Marktrisken ein. Bernhard Fuchs dazu: „Es geht nie um ein Drohszenario, sondern um Alternativen, die man haben muss, falls etwas Unerwartetes passiert. Beispielsweise kursieren immer wieder Gerüchte über einen möglichen Verkauf von „Sky“. Was würde das für uns bedeuten? Man muss für solche Szenarien gewappnet sein.“ Ziel sei es, stabile und -sofern möglich – steigende Erlöse zu generieren. Doch Fuchs bleibt realistisch: „Die Klubs würden deutlich höhere Erlöse natürlich begrüßen, aber in Kenntnis des Marktes ist es wichtig, die Erwartungshaltung realistisch zu gestalten.“ Es gilt also, nachhaltige Modelle zu entwickeln, die auch bei Veränderungen im Marktumfeld tragfähig bleiben.
Fest steht jedenfalls: Die kommende Rechteperiode könnte den österreichischen Fußballmarkt grundlegend verändern – eine wegweisende Entscheidung mit Folgen für Fans, Sender und Vereine.

