TikTok: Ein digitaler Spielplatz oder eine Gefahr für die Psyche? Wie beeinflusst die Plattform Jugendliche? Neben der Unterhaltung lauern Gefahren für das Selbstwertgefühl und die psychische Gesundheit. SUMO sprach mit den Influencerinnen Linda Baier und Lisa-Marie Schiffner sowie einer Psychotherapeutin über die Auswirkungen von TikTok auf Jugendliche.
Heute Mountaincart fahren, morgen auf der Zipline – ein Leben in Perfektion?
Linda Baier, bekannt als Linda Lime, erreicht als Influencerin auf TikTok über 1,5 Millionen Follower*innen. Sie teilt Reiseziele und Urlaubstipps, ist sich als ehemalige Lehrerin jedoch der Risiken bewusst: „TikTok zeigt mir genau, was mich interessiert.“ Die Plattform verstärkt emotionale Bindungen durch personalisierte Inhalte, die jedoch eine Blase erzeugen können, in der andere Interessen vernachlässigt werden, mutmaßt Baier.
Die Rezeption sozialer Medien hat durch die Covid-19-Lockdowns zugenommen. Immer mehr Jugendliche verbringen täglich viel Zeit auf TikTok. Laut der oberösterreichischen Jugend-Medien-Studie nutzen 13 Prozent der Jugendlichen TikTok mehr als drei Stunden täglich. Der endlose Scroll-Mechanismus und personalisierte Inhalte halten die Nutzer*innen in der App gefangen.
Die fesselnde Natur von TikTok
Das endlose Scrollen auf TikTok ist ein zentrales Problem. Eine von SUMO befragte Psychotherapeutin vergleicht dies mit dem Essen: „Der Körper signalisiert es und man weiß, wann man satt ist. Bei TikTok merkt man nicht, wann es zu viel wird.“ Jugendliche haben oft Schwierigkeiten, ihre Medienrezeption zu regulieren, was die Gefahr einer Abhängigkeit erhöht.
Die Selbstdarstellung im Internet von Jugendlichen
Laut Saferinternet.at ist die Selbstdarstellung auf Plattformen wie TikTok ein wichtiger Teil des Erwachsenwerdens. Jugendliche knüpfen durch das Teilen persönlicher Informationen soziale Kontakte und stärken ihr Selbstwertgefühl durch positive Rückmeldungen. Doch der ständige Vergleich mit inszenierten Inhalten führt oft zu Unzufriedenheit und Selbstzweifeln. „Es macht etwas mit einem, wenn man dauernd solche perfekten Videos sieht“, meint auch Baier.
Viele Jugendliche vergleichen sich mit Influencer*innen und versuchen, deren Idealbilder zu erreichen. Dieser Druck kann zu Selbstzweifeln und sogar Depressionen führen, wie die Psychotherapeutin warnt. Lisa-Marie Schiffner, eine erfolgreiche Influencerin, rät, nur Menschen zu folgen, die echten Mehrwert bieten. Sie betont: „Auch Influencer*innen haben Probleme!“ Jugendliche sollten dies erkennen und sich nicht nur auf die inszenierten Inhalte fokussieren.
Der Traum vom Influencer*innen-Leben
Unter den Posts von Influencer*innen spiegeln Kommentare oft den Wunsch wider, ähnlich erfolgreich oder schön zu sein. Doch wie Baier betont, können sich viele nicht die Reisen leisten, die sie postet. Diese Diskrepanz zwischen Online-Inhalten und dem realen Leben kann Jugendliche entmutigen. Aus psychotherapeutischer Sicht fühlen sich junge Menschen durch den scheinbar glamourösen Lebensstil auf Social Media oft schlecht und benachteiligt, was zu Depressionen führen kann.
Auswirkungen auf die psychische Gesundheit
Eine übermäßige TikTok-Rezeption kann schwerwiegende Folgen für die psychische Gesundheit haben, darunter Depressionen, soziale Ängste und Schlafstörungen. Eine Studie des Vereins Saferinternet.at aus dem Jahr 2021 zeigt, dass die Selbstwahrnehmung durch soziale Netzwerke negativ beeinflusst wird. 65 Prozent der Jugendlichen glauben, dass soziale Medien sich auf die Selbstwahrnehmung auswirken. Was also tun? Es ist wichtig, dass Eltern und Bezugspersonen mit den Jugendlichen über deren Konsum sprechen und diesen gemeinsam reflektieren. Eltern sollten klare Regeln zur Bildschirmnutzung festlegen, vor allem bei jüngeren Kindern. Die Psychotherapeutin betont, dass eine gesunde Balance entscheidend ist. „Sobald ich merke, ich kann nicht mehr ohne mein Handy Spaß mit Freunden haben, könnte ich schon mal kritisch hinterfragen: Warum geht das nicht?“ Jugendliche können sich selbst Beschränkungen auferlegen, um einen bewussten und gesunden Umgang mit digitalen Medien zu fördern. Letztendlich kommt es auf die Dosis an: Weder völliger Verzicht noch ungebremste Rezeption sind zielführend. Eine ausgewogene Balance zwischen Online- und Offline-Leben ist der Schlüssel.
