Breaking News, Breaking Minds? – Die Risiken ständiger Nachrichtenbenachrichtigungen 

Nachrichtenflut; erstellt mit „ChatGPT“ am 01.12.2024, 14:30 Uhr; Prompt: „KI-generiertes Bild: Eine Person, überwältigt von ständigen Nachrichtenbenachrichtigungen, umgeben von roten Alarm-Symbolen und einem chaotischen digitalen Hintergrund.“

Von ANJA SCHWEIGER & KATRIN WALLNER

Ständige Benachrichtigungen setzen Nutzer*innen digitaler Medien unter Druck. Dies kann zu erhöhtem Stress und einer verstärkten Tendenz zu Verhaltensweisen wie sogenanntes „Doomscrolling“ führen. Die Anzahl der sich bewusst aus dem Rezipieren von Nachrichten zurückziehenden Menschen steigt.

Die digitale Nachrichtenwelt hat sich durch die Verbreitung von Smartphones rasant verändert. Plattformen und Medienanbieter setzen verstärkt auf Push-Benachrichtigungen, um Nutzer*innen permanent mit Breaking News zu versorgen. Dies kann weitreichende Folgen haben: Eine kontinuierliche Informationsflut birgt das Potenzial, Nutzer*innen zu überfordern – mit möglichen mentalen Belastungen wie Stress oder der bewussten Vermeidung von Nachrichten, bekannt als „News Avoidance“ oder auch „Nachrichtenmüdigkeit“.

Die Belastung durch die Nachrichtenflut

Die ständige Präsenz von Nachrichten erhöht die mentale Belastung. Nutzer*innen fühlen sich verpflichtet, informiert zu bleiben, geraten jedoch in eine Negativspirale: Das unkontrollierte und wiederholte Aufnehmen negativer Inhalte – bekannt als „Doomscrolling“ – beschreibt das exzessive Scrollen durch digitale Nachrichtenfeeds, die überwiegend von Krisen und Konflikten geprägt sind. Dieses Verhalten kann Angst und inneren Stress verstärken und sich spürbar auf das persönliche Wohlbefinden auswirken. Konzentration und innere Ausgeglichenheit geraten dabei oft aus dem Gleichgewicht. Umso wichtiger kann ein bewusster, reflektierter Umgang mit digitalen Informationsquellen werden.

Alles zu viel; erstellt mit ChatGPT am 01.12.2024; 15:10 Uhr; Prompt: „Ein Querformat-Triptychon zeigt: Links ein gestresster Mann mit Smartphone, in der Mitte eine überforderte Frau mit Benachrichtigungen, rechts eine abstrakte Frau in einem Strudel digitaler Überlastung.“

Medienunternehmen und ihre Verantwortung

Die Verantwortung liegt nicht allein bei den Nutzer*innen: Auch Plattformen und Medienhäuser gestalten, wie wir Nachrichten rezipieren – unter anderem mithilfe gezielter Aufmerksamkeitsmechanismen, wie eine Analyse der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) zeigt.

Algorithmen analysieren, mit welchen Inhalten Rezipient*innen am meisten interagieren, und liefern daraufhin mehr vom Gleichen. Diese „Filterblasen“ wirken wie eine Echokammer, in der vor allem Krisen, Skandale und Konflikte laut hallen. Die personalisierten Newsfeeds verstärken nicht nur ein verzerrtes Weltbild, sondern können auch zu einem Gefühl ständiger Bedrohung führen. Medienforscher wie Sascha Hölig vom Hans-Bredow-Institut, dem Leibniz-Institut für Medienforschung in Hamburg, betonen jedoch, dass viele Nutzer*innen weiterhin verschiedene Quellen nutzen – die Gefahr völliger Abschottung werde häufig überschätzt. Dennoch zeigen Studien, dass besonders junge Erwachsene, die täglich mehrere Stunden online sind, gefährdet sind, in diese Spirale zu geraten. Laut Reuters Institute (2024) nutzen 44,9 % der 18- bis 24-Jährigen Soziale Medien als wichtigste Nachrichtenquelle – deutlich häufiger als etwa klassische Nachrichtenseiten oder TV. Der hohe Anteil an rezipierten News über Plattformen wie Instagram oder YouTube verstärkt die Wirkung personalisierter Feeds und emotionalisierter Inhalte.

Hinzu kommt ein medialer Dauer-Hype: Massenmedien liefern im Sekundentakt Exklusivnachrichten und Schlagzeilen – das „Spiel des Jahres“ oder die „größte Krise seit…“. Oft ist es dieselbe Geschichte, die tage- oder sogar wochenlang erzählt wird – angereichert mit neuen Bildern, Emotionen und scheinbar spektakulären Details. Was zählt, ist der Trigger. Plausible Folge: eine Überinszenierung von Ereignissen, die für viele Rezipient*innen zu Dauerstress und einem Krisengefühl führen kann – wie auch Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen beschreibt, der in „Die große Gereiztheit“ untersucht, wie Medien durch ständige Berichterstattung, wiederkehrende Inhalte und emotionale Schlagzeilen die Wahrnehmung von Nachrichten mitprägen.

Verschiedene Medienakteure versuchen, dieser Entwicklung aktiv entgegenzu wirken. Das ZDF setzt mit dem Themenschwerpunkt „Good News – konstruktive Nachrichten“ auf lösungsorientierten Journalismus. Auch die unabhängige Plattform „Good News“, veröffentlicht täglich optimistisch ausgerichtete, faktenbasierte Nachrichten aus aller Welt – finanziert zu rund 80 % aus freiwilligen Beiträgen sowie durch ethisch ausgewählte Werbung der Schwesterprojekte „GoodJobs“, „GoodBuy“, „GoodTravel“ und dem „Good Impact Magazin“, wie der Transparenzbericht 2024 ausweist.

Dieser Journalismus will nicht beschönigen, sondern ergänzen – mit Berichten über Lösungen, Fortschritte und Perspektiven. Denn: Unser Gehirn reagiert besonders stark auf Negatives – ein Phänomen, das als „Negativity Bias“ bekannt ist.

Gefangen in der Bubble; erstellt mit ChatGPT am 01.12.2024; 14:50 Uhr; Prompt: „Eine Person, eingeschlossen in einer gläsernen Kugel voller roter Benachrichtigungssymbole, steht isoliert in einer ruhigen Landschaft und symbolisiert digitale Überforderung.“

Strategien gegen digitalen Burnout

Ein reflektierter Umgang mit Nachrichten beginnt nicht mit Rückzug, sondern mit kleinen, bewussten Entscheidungen im Alltag. Die folgenden Maßnahmen lassen sich gut in den Alltag integrieren und können dabei helfen, den eigenen Umgang mit digitalen Medien zu entschleunigen und die mentale Belastung zu reduzieren.

Wie ein achtsamer Umgang mit Nachrichten gelingen kann, zeigen unter anderem Empfehlungen der DAK-Gesundheit – eine der größten gesetzlichen Krankenkassen Deutschlands – sowie ein Beitrag des Instituts für Bildungscoaching:

  • Push-Benachrichtigungen reduzieren:
    Töne, Vibrationen oder aufblinkende Nachrichten reißen Smartphone-User*innen ständig aus dem Fokus – meist ohne echten Mehrwert.
    Tipp: Nur Benachrichtigungen aktiv lassen, die im Alltag wirklich relevant sind (z. B. Kalender & Kommunikation).
  • Nachrichtenzeiten begrenzen
    Die ständige Verfügbarkeit verführt dazu, News unbewusst und zwischendurch zu rezipieren. Das erhöht das Stresslevel.
    Tipp: Zwei feste Lesezeiten täglich (z. B. morgens & abends je 10–15 Minuten) und dazwischen “scrollfreie” Pausen.
  • Qualität wählen, kritisch filtern – und bewusst verarbeiten
    Reißerische Headlines überfordern. Medienkompetenz schützt vor Überreizung – ebenso wie kritisches Ignorieren.
    Tipp: Setze auf seriöse Quellen, die einordnen statt zuspitzen. Sich fragen: Wer berichtet – mit welcher Absicht? Und nach dem Lesen: Was nehme ich wirklich mit? Diese Reflexion macht den Unterschied.
  • Micro-Detox statt Digital-Exit
    Ständige Reize durch digitale Medien senken die Konzentration und führen zu innerer Unruhe.
    Tipp: Smartphonefreie Zonen im Alltag einführen – etwa beim Essen, Spazierengehen oder vor dem Schlafengehen. Mini-Pausen schaffen spürbare Erleichterung.
Offline sein; erstellt mit ChatGPT am 01.12.2024; 15:00 Uhr; Prompt: „Eine Frau sitzt entspannt im Grünen, liest ein Buch, umgeben von Sonnenlicht und Natur, ohne digitale Geräte – ruhig und abgeschieden.“

Die ständige Verfügbarkeit von Nachrichten verändert nicht nur die Rezeption von Medien, sondern auch das Erleben von Weltgeschehen. Es geht nicht darum, weniger zu wissen, sondern besser mit dem Wissen umzugehen.


Über die Autorinnen

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Anja Schweiger ist 25 Jahre alt und studiert im 4. Fachsemster Medienmanagement an der FH St. Pölten. Sie ist neben dem Studium als studentische Assistenz im Bereich Human Resources tätig. Sie interessiert sich für digitale Informationsvermittlung, Webgestaltung und die Wirkung interaktiver Lernformate.

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Katrin Wallner ist 23 Jahre alt, studiert im 4. Fachsemster Medienmanagement an der FH St. Pölten und ist neben dem Studium als Assistentin der Studiengangsleitung tätig. Sie beschäftigt sich insbesondere mit den Bereichen Marketing, Social Media und digitaler Kommunikation. Ihr Interesse gilt außerdem aktuellen Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz – insbesondere in Hinblick auf ethische und philosophische Fragestellungen.

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